In die Welt

Das Wunder des Lebens

Wer es selbst einmal erlebt hat, der wird sich in diesem Film auf Anhieb wiedererkennen. Die lange Zeit der Schwangerschaft, der erste Sichtkontakt mit dem Embryo via Ultraschall, die unglaublichen Schmerzen während der Wehen und die Euphorie nach der Geburt, sie schreiben sich in den Körper und ins Gedächtnis ein und zählen wohl zu den Erlebnissen des Lebens, die man nie vergisst. In seinem Film In die Welt schildert der österreichische Filmemacher Constantin Wulff den Alltag in der Ignaz Semmelweis-Geburtsklinik der Stadt Wien und verlässt sich dabei ganz auf die ungeheure emotionale Kraft, die sich mit seinem Thema verbindet und die er mit den routinierten Arbeitsabläufen in dem Krankenhaus kontrastiert.
Drei Geburten sind es, die Wulff in seiner Beobachtung zeigt, dabei ragt vor allem eine heraus, die der Film in einer mehr als zehnminütigen Sequenz begleitet und dabei doch den nötigen Abstand bewahrt. Nebenbei erfahren wir viel von den Arbeitsabläufen, dem aufreibenden Schichtdienst des Personals , den vielen Untersuchungen und Gesprächen und von den Schicksalen, die sich hinter den Krankenakten und unzähligen Formularen verbergen. Schwangerschaft und Geburt, sie sind neben aller Emotionalität eben auch ein Verwaltungsakt.

Gerade in der Beschränkung der Mittel, im Verzicht auf Interviews, erläuternde Kommentare (die bei einem solchen Thema allerdings auch kein Mensch braucht), auf dramatisierende Musik und auf Inszenierungen der Wirklichkeit ist Constantin Wulff mit seiner sensibel beobachtenden Dokumentation ein erstaunlich präziser und leiser Film gelungen. Wenn das Drama des Lebens und des Auf-die-Welt-Kommens und die sachliche Routine der Mediziner, Krankenschwestern und Hebammen aufeinanderprallen, dann ist dies von einer Intensität und Wahrhaftigkeit, wie sie kein Spielfilm so erfassen kann. Gäbe es einen Film, den man werdenden Eltern mit auf den Weg geben sollte, dann ist es dieser. Die Emotionen stellen sich ganz von alleine ein.

Constantin Wulffs Arbeitsweise ist von den Ideen des Direct Cinema und insbesondere von der Herangehensweise Frederick Wisemans geprägt, der seit mehr als 40 Jahren mit der Filmkamera amerikanische Institutionen erforscht. „Ich glaube nicht an eine umfangreiche Recherche vor dem Drehen. Das Drehen ist die Recherche. Der Schnitt ist dann wie das Schreiben eines Buches“, so hat sich Wiseman einmal geäußert. Das Ergebnis dieser sehr offenen und flexiblen Arbeit ist zwar möglicherweise in den letzten Jahren etwas in Vergessenheit geraten, erweist sich aber gerade bei Wulffs Film als wohltuendes Kontrastprogramm zum derzeitigen Trend, Dokumentarisches immer häufiger mit den Stilmitteln des Spielfilms zu „verfeinern“.

In die Welt erhielt unter anderem den 3sat-Dokumentarfilmpreis 2008 bei der Duisburger Filmwoche und wurde als bester österreichischer Dokumentarfilm 2008/2009 mit dem Großen Preis der Diagonale Graz ausgezeichnet.

(Joachim Kurz)

In die Welt

Wer es selbst einmal erlebt hat, der wird sich in diesem Film auf Anhieb wiedererkennen. Die lange Zeit der Schwangerschaft, der erste Sichtkontakt mit dem Embryo via Ultraschall, die unglaublichen Schmerzen während der Wehen und die Euphorie nach der Geburt, sie schreiben sich in den Körper und ins Gedächtnis ein und zählen wohl zu den Erlebnissen des Lebens, die man nie vergisst.
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