Liebeslied

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Musical mit Schüttellähmung

Wenn in einem Film gesungen wird, dann geht es meistens um eine heitere, musicaltaugliche Geschichte. Nicht so in Liebeslied von Anne Høegh Krohn. Die Regisseurin erzählt von einer ernsten, unheilbaren Krankheit mit unaufhaltsam fortschreitendem Verlauf: Parkinson. Hält eine große Liebe einer solchen Bedrohung stand? Das ist die Frage, mit der sich die singende Schauspielerin Nicolette Krebitz (Bandits) und der schauspielernde Sänger Jan Plewka (von der Band Selig) in den eigens für diesen Film geschriebenen Songs auseinandersetzen.
Dinah und Roger sind ein Paar, wie man es nur auf der Leinwand findet. Seit neun Jahren leben sie zusammen und lieben sich wie am ersten Tag. Sie haben zwei Kinder, eine nicht bezahlte Doppelhaushälfte und das Tanzen als Hobby. Das Glück könnte sich ewig so weiter drehen, wenn da nicht Rogers Hände wären, deren Zittern irgendwann nicht mehr zu verheimlichen ist.

Der Film nimmt das Krankheitsthema durchaus ernst. Das Leiden wurde seriös recherchiert. Und es gehört zu den berührendsten Szenen, wenn wir Roger quälend lange erstarrt am Straßenrand stehen sehen, total hilflos, zu keiner Bewegung fähig. Nicht nur das weithin bekannte Zittern zählt zu den Symptomen von Parkinson. Viel gravierender ist die im Film gezeigte Muskelstarre, das regelrechte Einfrieren des Körpers, mit dem Rogers Frau Dinah und die Kinder nur ganz schwer klarkommen.

Genauso ernst wie die Krankheit nimmt der Film das unterhaltsame Element der Gesangs- und Tanzeinlagen. Die sind zum Teil wie Musikclips gedreht (wenn auch in moderater Schnittfrequenz): für sich stehende Einheiten, die sich ästhetisch vom Rest des Films durch ihren künstlichen Charakter scharf abgrenzen. Da fliegen die Körper durch den blauen Himmel, da steppt Roger auf einer Bühne als wäre Fred Astaire wieder auferstanden. Bei den zum Großteil selbst komponierten und getexteten Songs haben sich Nicolette Krebitz und Jan Plewka spürbar ins Zeug gelegt. Die beiden harmonieren gut und bieten ihren Fans viel für Auge und Ohr.

Das Schwierige ist nur, die zuckersüßen Szenen mit der tragischen Krankengeschichte zusammen zu bringen. Offensichtlich stand der Gedanke Pate, dass mit Musik alles leichter geht. Irgendwie müssen wir da durch, scheint sich das Paar zu denken, also Schluss mit der Tristesse und lieber mal ein paar Takte geträllert, wobei auch Zeilen wie „nur du und ich“ oder „wenn die Welt zerbricht, ich liebe dich“ den Gute-Laune-Zweck zu heiligen scheinen.

Gewiss, die Gesangseinlagen halten den Film in einer Balance, sodass das Ganze nicht zu traurig wird. Aber dieses Gleichgewicht ist ein unharmonisches, die Waagschalen passen einfach nicht zusammen. Die gezielten Anleihen beim Bollywood-Kino wirken wie ein Dementi — als wolle man verdrängen, dass man sich zwei Sekunden vorher noch beim Selbstmordversuch zugesehen hatte. Und wenn man gerade angefangen hat, sich an einem Duett der Stars zu erfreuen, macht der Film prompt ein schlechtes Gewissen: Wie kann man sich nur so vergnügen, wenn es dem Helden so dreckig geht? Da sehnt man sich nach Genre pur: wenn schon Musical, dann richtig.

Liebeslied

Wenn in einem Film gesungen wird, dann geht es meistens um eine heitere, musicaltaugliche Geschichte. Nicht so in „Liebeslied“ von Anne Høegh Krohn. Die Regisseurin erzählt von einer ernsten, unheilbaren Krankheit mit unaufhaltsam fortschreitendem Verlauf: Parkinson. Hält eine große Liebe einer solchen Bedrohung stand? Das ist die Frage, mit der sich die singende Schauspielerin Nicolette Krebitz (Bandits) und der schauspielernde Sänger Jan Plewka (von der Band Selig) in den eigens für diesen Film geschriebenen Songs auseinandersetzen.
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