Tage des Zorns

Eine Filmkritik von Florian Koch

Einblicke in den dänischen Widerstand

Wen das Verhalten der dänischen Zivilbevölkerung zur Zeit des Dritten Reichs interessiert, stößt immer wieder auf ein Ereignis: Im Oktober 1943 versteckten viele Einheimische dänische Juden, die ansonsten in deutsche Konzentrationslager deportiert worden wären. Es geistern Zahlen von bis zu 7000 geretteten Menschen durch die Geschichtsbücher. Weit weniger weiß man hierzulande über die beiden Widerstandskämpfer Flame und Citron, die heute in Dänemark wie Helden gefeiert werden. Regisseur Ole Christian Madsen beschäftigt sich in der aufwendigen deutsch-dänischen Produktion Tage des Zorns / Flammen & Citronen mit diesen beiden historisch verbürgten Figuren.
Im Kopenhagen des Jahres 1944 gehören die Widerstandskämpfer Flame (Thure Lidhardt) und Citron (Dänemarks Superstar Mads Mikkelsen, bekannt aus Casino Royale und Adams Äpfel) zu den meistgesuchten Männern Dänemarks. Ihre präzise ausgeführten Liquidationen von zahlreichen Nazi-Kollaborateuren treiben die deutschen Besatzer und deren Oberbefehlshaber, Gestapo-Chef Hoffmann (Christian Berkel) in den Wahnsinn. Doch die Aufträge, die sie durch den mächtigen Verbindungsmann Winther (Peter Mygind) erhalten, tragen immer fragwürdigere Züge. Als Flame auf Gilbert, den vermeintlichen Chef der deutschen Abwehr (Hanns Zischler) trifft muss er überrascht feststellen keineswegs einen leidenschaftlichen Nazi vor sich zu haben. Immer mehr beginnen Flame und der zurückhaltende Fahrer Citron an Winthers Integrität und der Sinnhaftigkeit ihrer Tötungsaktionen zu zweifeln. Während Citron sich stetig von seiner Familie entfremdet lässt sich Flame auf eine Affäre mit der undurchsichtigen Agentin Ketty (Stine Stengade) ein. Ketty bestätigt schließlich Flames aufkeimende Infragestellung von der Rechtschaffenheit Winthers. Gemeinsam versuchen Citron und Flame nun auf eigene Faust Hoffmann, den gefürchteten Kopf der Nazi-Schlange, auszuschalten.

Mit einem Budget von über 10 Millionen Euro zählt das in Babelsberg gedrehte Widerstandsdrama zu den teuersten Filmen Dänemarks. In seinem Entstehungsland brach es im letzten Jahr Zuschauerrekorde. Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Madsen gelang über weite Strecken eine packende Umsetzung des brisanten Themas. Der geschickte Einbezug von Archivmaterial verleiht dem Film eine zusätzliche Authentizität. Am stärksten ist Madsens Inszenierung immer dort, wenn er sich auf das Innenleben der beiden Hauptfiguren konzentriert. Die beiden völlig unterschiedlichen Charaktere – der ständig schwitzende, unrasierte Eigenbrötler Citron und der jugendlich-kraftvolle Flame – werden von Mikkelsen und Lidhardt facettenreich verkörpert Ihre Angst gefasst zu werden, der nagende Zweifel an den Mordaufträgen und die Folgen für die Psyche, wenn man wildfremde Menschen kaltblütig ermorden muss, werden glaubwürdig geschildert. Gerade Mikkelsens Szenen mit seiner Frau, als sie vor Angst vor seinen Berührungen zurückschreckt, gehören zu den eindringlichsten von Tage des Zorns / Flammen & Citronen.

Leider vergreift sich Madsen wohl aus kommerziellen Gründen das ein oder andere Mal im Ton. Da werden intime, für die Handlung redundante Szenen zwischen Ketty und Flame viel zu lange ausgewalzt und die Action auf Kosten der Glaubwürdigkeit auf spektakulär getrimmt. Besonders der an Brian de Palmas Scarface erinnernde Showdown gefällt sich in lächerlich überzogenen Shootouts, mit denen Madsen seiner bis dato realistisch geschilderte Geschichte einen Bärendienst erweist. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen; aber trotzdem bleibt Tage des Zorns / Flammen & Citronen ein wichtiges, gut gespieltes Widerstandsdrama, das glücklicherweise auf die Glorifizierung seiner Hauptfiguren verzichtet.

Tage des Zorns

Wen das Verhalten der dänischen Zivilbevölkerung zur Zeit des Dritten Reichs interessiert, stößt immer wieder auf ein Ereignis: Im Oktober 1943 versteckten viele Einheimische dänische Juden, die ansonsten in deutsche Konzentrationslager deportiert worden wären.
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