Breakfast on Pluto

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Die Abenteuer von Patrick, the Irish Queen

Eine junge aufgebretzelte Lady im schwarzen Pelzjäckchen, High Heels und pinkfarbenen Damenhut, unter dem sich ihre sorgfältig ondulierte Lockenpracht heraus kräuselt, schiebt in aller Nonchalance einen Kinderwagen vor sich her. Sie ist eine Wucht. Die Bauarbeiter können sich ein Pfeifen nicht verkneifen. Die Aufsehen erregende Schönheit schmunzelt in sich hinein. Was die Männer von ihrem Baugerüst aus nicht sehen, ist, dass da unten eigentlich ein Patrick läuft. Besser Patrick „Kitten“ Braden, der solange er zurück denken kann, schon immer lieber eine Frau sein wollte. Seine Geschichte erzählt uns in 36 Kapiteln der Film Breakfast on Pluto.
Regisseur Neil Jordan (The Crying Game, The End of the Affair, Interview with a Vampire) hat sich den gleichnamigen Roman von Patrick McCabe vor allem deswegen vorgenommen, weil ihn die Hauptfigur Patrick (Cillian Murphy) als Mensch, der nie verliert, auch wenn er alles verliert, fasziniert hat. Patrick hat aufgrund seines Anderseins einen bitteren Überlebenskampf auszufechten, den er nur durch seinen Charme, Humor und Optimismus gewinnt. Cillian Murphy (28 Days Later, Batman Begins, Red Eye) glänzt in dieser Rolle als androgyner Transvestit, dass es ein Genuss ist, seiner darstellerischen Leistung auf der Leinwand zuzusehen.

Patrick wurde als neugeborenes Baby auf der Türschwelle des Gemeindepfarrers in Tyrellin, einer fiktiven Kleinstadt in Nordirland, ausgesetzt. In die Fürsorge der Stiefmutter Ma Braden gegeben, trägt er schon im Alter von zehn Jahren statt Hemd und Hosen viel lieber die Kleidchen und Schuhe seiner Stiefschwester. Die Frage danach, wer seine richtige Mutter ist, führt ihn nach London — „the biggest city of the world“ -, wo er in die Hände des Zauberers Bertie (Stephen Rea) gerät. Doch mit seiner Hilfe kann er seine verschwundene Mutter nicht finden. Die Odyssee geht weiter von Kapitel zu Kapitel solange bis er ihr dann tatsächlich begegnet.

Die Tragikomödie Breakfast on Pluto spielt im politisch unruhigen Klima Irlands und Englands während der 1960er und 1970er Jahre. Langanhaltende Konflikte zwischen der IRA, der irländischen Polizei, der Britischen Armee und paramilitärischen Loyalisten eskalierten. Bombenanschläge und blutige Straßenkämpfe standen auf der Tagesordnung. Obwohl Neil Jordan keinen politischen Film drehen wollte, ist das politische Blutvergießen immanenter Teil der Filmhandlung. Als Patrick Opfer eines Bombenanschlages in einem Londoner Nachtclub wird und diesen überlebt, wird er von der englischen Polizei als Mitattentäter beschuldigt. Ein schwuler Transvestit aus Nordirland ist ihnen per se verdächtig. Die Verhörszene geht regelrecht ins Bizarre, denn Patrick gesteht tatsächlich, an dem Attentat beteiligt gewesen zu sein. Doch er tut das in solch lächerlicher Form, dass den Polizisten bald klar wird, dass er es nicht gewesen sein kann. In solch missliche Situationen gerät Patrick immer wieder und jedes Mal findet er einen Ausweg. Er nimmt, was kommt und gibt sich dem Leben hin als gäbe es nur Gutes auf dieser Welt.

Breakfast on Pluto beeindruckt durch seine bunte, glamouröse Bilderflut unterlegt mit einer bunten Mischung von Songs aus der damaligen Zeit. Wem Cillian Murphy bislang unbekannt war, macht durch seinen Auftritt in diesem Film eine ganz besondere Entdeckung, die einen nach dem Kinobesuch nicht so schnell wieder loslässt.

Breakfast on Pluto

Eine junge aufgebretzelte Lady im schwarzen Pelzjäckchen, High Heels und pinkfarbenen Damenhut, unter dem sich ihre sorgfältig ondulierte Lockenpracht heraus kräuselt, schiebt in aller Nonchalance einen Kinderwagen vor sich her.
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Meinungen

· 27.07.2006

ein ganz wunderbarer Hauptdarsteller. Dieser Film hat das Zeug zum Kultfilm

Xavier · 22.06.2006

Der Film zeigt, neben seiner eigentlichen Handlung, sehr anschaulich den heroischen Freiheitskampf der katholischen Bevölkerung in den verschiedensten Szenen. Die Verbrechen der protestantisch britischen Besetzung werden nur am Rande erwähnt und für aussenstehende der Lächerlichkeit preis gegeben... Bei dem geringen deutschen Bildungsniveau über die Geschichte Irlands besteht hier unter Umständen die Gefahr der Geschichtsverfälschung!