Wasser und Seife

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Heldinnen der Arbeit

Was nach einem Werbeslogan für ein Kosmetikprodukt klingt, ist nichts weniger als eine dokumentarische Ode für hart schuftende und schlecht bezahlte Heldinnen der Arbeit. Im Mittelpunkt stehen Tatjana, Gerti und Monika, drei Frauen ganz unterschiedlichen Alters, und der in die Jahre gekommene Yorkshire Terrier Bonnie.
Hamburg, fünf Uhr in der Frühe. Während andere vom letzten Absacker nach Hause kommen, bereitet sich Monika für ihren langen Weg zu ihrer Arbeitsstelle vor. Zwanzig Jahre ist sie schon bei der Wäscherei angestellt, in der sie die Dreckwäsche von gut verdienenden Menschen sortiert, Schlüpfer und Oberhemden ebenso nummeriert wie Bettwäsche und Tischtücher. Ordnung muss sein, und sie macht es so gewissenhaft, als würde sie eine Führungsposition in einem Wirtschaftsunternehmen ausüben. Für sie stellt sich nicht die Frage, ob ihr die Arbeit Spaß macht, sondern es geht um Stolz und Würde, um ein unabhängiges Leben. Dem Staat will sie nicht auf der Tasche liegen, ebenso wenig wie die anderen beiden Arbeiterinnen Gerti und Tatjana. Der Zuschauer folgt der Dokumentation verblüfft und beeindruckt, denn so unterschiedlich die Frauen auch sind, so stehen sie für die hart arbeitende Unterschicht, der am Ende des Monats mit etwas Glück 150 Euro vom Nettolohn übrigbleibt. Würden sie sich für Hartz IV entscheiden, hätten sie womöglich mehr zur Verfügung, aber das verbietet ihnen ihr Selbstverständnis vom Leben und ihre Einstellung zur Arbeit.

Jeden Morgen führt sie ihr Weg in die Wäscherei, und sie gehen der eintönigen Arbeit unermüdlich und energisch nach. Der Lärm ist unerträglich, die Hitze und Feuchtigkeit groß, erst recht im Sommer, und der Schweiß steht ihnen auf der Stirn. Die kurze Frühstückspause wird stillschweigend eingenommen, die mitgebrachte Stulle wird gedankenverloren gegessen und nur Tatjana scheint den Mund nie still halten zu können. Sie ist die jüngste der drei Protagonistinnen, vielleicht Anfang dreißig, aber auch sie arbeitet schon seit vielen Jahren in diesem Traditionsunternehmen, das dringend eine Renovierung nötig hat. Tatjana hat den Staffelstab von ihrer Mutter übernommen, ihre Schwester arbeitet auch dort, und in der wenigen Freizeit wird ebenfalls über die Arbeit gesprochen. Tatjanas Ehemann ist Konditor, so dass die beiden nur wenig Zeit füreinander haben, da die Arbeitszeiten zu unterschiedlich sind. Dennoch hat man das Gefühl, dass es ihnen gut geht. Die Familie ist ihr ein und alles, und selbstbewusst sagen beide, dass sie auch für weniger Geld arbeiten würden — wenn es nötig wäre. Man ist zufrieden mit dem, was man hat: Eine Zweizimmerwohnung mit Balkon, Mutti wohnt ganz in der Nähe, es gibt einen Park, in dem man mit dem Hund und der Familie spazieren gehen kann. Am Wochenende wird gegrillt und bei einem Glas Prosecco und einer Flasche Bier wird das Leben genossen. Neid auf die Mittel- oder gar Oberschicht gibt es nicht, stattdessen zeigen sie Unverständnis gegenüber Menschen, die nicht arbeiten wollen, die sich auf Hartz IV ausruhen oder die ohne Zukunftsvisionen ihr Leben vergeuden.

Einzig Gerti scheint mit ihrem Schicksal ein wenig zu hadern. Ihren Mann hat sie irgendwann verlassen, da er sie ständig mit anderen Frauen betrogen hat, aber dennoch hängt sie sein Bild über der Wohnzimmercouch auf. Sie strahlt zwar keine Verbitterung aus, aber Resignation steht ihr schon ins Gesicht geschrieben — auch wenn sie versucht, diese vor der Kamera nicht zu sehr nach außen zu kehren. Auf die Frage, was es Schönes in ihrem Leben gegeben habe, leuchten kurzfristig ihre Augen auf: Der schönste Tag in ihrem Leben war der, an dem ihre Tochter zur Welt gekommen sei. Aber sonst gäbe es nichts Schönes. Eine entmutigende Bilanz eines etwa fünfzigjährigen Lebens.

Auch wenn Wasser und Seife stellenweise etwas Deprimierendes an sich hat — die drei Frauen arbeiten für einen Hungerlohn, Luxus bedeutet für sie, dem Yorkshire Terrier zu seinem 12. Geburtstag eine neue Hundeleine zu kaufen oder einen Tagesausflug an die Ostsee zu unternehmen — so macht der Film dennoch Mut. Denn eigentlich sind alle ganz zufrieden mit ihrem Leben. Sie ziehen aus ihrer Arbeit Selbstbestätigung, Würde und Stolz und haben an den kleinen Dingen im Leben ihre Freude. Sei es, die selbst gezogene Sonnenblume aus einem Keim des Vogelfutters, der Spaziergang mit der Familie oder die Hoffnung auf einen Gewinn beim Bingo. Träume haben sie alle, und wer weiß, vielleicht sind Tatjana, Gerti und Monika letztendlich glücklicher mit ihrem Leben, als gut bezahlte Angestellte der Mittelschicht.

Die Dokumentarfilmerin Susan Gluth hat mit Wasser und Seife das scheinbar Unmögliche bewerkstelligt: Sie hat ein sensibles Porträt von drei Frauen der Arbeiterschicht gezeichnet, das diese niemals bloßstellt, deren Würde aufrecht erhält und die zähe Energie der drei Protagonistinnen mit jedem Bild, mit jedem Ton einfängt und den Zuschauer tatsächlich fesselt. Dabei wird neben dem Einblick in den Alltag einer Wäscherei auch die Lebensgeschichte der drei Frauen erzählt und begleitet sie dabei, wenn sie sich ihr „kleines Stück vom Glück erobern“. Ein einfühlsamer Film über die unbeachteten Heldinnen der Arbeit, ohne die unsere Gesellschaft ein ganzes Stück ärmer wäre.

Wasser und Seife

Was nach einem Werbeslogan für ein Kosmetikprodukt klingt, ist nichts weniger als eine dokumentarische Ode für hart schuftende und schlecht bezahlte Heldinnen der Arbeit. Im Mittelpunkt stehen Tatjana, Gerti und Monika, drei Frauen ganz unterschiedlichen Alters, und der in die Jahre gekommene Yorkshire Terrier Bonnie.
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