Hamburger Lektionen

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Logik des radikalen Islamismus verstehen

Wir sehen einen Mann, den Schauspieler Manfred Zapatka, einen leeren Raum, einen Stuhl, daneben einen Schemel, mehr nicht. Und das wird sich während des ganzen Filmes nicht ändern. Zapatka verliest während der kommenden mehr als zwei Stunden einen Text, von dem wir schnell wissen, dass diese Worte, diese Sätze unmöglich weder aus seiner Welt noch aus der des Regisseurs Romuald Karmakar entstammen können. Vielmehr handelt es sich dabei um die in mühevoller Kleinarbeit aus dem Arabischen übersetzten Lektionen des Imam Fazazi, der als wichtiger geistiger und religiöser Bezugspunkt der Hamburger Terrorzelle gilt, die bei den Anschlägen vom 11. September 2001 beteiligt war. Zumindest drei der vier Beteiligten der Anschläge – Mohammed Atta, Ziad Samir al-Jarra und Marwan al-Shehhi haben regelmäßig die Al-Quds-Moschee besucht, in welcher der konservative Imam lehrte. Mohammed Ben Mohammed al-Fazazi steht für eine sehr strenge, konservative Ausrichtung des Islam, Salafismus genannt, demzufolge allein der Prophet und seine Gefährten sowie die drei folgenden Generationen der Muslime gläubig und rein genug gelebt haben. Auch andere Hintermänner wie Ramzi Binalshib standen in enger Verbindung mit dem marokkanischen Geistlichen, den sie häufig zu Einzelgesprächen aufsuchten. Mittlerweile verbüßt der Imam eine 30-jährige Gefängnisstrafe in seiner Heimat Marokko, da er als geistiger Urheber auch Terroranschläge in Casablanca ausgelöst haben soll. Doch ungeachtet der schweren Vorwürfe genießt Fazizi auch in Haft erhebliche Freiheiten, so darf er mit seinem Handy telefonieren und verkehrt mit seinen Anhänger rund um den Globus in Briefen, so dass sein verhängnisvoller Einfluss auch weiterhin wirksam sein dürfte.
Der Film Hamburger Lektionen dokumentiert zwei Sitzungen, die im Januar 2000, am Ende des Fastenmonats Ramadan stattfanden – ob die späteren Attentäter von New York während dieser Unterweisungen anwesend waren, kann heute nicht mehr mit Bestimmtheit gesagt werden. Nichtsdestotrotz zeigen die Dialoge, die als eine Art religiöse Fragestunde ausgelegt waren, exemplarisch, welcher Art von Denken Mohammed Atta und seine Komplizen folgten. Unterbrochen lediglich von gelegentlichen Erklärungen spezieller theologischer Termini entfalten der Text und die Reduktion der Inszenierung auf das unbedingt Notwendige einen Sog, dem sich der interessierte Zuschauer kaum entziehen kann. Romuald Karmakar, der sich in seinen Filmen wie Das Himmler-Projekt oder Der Totmacher immer wieder darum bemüht, in das Denken extremer und extremistischer Persönlichkeiten einzudringen und es nachvollziehbar zu machen, gibt in Hamburger Lektionen einen Einblick in die geistigen Grundlagen der Attentäter von New York. Es geht ihm, wie er es selbst nennt, um die „Rekonkretisierung eines Dokuments mit radikalen Strukturen unserer Zeit“, um die Auseinandersetzung damit, was Menschen fasziniert, sie radikalisiert und sie zu Taten von unglaublicher, unmenschlicher Tragweite anstiftet. Zugegeben, es ist nicht einfach, den Gedanken des Hasspredigers zu folgen, doch wer den Lektionen folgt, erhält hier einen Einblick in die Dogmen radikaler Muslime, der alle Talkshows und Expertenrunden zu diesem Thema mühelos in den Schatten stellt.

Hamburger Lektionen

Wir sehen einen Mann, den Schauspieler Manfred Zapatka, einen leeren Raum, einen Stuhl, daneben einen Schemel, mehr nicht. Und das wird sich während des ganzen Filmes nicht ändern.
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Meinungen

Arthur Weilert · 26.01.2008

Der Film war für mich mich erblüffend, solch einer Offenheit hat man dieses Theme (Hierngespinste der Muslime) noch nie angegriffen. Es wäre gut den zweiten Film als Fortsetzung zu drehen. Diesemal im Disput mit Islamprädigern. Damit ihre Ziele in Europa für alle 500 Mill. Bürger klar, ohne Umschweife und Schönmacherei ausgesprochen werden. Da könnten die Staaten auch präzise reagieren. Ohne deren Offenlegung scheint der Kampf mit der Terrorpest, als ein Ringen mit der Windmühle, ein Tappen im Dunkel.
Mit freundlichen Grüßen
Arthur Weilert.