Tapas

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Bon profit!

Die Filmemacher José Corbacho und Juan Cruz sind beide in L’Hospitalet de Llobregat, einem kleinen Vorort von Barcelona, aufgewachsen. Hier leben vor allem die so genannten „kleinen Leute“, einfache Arbeiter und zahlreiche Immigranten. Und so erzählen die beiden Regisseure in ihrem Debütfilm Tapas vor allem Geschichten aus dem ganz normalen Leben, die allesamt ihren Kulminationspunkt in einer kleinen Tapas-Bar in diesem Viertel haben.

Im Zentrum des vielschichtigen Geschehens steht der cholerische Wirt der Bar namens Lolo (Ángel de Andrés), der mit seinen Launen und seinem Geiz seine Umgebung schikaniert. Als ihn eines Tages seine Frau Rosalia (Amparo Moreno) Knall auf Fall mit dem Abwasch zurücklässt und sich aus dem Staub macht, hat Lolo ein Problem – wer macht nun die ganze Arbeit in der Bar? Zum Glück gibt es den chinesischen Koch Mao (Alberto Jo Lee), der nicht nur ein Meister der Küchen, sondern auch der fernöstlichen Kampfkunst ist. Doch die Frau an Lolos Seite kann auch der stille und stets lächelnde Chinese nicht ersetzen. Auch die Rentnerin Conchi (Maria Galiana), die regelmäßig in der Bar verkehrt, hat ein Problem – ihren krebskranken Mann. Um seine teuren Behandlungen zu bezahlen, dealt die Seniorin mit Drogen – und zwar ausgerechnet in Lolos Etablissement. Raquel (Elvira Mínguez) hingegen, seit zwei Jahren geschieden, unterhält eine „stabile Internet-Beziehung“ mit einem Argentinier, was sie aber nicht daran hindert, mit dem wesentlich jüngeren César (Rubén Ochandiano) eine heiße Bettgeschichte zu beginnen – Geschichten, so vielfältig und verschiedenartig wie die berühmten spanischen Vorspeisen, die auch in Lolos Bar eine wichtige Rolle spielen.

Heiter, aber auch nachdenklich, so präsentieren José Carbacho und Juan Cruz, die bislang vor allem für das spanische Fernsehen gearbeitet haben, ihren ungeschminkten, aber stets charmanten Blick auf die Bewohner von L’Hospitalet de Llobregat. In Spanien war Tapas ein Riesenerfolg sowohl bei der Filmkritik wie auch beim Publikum, was sich auch in zwei Goyas für die beste Regie in einem Debütfilm und im Preis für die beste Nebendarstellerin Elvira Mínguez als Raquel niederschlug. Außerdem erhielt Tapas beim Festival von Malaga den Preis als bester Film und den Publikumspreis und wurde beim Internationalen Filmfestival Montreal mit dem Preis für das beste Drehbuch ausgezeichnet. In Deutschland war der Film bereits im Jahre 2005 auf dem Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg zu sehen. Ein Sommerfilm im tiefsten Winter, der im wahrsten Sinne des Wortes Appetit macht auf weitere cineastische Häppchen von der iberischen Halbinsel – es muss nicht immer Almodóvar sein. „Bon profit!“, was auf katalanisch soviel heißt wie „guten Appetit“.
 

Tapas

Die Filmemacher José Corbacho und Juan Cruz sind beide in L’Hospitalet de Llobregat, einem kleinen Vorort von Barcelona, aufgewachsen. Hier leben vor allem die so genannten „kleinen Leute“, einfache Arbeiter und zahlreiche Immigranten.

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Meinungen

Antje Bohnhorst · 10.01.2008

Wunderschöne Komödie - ein Gute-Laune-Film und trotzdem nachdenklich machend.