Bamako (2006)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Auf der Anklagebank

Es ist eine bizarre Szenerie, die so befremdlich wirkt, dass sie tatsächlich nur in einem Film vorkommen kann. Mitten in Bamako, der Hauptstadt von Mali, in einem kleinen Hinterhof, auf dem das ganz normale Alltagsleben seinen gewohnten Gang nimmt, geht ein spektakulärer Prozess über die Bühne. Ein Prozess, der so gewaltig und undenkbar ist, dass es einem allein bei dem Gedanken daran den Atem verschlägt. Auf der Anklagebank sitzen der Internationale Währungsfond IWF und die Weltbank, zwei mächtige Institutionen, die den Umgang mit der so genannten „Dritten Welt“ bestimmen. Nun aber haben die Vertreter der afrikanischen Zivilgesellschaft Klage erhoben und bieten eine ganze Reihe von Zeugen auf, um die Anschuldigungen zu untermauern. Sie schildern mit eindringlichen Worten ihr Leben in Armut, Abhängigkeit und Hoffnungslosigkeit, ein endloser Chor des Leidens und der Anklage gegen die Kräfte der Globalisierung.

Währenddessen geht das ganz normale Leben weiter, direkt nebenan stirbt ein Mann an AIDS, ein Paar streitet und trennt sich, eine Hochzeitsgesellschaft zieht fröhlich und voller Hoffnungen durch den Gerichtssaal unter freiem Himmel. Das offizielle Geschehen der Gerichtsverhandlung und das Alltagsleben (und –sterben) finden nebeneinander und teilweise auch miteinander statt, ohne dass man allzu viel Notiz voneinander nimmt, es wird schon weitergehen, irgendwie.

Der Regisseur Abderrahmane Sissako hat Bamako zum überwiegenden Teil im Hof jenes Hauses gedreht, in dem er aufwuchs. Und es sind hauptsächlich die Menschen von der Straße, die hier als Zeugen vor das Gericht und die Kamera treten, um von ihrem Leben zu erzählen. Die Botschaft des Films ist klar: Er will im Namen all jener sprechen, die alleine keine Möglichkeit haben, sich Gehör zu verschaffen. Das gelingt nicht immer in gleichem Maße, doch allein die Idee eines solchen Gerichtsprozesses und dessen Verknüpfung mit dem ganz normalen Leben wirkt schon wie ein Befreiungsschlag, der vieles verdeutlicht. Eines aber ist klar, die Gerichtsverhandlung bleibt lediglich ein frommer Wunsch, eine Parabel auf die Ungerechtigkeit, die das Verhältnis zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden prägt und beherrscht. Ein Hoffnungsschimmer jedoch bleibt: Ganz egal, wie der fiktive Gerichtsprozess ausgehen wird oder ob sich die reiche Welt jemals wegen ihres Verhaltens gegenüber der armen wird rechtfertigen müssen – das Leben geht weiter, so oder so.
 

Bamako (2006)

Es ist eine bizarre Szenerie, die so befremdlich wirkt, dass sie tatsächlich nur in einem Film vorkommen kann.

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Meinungen

· 03.02.2007

Das ist DER Film für jede/n, der Afrika und insbesondere Westafrika liebt - und der das anderen mitteilen möchte: die sollten den Film dann auch ansehen.