Avaze Gonjeshk-ha

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Berlinale 2008: Wettbewerb

Majid Majidi, in seiner Heimat Iran ein überaus erfolgreicher Regisseur, ist auf der Berlinale kein Unbekannter – wenngleich sein Name bislang vor allem für Kinderfilme wie Kinder des Himmels (1997) oder Die Farben des Paradieses (1998) steht. Sein neuer Film Avaze Gonjeshk-ha / The Song Of Sparrows, der nun im Wettbewerb der Berlinale zu sehen war, ist zwar kein ausgemachter Kinderfilm, doch in vielfacher Hinsicht lässt sich die geistige Verwandtschaft zu seinen vorherigen Filmen nicht leugnen. Denn Majidi erzählt mit den Mitteln des Märchens und des Kinderfilms eine ganz alltägliche Geschichte vom Überlebenskampf im heutigen Iran und man kann sich durchaus vorstellen, dass manches an dieser Art der Gestaltung den Umständen des Filmemachens im Iran geschuldet ist.
Karim (Reza Naji) ist ein herzensguter Familienvater, der auf einer Straußenfarm arbeitet und die Seinen so ernährt. Doch als eines der wertvollen Tiere entfleucht, wird der wackere Mann entlassen. Und da auch noch – ein Unglück kommt selten allein – das Hörgerät seiner Tochter im wahrsten Sinne baden geht, wird die prekäre Lage für die Familie immer schlimmer. Klar, dass es nun die alleinige Aufgabe des Familienvaters ist, sich um Arbeit und ein Auskommen für die Familie zu kümmern. Von nun an brummt Karim auf seinem Motorrad wie eine emsige Transportameise durch den beinharten Straßenverkehr Teherans und befördert menschliche und andere Fracht an den jeweiligen Bestimmungsort – mal mit mehr Erfolg und mal mit weniger. Vor allem aber bringt er von seinen Fahrten allerhand Waren, Fundstücke und Plunder mit, der das hübsche Häuschen am Rande der Metropole zusehends vollmüllt. Und mit dem scheinbaren Reichtum an Dingen und den gleichzeitigen finanziellen Sorgen verändert auch er sich, wird unfreundlicher, weniger hilfsbereit, geizig sogar. Als Karim verunglückt und hilflos ans Bett gefesselt mit ansehen muss, wie seine Frau und die Kinder auch ohne ihn gut zurecht kommen, muss er einsehen, dass seine Art und Weise, mit der schwierigen Lage umzugehen, nicht die richtige war…

Ohne Frage ist Avaze Gonjeshk-ha / The Song Of Sparrows ein gut gemachter Film, der einen erstaunlich heiteren Einblick in den alltäglichen Überlebenskampf einer Familie im Iran gibt. Wunderschön auch die Bilder, die Majidi immer wieder findet, sei es nun eine blaue Haustür, die sich scheinbar wie von selbst über ein Feld bewegt oder feine Metaphern, mit denen der Regisseur das Unzeigbare – in diesem Falle Sex – doch noch in Bilder packt, die die gestrenge Zensur seines Heimatlandes klaglos passieren. Avaze Gonjeshk-ha / The Song Of Sparrows birgt viele Momente des Kindlich-Naiven, des Märchenhaften in sich, immer wieder zeigt der Film die fröhliche Kinderschar, macht sich lustig über die Verbissenheit und Tölpelhaftigkeit des Vaters, der als Figur ebenso gut in jedem Märchenfilm eine tragende, tragikomische Rolle spielen könnte.

Die schlussendliche glückliche Lösung für alle Beteiligten, die alle Problem wie von Zauberhand verschwinden lässt, sie wirkt angesichts des Themas ein wenig aufgesetzt und die Moral, die sich dahinter verbirgt, ein wenig schlicht – der wahre Wert des Lebens, das sind die Freunde, so könnte man die Lehre am Schluss des Films benennen. Eine einfache Wahrheit, vielleicht zu einfach für viele Zuschauer. Doch es ist gut, ab und an wieder einmal daran erinnert zu werden.

Avaze Gonjeshk-ha

Majid Majidi, in seiner Heimat Iran ein überaus erfolgreicher Regisseur, ist auf der Berlinale kein Unbekannter – wenngleich sein Name bislang vor allem für Kinderfilme wie Kinder des Himmels (1997) oder Die Farben des Paradieses (1998) steht.
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Meinungen

· 17.02.2008

Der Rezensent hat vielleicht den Film nicht ganz durchdrungen. Thematisiert wurden harte Lebensbedingungen, die sich nicht dadurch ins Positive drehen, da letztlich Freunde den Protagonisten unterstützen. Die Probleme sind nicht wie von Zauberhand verschwunden. Was bleibt denn vom Traum, wieder in der Straußenfarm arbeiten zu können? Eines zeigt aber der Film: Die unsäglichen Vorstellungen in der westlichen Welt, dass sich Frauen im Iran nur im Tschador auf der Straße bewegen dürfen, wurden hier ad Adsurbum geführt.

Die schlussendliche glückliche Lösung für alle Beteiligten, die alle Problem wie von Zauberhand verschwinden lässt, sie wirkt angesichts des Themas ein wenig aufgesetzt und die Moral, die sich dahinter verbirgt, ein wenig schlicht – der wahre Wert des Lebens, das sind die Freunde, so könnte man die Lehre am Schluss des Films benennen.

Marmelade · 11.02.2008

Absolut sehenswert, ein schöner, ruhiger, lustiger Film über das Leben; ein kleiner Einblick in das Leben im Iran - auf dem Lande und auch in Teheran.