Der rote Elvis

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Ein Porträt des tragischen Rockstars Dean Reed

Heutzutage ist es beinahe schon Mode und gehört zum guten Ton, dass Popmusiker sich im Rahmen gigantischer Events wie Live Earth oder den Veranstaltungen gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm engagieren und gegen politische, soziale und ökologische Missstände protestieren. Mittlerweile zu einer Selbstverständlichkeit avanciert, sorgte Derartiges in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts als Randphänomen noch für einiges Aufsehen. Erst recht, wenn es sich dabei um eine derart radikale und schillernde Figur wie den Sänger, Schauspieler und Filmschaffenden Dean Reed handelte, der während der Ära des so genannten Kalten Krieges protestierend seine Heimat USA verließ, um als laut bekennender Sozialist in den Osten überzusiedeln und in der Presse nur allzu gern als der „rote Elvis“ bezeichnet wurde. Der deutsche Regisseur Leopold Grün hat das spektakuläre und letztendlich tragische Leben des singenden Aktivisten den Schatten des Vergessens entrissen und ein filmisches Porträt inszeniert, das sowohl hervorragend unterhält als auch ein kritisches Dokument über den Mann und sein Zeitalter darstellt.
Dean Reed (1938-1986) begann seine kuriose Karriere als mäßig erfolgreicher Rock’n’Roll-Interpret in den USA, doch in Lateinamerika schlugen seine Songs rasch ganz oben in den Charts ein, was zahlreiche Tourneen in Chile, Peru, Brasilien und vor allem Argentinien mit gigantischem Erfolg nach sich zog. Reed ließ sich für eine Weile in Argentinien nieder, baute von dort aus auch seine schauspielerischen Ambitionen aus und avancierte als Darsteller in Telenovelas und Fernsehshows zu einer Art lokalem Superstar, ganz besonders bei der weiblichen Bevölkerung. Dennoch entwickelte der hübsche Junge und emphatische Sänger ein kritisches Bewusstsein den desolaten sozialen und politischen Zuständen auf dem südlichen Teil des Kontinents gegenüber, entdeckte den Sozialismus als Lebensmaxime und wurde ein drastischer Kritiker der US-amerikanischen Politik. Es folgten unter anderem die Sowjetunion, Italien und schließlich 1972 die DDR als Lebens- und Arbeitsstationen. 1986 wurde der Leichnam des mittlerweile international politisch aktiven Künstlers aus dem Zeuthener See bei Berlin geborgen, mit aufgeschnittenen Pulsadern und Beruhigungsmitteln im Blut. Ein selbst gewähltes Ende, das einen gewaltigen Medienrummel nach sich zog, auch wenn es seit Ausklang der 1970er Jahre recht still um den Protestsänger geworden war.

Dokumentarfilmer Leopold Grün porträtiert den politischen Aktivisten, der historischen Politikern wie Ernesto „Che“ Guevara, Salvador Allende und Jassir Arafat begegnete, ebenso wie den Musiker, populären Cowboy-Darsteller italienischer Western und später selbst als Regisseur tätigen Dean Reed. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf dem später zunehmend ambivalenten Verhältnis Reeds zur Gesellschaft seiner Wahlheimat DDR, wo er zunächst als ideologischer Held gefeiert, schließlich aber auf Grund seiner kritischen Haltung mehrfach von offizieller Seite gerügt und beschattet wurde. Zeitzeugen wie Armin Mueller-Stahl, Maria Isabel Allende Bussi, Egon Krenz und seine zweite Ehefrau Wiebke Reed plaudern aus ihrem Nähkästchen über die Persönlichkeit und Aktionen Dean Reeds, während der Soundtrack mit einem musikalischen Querschnitt aus seinem Werk die passende Atmosphäre dazu schafft. Dabei gelingt es dem deutschen Regisseur, auch jene Zuschauer zu fesseln, die nicht unbedingt Fans des Musikers, sondern interessiert an einer radikalen Ausnahmeerscheinung unter den Künstlern jener Zeiten des Kalten Krieges sind, dessen bewegtes und bewegendes Leben sich voller Widersprüche und Kehrtwendungen gestaltete.

Der rote Elvis

Heutzutage ist es beinahe schon Mode und gehört zum guten Ton, dass Popmusiker sich im Rahmen gigantischer Events wie Live Earth oder den Veranstaltungen gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm engagieren und gegen politische, soziale und ökologische Missstände protestieren.
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