Machete

Eine Filmkritik von Florian Koch

Im Namen der Gerechtigkeit

„Das ist kein Messer. DAS ist ein Messer!“ Mit diesem Spruch sorgte einst Paul Hogan in „Crocodile Dundee“ für Furore. Vor dem monströsen Schlachter-Messer des mexikanischen Filmhelden Machete wäre der Australier aber mit Sicherheit erblasst. Der Vergleich spiegelt ganz gut die von Narbengesicht Danny Trejo gespielte Figur wieder. Sie ist „larger than life“, von Robert Rodriguez zur Helden-Karikatur überhöht. Schon seit fast 15 Jahren geistert dem Kultregisseur (From Dusk Till Dawn) die Idee eines mexikanischen Filmhelden im Kopf herum. In seinem Kinderfilm Spy Kids war Machete erstmals in einer amüsanten Nebenrolle zu bestaunen. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde der Killer mit dem Herz am rechten Fleck von Trejo verkörpert. So richtig in Aktion war Machete aber erst in Grindhouse, dem gefloppten B-Picture-Projekt von Quentin Tarantino und Robert Rodriguez. Im Fake-Trailer zwischen Planet Terror und Death Proof durfte Machete den eiskalten Racheteufel geben. Aus der lockeren Fingerübung wurde jetzt „bitterer“ Ernst. Mit dem Actionfeuerwerk Machete erfüllten sich Rodriguez und Trejo nun endlich den lange gehegten Traum von einem mexikanischen Kinohelden.
Bereits der Einstieg gibt die filmische Marschrichtung von Machete vor. In überstilisierten Brutalo-Splatterszenen zeigt Rodriguez, gemeinsam mit dem Co-Regisseur Ethan Maniquis, wie Machetes (Trejo) Familie von den Häschern des Drogenbosses Torrez (Steven Seagal) liquidiert wird. Machete, ein geheimer Ermittler der mexikanischen Bundespolizei, überlebt das Massaker schwer verletzt, aber seine Frau hat er für immer verloren. Machete flieht nach Texas, um die Gewalt hinter sich gelassen. Doch als ihm der dubiose Geschäftsmann Booth (Jeff Fahey) 150 000 Dollar für die Ermordung des demagogischen Senators McLaughlin (Robert DeNiro) anbietet, kommt Machete wieder vom neu eingeschlagenen Pfad der Tugend ab. Der lukrative Auftrag erweist sich jedoch als Falle. Ein zweiter Attentäter schießt Machete an, während dieser den Senator nur leicht verletzt. Bald erfährt Machete, was eigentlich hinter dem Anschlag steht. Hardliner McLaughlin will mit allen Mitteln unbedingt wiedergewählt werden, um seine rassistischen Gesetze gegen mexikanische Einwanderer durchzuboxen. Doch er hat seine Rechnung ohne Machete gemacht. Gemeinsam mit der Revoluzzerin Luz (Michelle Rodriguez) und dem schießwütigen Padre (Cheech Marin) organisiert er eine Bürgerwehr gegen den Senator. Dabei gerät auch die Einwanderungsbeamtin Sartana (Jessica Alba) zwischen die Fronten.

Bereits die Inhaltsangabe deutet es an; der Plot von „Machete“ ist nicht nur dünn, sondern auch äußerst krude. Aber darum geht es Rodriguez letztlich nicht, denn die absurde Handlung ist nur ein Vorwand für heftige Actionexzesse und knackige Sprüche. Und dafür hat Rodriguez mit Danny Trejo den richtigen Hauptdarsteller gefunden. Trejo, bekannt als Nebendarsteller aus mittlerweile 200 Filmen, verzieht in seiner ersten „Leading Man“-Rolle nie eine Miene, egal was für ein Tohuwabohu um ihn herum abläuft. Dieser Fels in der Brandung, kombiniert mit irrwitzigen Sensenmann-Aktionen (er benutzt einen Darm (!) zum Abseilen) und lockeren Sprüchen („Machete schreibt keine SMS“), verleiht dem Film das gewisse Etwas. Doch auch die Nebendarsteller können sich sehen lassen. DeNiro, zuletzt nicht gerade wählerisch in seinen Rollen, überzieht seine Figur herrlich zum Redneck-Reaktionär und auch Michelle Rodriguez kann wieder einmal als gewaltbereite Amazone mit ihrem Sexappeal punkten. Ganz im Gegensatz zu Jessica Alba, die pubertierende Kinogänger vielleicht mit einer freizügigen und absoulut überflüssigen Duschszene beeindruckt, nicht aber mit ihren bescheidenen mimischen Ausdrucksfähigkeiten überzeugen kann. Seagal bleibt es vorbehalten in einer der schönsten Sterbeszene der Filmgeschichte mitzuwirken, während Lindsay Lohan als dümmliches Flintenweib in einer Nebenrolle als Booths Tochter nur peinlich ist. Die üblichen Verdächtigen im Rodriguez-Filmkosmos, Cheech Marin und Tom Savini (als Killer mit eigenem Werbeclip), holen aus ihren Kurzauftritten das Beste heraus.

Für Überraschung sorgt die technische Umsetzung von Machete. Nichts ist mehr zu sehen von der trashigen Ästhetik des Fake-Trailers, die mit Rauschen, Filmkratzern, hektischen Schnitten und Zooms den B-Picture Geist des „Grindhouse“-Films entsprach. Machete ist dagegen handwerklich sauber und unspektakulär inszeniert; auf nostalgische Mätzchen verzichtet Rodriguez nahezu vollständig. Die optische „Seriösität“ setzt sich dramaturgisch fort, der Plot wird ohne viele Sprünge weitgehend geradlinig erzählt.

Bemerkenswert ist aber die politische Stoßrichtung des Projekts. Nicht nur unterschwellig, sondern sehr deutlich wird die umstrittene „immigration law“ in Arizona angesprochen, womit Polizeibeamten mehr Gesetzesbefugnisse im Aufspüren illegaler Einwanderer ermöglicht werden soll. Machete gerät in der deutlichen Kritik an dieser Initiative streckenweise fast zu einem Politpamphlet, das einem Regisseur wie Costa Gavras (Z) gefallen hätte. Diese Seriösität beißt sich dann manchmal mit dem auf Unterhaltung getrimmten Exploitation-Charakter des Films. Dennoch tut diese zusätzliche Metaebene dem Liebhaberprojekt gut, auch wenn Machete mit seinem schmalen 20 Millionen Dollar Budget und seinen Gewaltausbrüchen immer ein Fanfilm bleiben wird.

Robert Rodriguez gelingt nach seiner missglückten Predators-Produktion mit Machete endlich wieder ein unterhaltsames Splatterfest, das in den Actionszenen augenzwinkernd auf John Woos „Heroic-Bloodshed“-Filme (The Killer, Hard Boiled) anspielt. Den Machern merkt man in jeder Sekunde die Begeisterung für ihr sinnfreies Spektakel an. Und Details, wie Videoüberwachungskameras in Kreuzform als Installation, die an Nam June Paik erinnert, machen den Film auch für Freunde anspielungsreichererer Werke sehenswert.

Machete

„Das ist kein Messer. DAS ist ein Messer!“ Mit diesem Spruch sorgte einst Paul Hogan in „Crocodile Dundee“ für Furore. Vor dem monströsen Schlachter-Messer des mexikanischen Filmhelden Machete wäre der Australier aber mit Sicherheit erblasst.
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Meinungen

Caro · 09.11.2010

Habe den Film gestern gesehen.... der absolute HAMMER ! Trashig genial !

jens · 11.06.2010

Ich kann es kaum erwarten, bis dieser Film endlich wirklich in die deutschen Kinos kommen wird. Bereits als Planet Terror auf den Markt kam und ich den alten Fake-Trailer das erste Mal im Internet bewundern konnte, konnte mich "Machete" voll und ganz überzeugen. Die Story ist wunderbar trashig und die Schauspieler sind einfach perfekt besetzt!