Ichi - Die blinde Schwertkämpferin

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Der Mythos des blinden Samurais erfreut sich in Japan und anderswo unter Martial Arts Freunden ganz besonderer Beliebtheit, und mit Zatoichi – Der blinde Samurai von 2003 ist Takeshi Kitano eine wunderschön-schelmische Verfilmung des großartigen Stoffes gelungen. In diese Tradition stellt sich auch Ichi – Die blinde Schwertkämpferin von Fumihiko Sori, allerdings auf ganz eigene Art. Öffnet sich die Geschichte hier zunächst einmal einer weiblichen Heldin, der ein kauzig-komischer Gefährte beigesellt ist, liegt der Fokus zudem stark auf der Entwicklung der Charaktere sowie auf der zarten Annäherung zwischen den beiden zerrissenen Figuren, denen eine bewegende Melancholie anhaftet. So gerät der Film zu einem atmosphärisch dichten Drama mit sehenswerter, ebenso minimalistischer wie blutiger Kampfkunst sowie poetisch anmutenden Monologen und Dialogen, die die Tragik der Geschichte intensivieren.
Auch wenn sie als blinde, umherziehende Musikerin stets schutzlos, sanft und beherrscht erscheint, beherbergt die aparte Ichi (Haruka Ayase) ein leidenschaftliches Wesen, was sich in ihren schwermütigen Sehnsüchten nach Nähe ebenso äußert wie in ihrem blitzartigen, vortrefflichen Kampfstil, mit dem sie die Bewegungen ihrer Gegner geradezu erspürt, einer wandelnden und treffsicheren Rasierklinge gleich. Während einer Auseinandersetzung mit brutalen Schurken, die eine Gefährtin Ichis von den blinden Wandersängerinnen misshandelt haben, will ihr der streunende Samurai Toma (Takao Osawa) beispringen, doch es ist Ichi, die die Angreifer eliminiert. Der muntere, doch wenig wehrhafte Toma folgt schlicht der zunächst recht reservierten Kämpferin, und gemeinsam gelangen sie nach Bito, wo es zu schicksalshaften Ereignissen im Zusammenhang mit dem entstellten, grausamen Ex-Samurai Banki (Shido Nakamura) kommt, der mit seinen groben Gesellen den Ort schikaniert. Dabei entspinnt sich zwischen Ichi und Toma ganz feinfühlig eine Liebesgeschichte…

Für einen Martial Arts Film sicherlich ungewöhnlich gewichtet konzentriert sich Ichi – Die blinde Schwertkämpferin auf die Befindlichkeiten seiner starken Frauenfigur, der Regisseur Fumihiko Sori eine erstaunlich emotionale Weiblichkeit einräumt, mit der sie die persönlichen und gesellschaftlichen Beschränkungen als blinde Frau beklagt. Ichi und Toma, beide von den Schatten ihrer Vergangenheit verfolgt, stellen ein tragisches Paar von Außenseitern dar, das sich zwar im Machtkampf der Yakuza aufreibt, jedoch letztlich die ersehnte Erlösung erfährt – auch wenn es keine gemeinsame Zukunft für die beiden geben wird.

Regisseur Fumihiko Sori widmet der Entfaltung seiner Charaktere reichlich Raum und Zeit, ausgefüllt mit ruhigen, intensiven Bildern voller Schmerz und Poesie, häufig begleitet von der stimmungsvollen Musik Lisa Gerrards. Die gewaltige Trauer Ichis, verlassen und ortlos zu sein, findet einen eindrucksvollen visuellen Ausdruck, und die philosophische Betrachtung von Wahrnehmung und Blindheit, die den Film durchzieht, erweckt eine ansprechende Hintergründigkeit. Ichi – Die blinde Schwertkämpferin verbindet die Elemente eines alten Mythos mit moderner dramaturgischer Gestaltung und einer differenzierten Figurenzeichnung zur gelungenen Komposition einer offenen Form des klassischen Martial Arts Films.

Ichi - Die blinde Schwertkämpferin

Der Mythos des blinden Samurais erfreut sich in Japan und anderswo unter Martial Arts Freunden ganz besonderer Beliebtheit, und mit Zatoichi – Der blinde Samurai von 2003 ist Takeshi Kitano eine wunderschön-schelmische Verfilmung des großartigen Stoffes gelungen. In diese Tradition stellt sich auch Ichi – Die blinde Schwertkämpferin von Fumihiko Sori, allerdings auf ganz eigene Art.
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