En La Cama

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Lokalität Bett

Weil der Mensch schlafen muss und darf, ist das Bett ein wichtiger Ort im Leben, der allerdings selten ausschließlich der Nachtruhe dient; dort wird geruht, geboren, gestorben, kopuliert, gegessen, gestritten und einiges mehr. Im neuen Film des jungen chilenischen Regisseurs Matías Bize (Sábado una película en tiempo real / Sábado – Das Hochzeitsvideo) ist das Bett eines frivolen Motelzimmers das Terrain, auf dem sich die Geschichte einer einzigen ganz besonderen Nacht ereignet, die zwei Fremde in Santiago de Chile zusammenbringt.
Sie begegnen sich auf einer Party, und ohne viel Worte zu machen voneinander angezogen landen Daniela (Blanca Lewin) und Bruno (Gonzalo Valenzuela) bald darauf im Motel Cozumel, wo es zunächst darum geht, was beide dorthin geführt hat: unverbindlicher Sex. Doch dabei bleibt es nicht, denn es entwickelt sich nach anfänglicher Fremdheit eine Atmosphäre des Vertrauens, möglicherweise gerade weil sich ihre Lebenswelten nicht berühren, und so entwickeln sich die Gespräche über Kaufgewohnheiten, Filme sowie frühere und aktuelle Geliebte in immer intimere Dimensionen, bis Daniela und Bruno über ihre ganz persönliche Situation und ihre tiefsten Sehnsüchte, Ängste und Geheimnisse miteinander sprechen, Seelenverwandten gleich, nicht ohne im neu aufkeimenden Verlangen erneut ihr Begehren walten zu lassen. Doch unabwendbar naht der Morgen, und die Welt da draußen fordert ihren Tribut …

En La Cama wurde auf einigen Festivals gezeigt und mehrfach ausgezeichnet, unter anderem für das Beste Drehbuch sowie die Besten Schauspieler, und bei einem Film mit nur zwei Protagonisten, die die gesamte Geschichte an einem Ort ohne weitere Handlungsstränge bestreiten, steht und fällt die Qualität in besonderem Maße mit deren Leistung, die als authentisch und ausgesprochen intensiv bezeichnet werden muss. Abstrahiert man vom außergewöhnlichen One-Night-Stand, so stellt sich die unbequeme Frage, ob und warum es eine Befindlichkeit der Generation in den Dreißigern sein könnte, bei Zeiten zu Fremden eine rasche, gewaltige Nähe entwickeln zu können, während die gewachsenen Beziehungen kränkeln – oder gerade deshalb. Oder handelt es sich bei derartiger Nähe lediglich um eine Illusion, die bei näherem Umgang verpuffen wird und nur eine wehmütige oder heitere Erinnerung zurücklässt? Regisseur Bize konzentriert sich auf das unmittelbare Geschehen und Erleben seiner Akteure; das Spekulieren darüber überlässt er dem Zuschauer, nach dem Film.

Filme aus Südamerika im Allgemeinen und Chile im Speziellen sind auch im Arthouse-Bereich der europäischen und deutschen Kinolandschaft rare Erscheinungen und noch seltener erfolgreich, von wenigen Ausnahmen wie Machuca, mein Freund / Machuca von Andrés Wood abgesehen. Doch seit einiger Zeit gibt es Bestrebungen, diesen Zustand zu verändern; zum einen wirbt Chile mit seinen vielfältigen klimatischen und landschaftlichen Vorzügen zu attraktiven finanziellen Bedingungen offensiv als Produktionsort mit zunehmd professioneller Infrastruktur, und zum anderen werden Projekte einheimischer Regisseure verstärkt gefördert, so dass jährlich ungefähr 15 chilenische Spielfilme entstehen. Auch die internationale Kooperation wächst an; bei den Filmfestspielen in Cannes gab es im letzten Jahr eine eigene Rubrik, die sich mit Filmen aus Chile beschäftigte, und in Deutschland waren zwei Einsendungen aus dem Land an der Pazifikküste unter den fünf Ausgewählten, die vom World Cinema Fund der Kulturstiftung des Bundes und der Berlinale in Kooperation mit dem Goethe-Institut gefördert wurden. En La Cama, der von der Filmstiftung NRW unterstützt wurde, ist ein Beispiel dafür, wie sehr sich das lohnen kann.

En La Cama

Weil der Mensch schlafen muss und darf, ist das Bett ein wichtiger Ort im Leben, der allerdings selten ausschließlich der Nachtruhe dient.
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Meinungen

RCS · 30.10.2007

Hat mit Sex In The City nichst zu tun ... der Film hat gar nicht von dieser "Ami-Sprüche-Atmosphere", und die Frauendarstellung ist komplexer, sorry.

Mobek · 25.10.2007

Was`n Kääse...

Sasbine · 25.10.2007

Ein sehr intensiver Film. hat mich an BEFORE SUNRISE erinnert. Viel Sex, aber auch tolle Gespräche. Müßte eigentlich allen gefallen die SEX AND THE CITY mochten. Für mich war es ein sehr schöner Kinonachmittag...