Zusammen ist man weniger allein (2007)

Eine Filmkritik von Tomasz Kurianowicz

Die Kuschel-WG

Das ist der Stoff, aus dem Träume sind: Drei leicht exzentrische, nicht minder begabte und trotzdem wenig erfolgreiche Mittdreißiger treffen aufeinander, um sich das schwermütige Pariser Großstadtleben zu versüßen. Frei nach dem Credo „Zusammen ist man weniger allein“. Claude Berri adaptiert den gleichnamigen Erfolgsroman von Anna Gavalda und stürzt seine Zuschauer in ein ganz normales Chaos. Schade nur, dass die leichtfüßigen Verflechtungen aus dem Roman in Berris Umsetzung konstruiert und holprig erscheinen.

Romanverfilmungen sind schon seit Anbeginn der Kinogeschichte eine heikle Unternehmung: Was in der Sprache überaus charmant, ideenreich und intelligent daher kommen mag, erweist sich auf der Leinwand, von der Prosa in den Dialog übersetzt, oftmals trivial und unausgewogen. Berris Interpretation wird den Anforderungen nur stellenweise gerecht. Dabei hat er sich redlich bemüht, das neurotische Extrakt des Romans seinem Film zu injizieren. Camille, gespielt von der stets präsenten Audrey Tautou, ist auf der Suche nach einem Quäntchen Großstadtglück. Sie arbeitet in einem Büro als Reinigungskraft, wohnt in einem kargen Dachgeschosszimmer und muss sich zu allem Unglück noch mit der ewig nörgelnden Mutter auseinandersetzen, die nichts besseres zu tun hat, als das verdächtige Essverhalten ihrer schmächtigen Tochter zu kritisieren. Nach einem dieser ermüdenden Treffen begegnet Camille dem verwirrt dreinblickenden Nachbarn Philibert (Laurent Stocker), der sich durch seinen altmodischen Habitus und sein rhythmisches Stottern als sympathischer Zeitgenosse erweist. Prompt wird dem Zuschauer nahe gelegt, hier habe sich eine skurrile Begegnung ereignet. Camille und Philibert verabreden sich zum Essen und genießen den schrägen Blick auf die Welt. Nachdem sich die einsame Nachbarin erkältet, gewährt ihr Philibert in seiner großzügigen Wohnung Unterschlupf, die er mit seinem Mitbewohner Franck (Guillaume Canet) teilt. Franck arbeitet als Koch in einem Nobelrestaurant und ist ähnlich frustriert wie seine neu zugezogene Mitbewohnerin, nur dass er seine Traurigkeit mit Sex und einem süffisanten Lebensstil zu kaschieren versteht. Nach ersten Schwierigkeiten, gegenseitiger Ablehnung und anstrengenden Anpassungsriten entdecken die drei Großstädter eine tiefe Verbundenheit, die bei allen Unterschieden das gemeinsam geteilte Schicksal offenbart. Am Ende steht das Happy-End, gewürzt mit einem Schuss Liebe und Erfolg für die vom Leben ungerecht behandelten Figuren.

Dass es Berri gelingt, in Zusammen ist man weniger allein / Ensemble c’est tout Momente der nonchalanten und amüsanten Art einzufangen, ist eine unbestrittene Leistung der gewählten Adaptions-Technik. Doch manchmal wird über die Grenze des Charmes hinaus geschossen, so dass sich gefühlvolle Augenblicke überzeichnet darstellen. Schon die Figuren sind allzu fiktiv gestaltet, was der Funktion von bedingungslosen Sympathieträgern widerspricht. Der beflissene Historiker Philibert arbeitet in einem Postkartenladen (und könnte doch Geschichtsprofessor sein), die attraktive und reizvolle Camille ist Putzfrau (dabei wäre sie auf jedem Laufsteg nicht fehl besetzt), der engagierte Koch Franck leidet an der Beziehung zu seiner Großmutter (worin sich sein vordergründiger Egoismus als Maskerade enttarnt) – natürlich wendet sich jedes der drei Schicksale zum Guten, was nichts an der Mutmaßung ändert, hier wurde um des Kontrasts willen grob gepinselt. Im Buch wird die fehlende (und auch nicht angelegte) dramaturgische Konsistenz mit der lieblichen Sprache ausgeglichen – für den Film gilt das nicht.
 

Zusammen ist man weniger allein (2007)

Das ist der Stoff, aus dem Träume sind: Drei leicht exzentrische, nicht minder begabte und trotzdem wenig erfolgreiche Mittdreißiger treffen aufeinander, um sich das schwermütige Pariser Großstadtleben zu versüßen.

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Meinungen

Martin Zopick · 13.09.2023

Regisseur Claude Berri stellte immer schon die kleinen Leute in den Mittelpunkt, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Hier zeigt er ein Bild der heutigen Jugend mit ernsten, komischen und emotionalen Facetten. Und wie im richtigen Leben bekommt nicht der nette, fürsorgliche, leicht gehandicapte Nachbar den Hauptgewinn (Audrey Tautou), sondern das Raubein, das zunächst schroff abweisend und gefühllos auftritt. Man ist mit Worten schneller als mit Taten, umgibt sich aus Angst mit einem Panzer der Unverletzlichkeit, redet anders als man fühlt. „Wir vögeln, wir trinken, aber wir verlieben uns nicht“, sagt Camille zu Franck. Die mitfühlende Seite der jungen Leute kommt im Umgang mit den Alten zum Tragen und offenbart überraschend ihre menschliche Wärme. Das Happy End, das aus diesem Mix hervorgeht ist akzeptabel, zumal wenn es mit einer so eingehenden Melodie daherkommt.

Fan · 05.02.2011

Schaut man den Film im Original und kennt ein wenig den großstädtischen Alltag in Paris, kann man die entstehende Nähe zwischen den Personen einfach nur genießen. Ein herrlich französischer Film mit herausragenden Schauspielern! Immer wieder schön.

julchen · 23.09.2009

Eine Filmkritik, in der eine von vier Hauptpersonen nicht einmal erwähnt wird kann ich nicht ernstnehmen.

Aber vielleicht sehen Sie ihn sich ja einmal an! Dann ändern Sie vermutlich auch Ihre Meinung!

Melita · 22.05.2008

einfach nur schööön...
sehr empfehlenswert

Ina · 12.04.2008

Der Film war sehr schön und zeigte wie wichtig die kleinen Dinge im Leben sind.

· 18.01.2008

Lt. Amazon erscheint die DVD am 28.02.2008 :-)

· 29.11.2007

Frühestens 6 Monate nach dem Kinostart, also Ende Februar 2008. Nettes Osterei :-)

lollo · 28.11.2007

also auf französisch gibts die dvd seit heute. weiß jemand, wann die deutsche rauskommt?

KK · 16.11.2007

Der Film war einfach total schön.

leni · 14.11.2007

ich war überrascht in welche welten das buch einen mitreißen kann. aber noch überraschender ist es wohl das ich nicht angefangen hab französisch zu sprechen bei einer solchen alltags-realität.
weiß jemand wann die dvd rauskommt?

saskia und franziii · 09.10.2007

tolL! Einfach toll!

Franzi · 08.10.2007

Dieser Film ist einfach ein Traum aller schlaflosen Nächte. Nicht zu kitschig - doch man wünscht es sich so. Ich würde auch gern zufällig in so einer WG landen. :)

Das Buch ist jedoch nicht zu übertreffen, allein wegen der eigene Fantasie.

mia · 05.10.2007

super schöner film!!!!als ich das buch las,stellte ich es mir genau so vor.toll umgesetzt!!! hoffentlich bald auf DVD!!!!

clara till · 21.09.2007

der film war einfach nur super schööööön:)...ich schau ihn mir bestimmt noch öfter an:)

Carmen · 16.09.2007

Wie bei allen französischen Filmen dauert es etwas länger bis man "drin" ist.

Aber schööööön!

Und ehrlich und poetisch und wahr!

Frank aus Schwetzingen · 09.09.2007

Ein netter Film, unterhaltsam. Hätte jetzt gerne noch eine Version, bei der in die Tiefe gegangen wird im Verhältnis zwischen den beiden Hauptdarstellern.

· 06.09.2007

vorhersehbar, aber nett

J. Pink · 30.08.2007

sehr gut photographiert, ein Film, über den wir immer wieder reden. Was kann es besseres geben, als dass die Erinnerung immer wieder hochkommt. Dann ging der Film dahin, wo er hin sollte.

Engel · 24.08.2007

Der Film hat etwas, entweder man läßt sich nur unterhalten oder man kann über die Widrigkeiten des Lebens sinnieren. Mag sein, dass die Charaktere der Personen manches Mal überzogen waren - mir hat der Film sehr gefallen. Ebenso wie die Musik und die Super-Schauspieler.

Friedrich · 22.08.2007

Ohne die Hauptdarstellerin wäre es ein recht öder Film.
Ist halt ein Märchenfilm.

· 20.08.2007

das buch ist unglaublich schön..der film im orginal auch..auf deutsch verliert er an seinem charme.

Jogi · 20.08.2007

Der Film ist zuckersüß, sehr kitschig, etwas oberflächlich aber trotzdem sehenswert. Die Schauspieler sind recht gut.

Philibert (Laurent Stocker)überzeugt mich gänzlich. Andrey Tautou ist auf ihre Art mit den großen Kulleraugen recht überzeugend.

Die Musik ist klasse. Die Stücke treffen immer ins Schwarze.

Der Film ist leichte Kost für einen lauen Sommerabend.

· 20.08.2007

Eine nette beschauliche französische Komödie, mehr aber auch nicht.

· 18.08.2007

Das ist aber doch immerhin zumindest ein sehr schöner Anblick :-)

zix · 17.08.2007

die tautou kann anscheinend nichts anderes als ihre schönen kulleraugen aufzureißen.