Bierbichler

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Vorhang auf für den bayerischen Querulanten

Die wuchtige Persönlichkeit dieses Mannes verführt nicht selten dazu, sich ihm ein wenig hilflos zunächst tautologisch zu nähern – der Bierbichler ist eben der Bierbichler, den muss man sehen und hören. Die Dokumentarfilmerin Regina Schilling hat den Schauspieler, Autoren, Regisseur und Landwirt Josef Bierbichler, einen Vagabunden der Theaterlandschaft zwischen Hamburg und Wien, zwei Jahre lang immer wieder mit der Kamera begleitet, und nun wird das Biopic Bierbichler bei uns in den Kinos zu sehen sein.
Filme wie Hierankl und Winterreise, für den er 2007 mit dem Deutschen Filmpreis als Bester Schauspieler ausgezeichnet wurde, haben den nunmehr bald 60jährigen bayerischen Akteur in den letzten Jahren einem breiteren Publikum bekannt gemacht, doch Josef Bierbichler, der im Alter von 23 Jahren an der Otto-Falckenberg-Schauspielschule in München aufgenommen wird, fällt bereits als Kind durch sein darstellerisches Talent auf und steht schon früh auf der Theaterbühne. Das vielseitige Gesicht dieses extremen Charakters, das bald auch in zahlreichen Fernseh- und Kinofilmen auftaucht, macht sich vor allem auch durch seine konsequenten wie oftmals unbequemen Positionen zu politischen und sozialen Themen einen Namen, die er sich nicht scheut, öffentlich und nachhaltig kundzutun.

Ist Bierbichler auch zweifellos ein Mann des Theaters, verbinden ihn doch reichlich ambivalente Empfindungen mit dieser Kunstform und ihrem Geschäftsbetrieb, die nur allzu gern als eine Art der Hassliebe bezeichnet werden. Diese Befindlichkeit, die Bierbichler auch in seinem 2001 erschienen Buch Verfluchtes Fleisch so humoristisch wie ernsthaft transportiert, ist anscheinend nicht untypisch für den ungefälligen und streitbaren Künstler, denn auf diese Weise beschreibt er auch seine enge Freundschaft zum ebenfalls berühmt-berüchtigten Münchner Regisseur und Schriftsteller Herbert Achternbusch, die bereits zahlreiche gemeinsame Projekte und Kämpfe überlebt hat.

Auch die Dokumentation Bierbichler, die einen ausführlichen bildgewaltigen Einblick in die Gedanken sowie die Lebens- und Arbeitswelten des mitunter geradezu ungemütlich heftigen Künstlers gibt und auch Weggefährten zu Wort kommen lässt, erscheint wie eine Bühne für den querköpfigen Akteur, der sich allerdings zunehmend vom Theater zurückzieht. In einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit formuliert Bierbichler offensiv-melancholisch seine Gründe dafür: „Ich bin nicht mehr so scharf aufs Spielen. Die gruppendynamischen Prozesse, die beim Spielen zwangsläufig entstehen, kommen mir immer alberner vor. Ich mag mich auch nicht mehr verstellen. Ich merke, es geht auf die Truhe zu. Damit ist man allein, da passt keine Gruppendynamik.“ Bierbichler eben.

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Die wuchtige Persönlichkeit dieses Mannes verführt nicht selten dazu, sich ihm ein wenig hilflos zunächst tautologisch zu nähern – der Bierbichler ist eben der Bierbichler, den muss man sehen und hören.
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