Bruderschaft

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Eine Liebe unter Neonazis

Nacht / Außen / Ein Park: Zwei junge Männer begegnen sich, sie umstreifen einander, fast wie zwei Tiere, die sich beschnuppern, die versuchen, den anderen einzuschätzen, ob dieser ihnen gefährlich werden kann. Eine Szenerie, die trotz der Dunkelheit voller erotischer Spannung ist, die knistert und prickelt, denn schnell ahnt man, dass die beiden Männer auf der Suche nach Sex sind. Doch kurz bevor es zu einer Berührung, einem Kuss, zu Intimitäten kommt, taucht eine gröhlende Horde Neonazis aus dem Schutz der Dunkelheit auf und es wird klar, dass die ganze Szenerie ein abgekartetes Spiel war, das einzig und allein dazu diente, ein Opfer zu finden. Dennoch bleiben leise Zweifel, denn die Annäherung der beiden Männer am Anfang war so zärtlich, dass man ins Zweifeln geraten könnte, ob da nicht vielleicht doch mehr war zwischen dem Neonazi Jimmy (David Dencik) und dem Mann, der später blutend und geschunden am Boden liegen wird.
Szenenwechsel: Lars (Thure Lindhardt) ist ein junger Soldat, der sich Hoffnungen macht auf eine Beförderung zum Offizier, doch es gibt Gerüchte über eine angebliche intime Kontaktaufnahme zu einem Kameraden, die ihm diesen Traum verwehrt. Frustriert und enttäuscht quittiert er den Dienst und sucht Trost im Kreis von Kameraden. Bei einem dieser Abende triff er auf die beiden Neonazis Tykke (Nicolas Bro) und Jimmy, die versuchen, im Kreise der Soldaten Anhänger für ihre Gruppe zu rekrutieren. Gerade weil Lars zu erkennen gibt, dass er nicht gewillt ist, den tumben Parolen der beiden zu folgen, interessiert sich Tykke für den Ex-Soldaten, in dem er ein großes Potenzial und eine natürliche Begabung erkennt. Jimmys kleiner Bruder Patrick (Morten Holst) betrachtet den Aufstieg des Außenseiters Lars mit einigem Argwohn, der sich bestätigt, als er Lars und seinen Bruder in einer intimen Situation ertappt. Denn die beiden haben sich ineinander verliebt und führen eine Beziehung, die sie beide in ernsthafte Gefahr bringt, denn „Schwuchteln“ sind bei den Neonazis beinahe ebenso verhasst wie Ausländer und Juden.

Gleich zwei überaus schwierige Themen behandelt Nicolo Donato in seinem auf mehreren Festivals ausgezeichneten Spielfilmdebüt Bruderschaft, und so manch anderer Filmemacher hätte sich an dieser Vielschichtigkeit zweifelsohne überhoben. Der 1974 geborene Regisseur aber macht in Bruderschaft fast alles richtig. Auch dank der starken schauspielerischen Leistungen, vor allem von Thure Lindhardt und David Dencik und einer ausgeklügelten Dramaturgie, bei der die Ambivalenzen zwischen Zärtlichkeit und Brutalität in beinahe jeder Szene spürbar sind, packt Bruderschaft den Zuschauer von Beginn an und lässt ihn bis zum bitteren Ende, bei dem der Kreis sich schließt, nicht mehr los. Neben den beiden bereits erwähnten Darstellern brillieren vor allem Nicolas Bro (bekannt unter anderem aus Adams Äpfel) als schmierig-charismatischer Anführer der Gruppe und der Newcomer Morten Holst als verzweifelter und wütender Patrick, dessen Verrat am eigenen Bruder dem Filmtitel eine Doppelbödigkeit und Vielschichtigkeit gibt, die der Film zu jeder Zeit einlöst.

Nicolo Donatos Film Bruderschaft ist ein energiegeladenes und furioses Debüt aus Dänemark, das abermals zeigt, dass unser nördlicher Nachbar nicht nur durch Kunstkino à la Melancholia, sondern auch durch schonungslose Einblicke in die Befindlichkeiten der dänischen Gesellschaft zu überzeugen weiß.

Bruderschaft

Nacht / Außen / Ein Park: Zwei junge Männer begegnen sich, sie umstreifen einander, fast wie zwei Tiere, die sich beschnuppern, die versuchen, den anderen einzuschätzen, ob dieser ihnen gefährlich werden kann. Eine Szenerie, die trotz der Dunkelheit voller erotischer Spannung ist, die knistert und prickelt, denn schnell ahnt man, dass die beiden Männer auf der Suche nach Sex sind.
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