Drachenläufer

Eine Filmkritik von Markus Fritsch

Gelungene Verfilmung eines Bestsellers

Kabul, Afghanistan, in den frühen siebziger Jahren: Vor der russischen Invasion des Landes zeigt sich die Hauptstadt in einem mondänen Zustand. Auf den Hauptstraßen floriert der Handel. Die Kulisse der Großstadt wird durch den chaotischen Lärmpegel des Straßenverkehrs geprägt. Das gesellschaftliche Leben wird von einer wohlhabenden, westlich orientierten Schicht bestimmt.
Auch Baba (Homayoun Ershadi) gehört dieser Gesellschaftsschicht an. Zusammen mit seinem jungen Sohn Amir (Zekiria Ebrahimi), dem Diener Ali (Nabi Tanha) und dessen Sohn Hassan (Ahmad Khan Mahmoodzada) leben sie in einem schönen Haus in der Mitte von Kabul. Das Kabul der frühen siebziger Jahre zeigt eine weltoffene, friedliche Stadt. Amir und Hassan sind dicke Freunde. Zusammen streunen sie durch die Straßen, gehen ins Kino und nehmen an den spektakulären Drachenflug-Wettbewerben teil. Wenn der Wind die Drachen in den sonnigen Himmel steigen lässt, so wird die Freiheit und die unbeschwerte Lebensfreude der beiden Kinder spürbar. Diese Wettbewerbe sind mehr, wie sportliche Veranstaltungen. Mit großem Geschick gilt es die Drachen der Mitspieler durch überkreuzen der Schnur vom Himmel zu schneiden. Amir und Hassan beweisen ihr Talent und gewinnen einen Wettbewerb. Mit magischem Gespür sieht Hassan voraus, wo die geschnittenen Drachen landen und er erläuft einen Drachen für Amir. Hassan zeigt mehrfach seine bedingungslose Zuneigung zu Amir, die ihm jedoch zum Verhängnis wird. Eine Clique feindlicher Jugendlicher verstellt Amir den Weg und stellt ihn vor die Wahl den Drachen herzugeben oder eine Tracht Prügel zu bekommen. Aus Loyalität zu Amir weigert sich Hassan den Drachen wegzugeben und wird zusammengeschlagen. Amir beobachtet diese Szene aus einem Versteck. Er hilft seinem Freund nicht, sondern beginnt ihn zu verachten. Die Freundschaft der Beiden zerbricht. Amir startet eine folgenschwere Intrige gegenüber Hassan, welche die Wege der Beiden für lange Zeit trennen wird…

Mit der sowjetischen Invasion Afghanistans flieht Amir mit seinem Vater in die USA, während Hassan in einem Land zurückbleibt, das in Bürgerkriegen, Besetzung und der Schreckensherrschaft der Taliban versinkt. Zwanzig Jahre später bekommt Amir einen Telefonanruf, der ihn wieder zurück nach Afghanistan führen wird, um seinen Fehler wieder gutzumachen.

Drachenläufer / The Kite Runner beruht auf dem gleichnamigen Roman von Khaled Hosseini. Regisseur Marc Forster (Monster`s Ball, Stay, Schräger als Fiktion, Wenn Träume fliegen lernen) ist es gelungen in wunderschönen, epischen Bildern die Stärke des erfolgreichen Romans in den Film zu transportieren. Der Bildsprache und der Narration des Films wird kein Hollywood-Korsett aufgezwängt, sondern der einzigartige, intime Ton der Vorlage bleibt bestehen. Zwar spielt die fiktive Story in Afghanistan und den USA, doch die Themen der Geschichte – Familienbande, Jugendfreundschaft, Mut zur Vergebung und Erlösung werden universell erzählt, so dass die Menschen überall berührt werden, unabhängig von ihrem kulturellen und sozialen Hintergrund. Doch für den Erfolg des Filmes war es unerlässlich, sich intensiv mit der komplexen Kultur und Lebensweise von Afghanistan zu beschäftigen. Khaled Hosseini, dessen Roman auch starke, autobiografische Züge enthält, stand von Anfang an beratend zur Seite. Wie der ältere Amir (Khalid Abdalla) kehrte auch Hosseini nach über 20 Jahren nach Kabul zurück. Fiktion und Realität prallten in ihm aufeinander. Drachenläufer enthält die Struktur der klassischen „Heroes Journey“, in welcher der Held sich auf die Reise begeben muss, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Hervorragend agiert die Schauspielercrew mit einer Mischung aus renommierten Schauspielern und Laiendarstellern aus Afghanistan und Zentralasien. Zekiria Ebrahimi (Junger Amir) und Ahmad Khan Mahmoodzada (Junger Hassan) geben beide ihr glänzendes Schauspieldebut. Nach langem Casting in unterschiedlichen Ländern wurden die Kinder ausgewählt. Darsteller und Crew stammen aus 28 Ländern. Manchmal konnte nur durch den Einsatz von Körpersprache die Kommunikation aufrechterhalten werden. Gedreht wurde in West-China und in San Fransisco.

Wer den erfolgreichen Roman Drachenläufer gelesen hat, wird durch die Verfilmung ebenfalls begeistert sein, da der Film den emotionalen Kern des Romans gebührend wiedergibt. Die epischen Bilder des Films spiegeln die lyrische Erzählweise des Romans wieder. Auf Zuschauer, die den Roman nicht kennen, wartet ein spannendes, emotionales Abenteuer mit dem Eintauchen in eine fremde Welt, die in ihren menschlichen Konflikten vertraut wirkt. Drachenläufer spielt in einer Welt, die droht in Vergessenheit zu geraten.

Drachenläufer

Kabul, Afghanistan, in den frühen siebziger Jahren: Vor der russischen Invasion des Landes zeigt sich die Hauptstadt in einem mondänen Zustand. Auf den Hauptstraßen floriert der Handel. Die Kulisse der Großstadt wird durch den chaotischen Lärmpegel des Straßenverkehrs geprägt.
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Meinungen

Jonathan F. · 29.01.2009

andrea hat recht, der rezensent hat da wohl was ganz gewaltig falsch verstanden:D am besten noch mal anschauen...

Katrin Krinner · 03.11.2008

ich habe zwar erst das buch gelesen. aber das war schon sehr ergreifend und ich hoffe, dass der Film genau so wird. obwohl normalerweise bücher besser sind. :D

Schumacher · 18.05.2008

Beeindruckend!

gabi · 06.04.2008

die gelungenste romanverfilmung, die ich je gesehen habe. tolle auswahl der schauspieler.

Andrea S. · 31.03.2008

Leider hat ihr Rezensent - Markus Fritsch - den Film nicht ganz verstanden. Hassan wird zusammengeschlagen, vor allem aber vergewaltigt, was seine Scham und sein Unvermögen darüber überhaupt zu sprechen im Verlauf des Films ausmacht.
Amir hasst nicht Hassan, sondern sich selber und kann mit der Schuld, seinen Freund ím Stich gelassen zu haben, nur durch Verdrängung leben. Er muss dafür sorgen, dass er Hassan nicht mehr sehen muss - und startet deswegen die Intrige.

Ansonsten stimme ich der Rezension voll und ganz zu - ein toller Film und vor allem ganz nah an der literarischen Vorlage.

Barbara Hohenschuh · 14.02.2008

Ich habe seit langer Zeit nicht mehr so einen emotionalen Film gesehen, der schauspielerisch so hochgradig ist. Er lässt im Anschluss an den Film viel Raum für Überlegungen und Diskussionen. Es war zeitweilig gespenstig still im Kino und man hörte manche Besucher leise weinen. Ich zählte mit dazu.

Noel · 12.02.2008

Musik, Sprache, Bilder, Menschen - es hat alles gestimmt - hat mich berührt , kann mich kaum erholen! Vielen Dank an die ganze Filmcrew!

HeBu · 06.02.2008

Absolut fesselnder, ergreifender Film, der jeden Zuschauer total Betroffen macht. Absolut zu empfehlen

Free_Afghan · 30.01.2008

Wer nicht leiden will, muss hassen!!

crazyhorse · 30.01.2008

Schmonzette

· 29.01.2008

wunderschöne Bilder und eine berührende Geschichte

karoline · 27.01.2008

Lieber Markus Fritsch, der kleine Hassan wird nicht bloss zusammen-geschlagen, er wird vergewaltigt. Ebenso sein Sohn, der sich nach dem Auslöschen der Eltern in Gefangenschaft des Taliban-Governeurs befindet. Insbesondere die Verachtung, die der junge Amir,aus meiner Sicht hervorgerufen durch die Unfähigkeit, die tiefgreifende sexuelle Erniedrigung seines Freundes zu verkraften, empfindet, ist ein Statement des Films. Sie wird nämlich nur ein einziges Mal verbalisiert, als Amir dem Jungen Sorab, den er gerade aus der Leibeigenschaft befreit hat, mitteilt, er sei nicht schmutzig, er trage keine Schuld. Dies erscheint als indirektes Schuldeingeständnis des Helden. Was also ist die Botschaft des Films? Dass in Afganistan noch niemals körperliche Rechte akzeptiert wurden, nicht einmal zur Zeit vor der Russischen Invasion? Dass die Hassare immer missbraucht wurden? Sexuelle Gewalt wird hier als afghanisch und unamerikanisch essentialisiert.

Jürgen · 21.01.2008

Na ja, bin enttäuscht. Nach all den vollmundigen Ankündigungen und der zugegeben sehr gut gedrehten ersten Stunde des über zweistündigen Streifens, hätte ich mehr erwartet!

Die Drachenszenen-wundervoll. Die Schauspieler sehenswert. Als der Film dann ins Afghanistan der Taliban schwenkt, beginnt er eindeutig zu schwächeln.
Was wohl nur einem US-Regisseur einfallen kann, moralisch zu werden, obwohl die Taliban von den USA installiert wurden.

Und die entscheidende Frage ist wohl die: Weshalb müssen wir Kinogänger uns mit einer zensierten und geschnittenen Fassung eines Filmes begnügen?

Hat jemand das Buch gelesen? Dann sollte er keinesfalls diesen Film anschauen.

Schade, schade, doch politische Themen sollten von politischen Regieseuren verfilmt werden.
Jürgen

silbersüchtig · 19.01.2008

werd mir den film heut anschauen , denke auch das viel propaganda dahinter stecken wird , bin aber trotzdem auf die bilder gespannt..

· 18.01.2008

Ich schließe mich der Meinung von "Der Afghane" an, es entspricht meiner Aussage und man merkt das hier jemand wirklich Ahnung hat!! Liebe Grüße

Der Afghane · 17.01.2008

Voller Propaganda !!! Psychologische Kriegsführung nennt man sowas. Man versucht euer Denken zu beeinflussen... Dieser Krieg findet kein ende, solange die invasoren im Lande sind und wird viele Zivile unschuldige Opfer bringen.

Liebe Grüsse

· 30.12.2007

ein schöner film, der afghanistan von vielen verschiedenen seiten zeigt und zutiefst menschlich ist. fantastische bilder.

· 29.12.2007

einmal mehr sind die amerikaner die guten und auf der restlichen welt leben die bösen. so einfach ist das in diesem unausgewogenen film.