Play

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Spiele der Wirklichkeit

Santiago de Chile im Sommer: Die Mapuche-Indianerin Cristina (Viviana Herrera) aus dem Süden des Landes arbeitet als Krankenpflegerin und betreut den schwerkranken aus Ungarn stammenden Don Milos (Francisco Copello). Freunde hat die junge Frau, die aus der Provinz in die große Stadt gekommen ist, nicht, weswegen sie in ihrer Freizeit vor allem Hau-drauf-Videospiele spielt oder ziellos durch die glühend heißen Straßen der Stadt irrt, die Ohren stets fest mit ihrem iPod verbunden, um die Welt zumindest auditiv fernzuhalten. Ihr langweiliges solipsistisches Leben ändert sich erst, als sie in einer Mülltonne die Aktentasche von Tristán (Andres Ulloa), einem depressiven jungen Architekten aus gutem Hause findet. Der wurde gerade von seiner Frau Irene (Aline Küppenheim) verlassen, die seine Niedergeschlagenheit und Lethargie nicht mehr ertrug. Da es auch beruflich nicht gerade gut läuft, flieht Tristán ins Haus seiner Mutter (Coca Guazzini) und sucht dort Unterschlupf – argwöhnisch vom Freund seiner Mutter beobachtet.
Aufgrund des Inhaltes der Aktentasche setzt Cristina aus den Fundstücken eine Art Puzzle von Tristáns Leben zusammen, phantasiert sich in seine Welt hinein, beginnt ihn heimlich zu verfolgen und arrangiert immer wieder Zusammentreffen mit ihm, ohne dass er das Mädchen auch nur bemerken würde. Für ihn ist sie mit ihrem indianischen Aussehen eine Unperson, eine durchschnittliche Bedienstete an ihrem freien Tag, also niemand, dem er normalerweise Beachtung schenkt. Cristina aber lässt nicht locker…

Ohne Schnörkel, aber enorm einfühlsam erzählt die chilenische Debütfilmerin Alicia Scherson in ihrem Film Play von den Zufällen des Zusammentreffens, vom Kreuzen zweier Lebenslinien, die unter normalen Umständen nichts miteinander zu tun haben und damit auch von den real existierenden sozialen und kulturellen Unterschieden. Obwohl die Geschichte von Play ganz in der gesellschaftlichen Realität Santiago de Chiles verortet ist, gelingt es Scherson immer wieder, ihre ganz normale Geschichte als eine Art Großstadtmärchen zu erzählen, in dem das Aschenputtel den wesentlich stärkeren Part neben einem traurigen und irgendwie auch lächerlichen Prinz innehat. Und zugleich gelingt es ihr, in kargen, aber ausdrucksstarken Bildern die Hitze des Sommers und das Lebensgefühl zweier Menschen spürbar zu machen. Ein einfacher, aber interessanter Film, der in Chile als bester Film des Jahres ausgezeichnet wurde und der auf den Festivals von Montreal, Nantes und Havanna den Publikumspreis erhielt.

Play

Santiago de Chile im Sommer: Die Mapuche-Indianerin Cristina (Viviana Herrera) aus dem Süden des Landes arbeitet als Krankenpflegerin und betreut den schwerkranken aus Ungarn stammenden Don Milos (Francisco Copello).
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

· 26.03.2007

sehr schöner film...emphelenswert