Enttarnt - Verrat auf höchster Ebene

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Das Agentenspiel

Wie der Western so ist auch der Spionagefilm klassischer Prägung ein vom Aussterben bedrohtes Genre, das von der Geschichte überholt ein spärliches Schattendasein führt. Denn mit dem Ende des Kalten Krieges brachen die Jahrzehnte lang sorgsam gepflegten Feinbilder weg. Und die neue Gefahr durch den internationalen Terrorismus ist immer noch schwierig in Bilder zu fassen und zu bekämpfen. Und so ist es kein Wunder, wenn sich das Interesse mancher Filmemacher vor allem dem Funktionieren von Geheimdiensten widmet. Die Mär vom unerschrockenen Kämpfer für Freiheit und Demokratie hat ihren Glanz verloren, stattdessen ist gnadenloser Realismus und ein kritisches Hinterfragen der Geheimdienste das Gebot der Stunde – von Ausnahmen wie James Bond oder eher komödiantischen Bearbeitungen wie True Lies einmal abgesehen.
Eric O’Neill (Ryan Philippe) ist ein junger Agent am Anfang seiner Karriere beim FBI. Als er den Auftrag erhält, den renommierten Agenten Robert Hanssen (Chris Cooper) zu überwachen, der unter dem Verdacht steht, ein Doppelspion zu sein, glaubt er an eine einmalige Chance auf dem Weg nach oben und willigt ein. Um den jungen Agenten nahe an dem mutmaßlichen Maulwurf zu platzieren, wird O’Neill zu Hanssens Assistent ernannt und hilft dem ruppigen und meist unfreundlichen Hanssen beim Aufbau eines Informationssicherungssystems. Mit der Zeit verbessert sich das Verhältnis zwischen dem Vorgesetzten und seinem Untergebenen, doch je mehr O’Neill über Hanssens Verbindungen nach Russland herausbekommt, desto gefährlicher wird die Angelegenheit für ihn selbst. Denn der Maulwurf wittert instinktiv, dass ihm jemand auf den Fersen ist…

Enttarnt – Verrat auf höchster Ebene / Breach von Billy Ray bricht gleich an vielen Stellen mit den ungeschriebenen Gesetzen eines Spionagethrillers. Von Anfang an lässt der Film am Ausgang der Geschichte keinen Zweifel und umschifft damit weitgehend bislang gängige Regeln des Agenten- oder Spionagefilms. Stattdessen konzentriert er sich auf das enge Verhältnis von Spion und Gegenspion und auf die geschickte Erzeugung einer subtilen Anspannung und einer Atmosphäre der Schizophrenie und Paranoia, wobei er den Fall vor allem aus der Sicht O’Neills schildert. Allerdings scheint Ray der Tragkraft dieser Herangehensweise selbst nicht ganz zu trauen, denn gegen Ende des Films baut er einige Spannungssequenzen ein, die nicht so recht zu der vergleichsweise ruhigen, nüchternen und figurenzentrierten Erzählweise des Films passen wollen. Trotzdem überwiegt in diesem Agentenfilm der etwas anderen und subtileren Art eindeutig das Positive. Und Chris Cooper sowie Ryan Philippe zeigen in jeder Szene, dass sie äußerst differenzierte und nuancenreiche Schauspieler sind, die auch die leisen Zwischentöne bestens beherrschen. Selten sah man das Leben eines Agenten so banal, so verbeamtet, so bieder und vermutlich auch so authentisch dargestellt wie in diesem Film.

Der Film basiert auf den realen Ereignissen rund um die Enttarnung des FBI-Agenten, der 2001 des Landesverrats und der Spionage für Russland bzw. die Sowjetunion überführt wurde. Der Fall gilt nach wie vor als einer der größten und schwerwiegendsten Fälle von Geheimnisverrat in den USA.

Enttarnt - Verrat auf höchster Ebene

Wie der Western so ist auch der Spionagefilm klassischer Prägung ein vom Aussterben bedrohtes Genre, das von der Geschichte überholt ein spärliches Schattendasein führt.
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Meinungen

Martin Zopick · 28.08.2022

Die angekündigte Spannung hält sich in Grenzen und das liegt nicht an den Schauspielern. Auch der Hinweis auf eine wahre Begebenheit macht noch lange keinen tollen Film, im Gegenteil. Allein der junge Eric O’Neill (Ryan Philippe) überzeugt, weil er den inneren Zwiespalt, in dem er im Hinblick auf seinen Chefs steckt, überwinden muss. Der, Robert Hanssen (Chris Cooper) versucht sein Bestes, um auffallend mürrisch zu sein und wo es geht anzuecken. Etwas, das er sich als Doppelagent eigentlich kaum leisten kann. Darüber hinaus wäre es ganz hilfreich gewesen, wenn man etwas mehr darüber erfahren hätte, wie Hanssen seine Kollegen verraten hat. Soll heißen: etwas Butter bei die Fische. So bleiben wir auf der Diskussionsebene stehen. Da erfährt man ja bei James Bond mehr über den KGB als hier. Das mächtige FBI wird hier nur symbolisch vertreten durch Agentin Burroughs (Laura Linney). Die spielt ihren Part ohne großes Engagement professionell runter. Und auch Hanssens Verhaftung läuft so problemlos, dass das FBI ihn auch ohne O’Neills Hilfe gefasst hätte. Ein Thriller ohne Action und ohne Thrill. K.V.