Masken

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Donnerstag, 3. Juni 2010, ARTE, 20:15 Uhr

Am 24. Juni dieses Jahres wird er achtzig Jahre alt, der französische Filmemacher Claude Chabrol, der 2003 mit dem Europäischen Filmpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Der einstige Kritiker der legendären „Cahiers du cinéma“ und Regisseur der Nouvelle Vague der ersten Stunde bevölkert mit seinen sozialkritischen Krimis auch in hohem Alter noch die Filmwelten, wie Kommissar Bellamy / Bellamy mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle zeigt, der im letzten Jahr bei den Internationalen Filmfestspielen von Berlin uraufgeführt wurde, wo Claude Chabrol mit der Verleihung der Berlinale Kamera geehrt wurde. Der komödiantische Krimi Masken von 1986 feierte seine Premiere ebenfalls im Rahmen der Berlinale als Kandidat für den Goldenen Bären und wurde seinerzeit für die darstellerischen Qualitäten von Bernadette Lafont und Anne Brochet zweifach für den César nominiert.
In der Öffentlichkeit ist der Fernseh-Moderator Christian Legagneur (Philippe Noiret) ein Star der Szene, der mit seinem deutlich präsentierten Gutmenschentum die Show „Glück für alle“ in den Quoten-Himmel treibt. Privat allerdings residiert dieser schräge Charakter in einem luxuriösen Universum mit zwielichtigen Dienstboten einem egozentrischen Herrscher gleich. Der Journalist Roland Wolf (Robin Renucci), der Legagneur anlässlich seiner Recherchen zur Biographie des Moderators besucht, betritt damit eine skurrile Szenerie von Protagonisten, die offensichtlich alle in heimliche Umtriebe verstrickt sind. Im Trubel der Ereignisse wird deutlich, dass Legagneur offensichtlich gehörig Dreck am Stecken hat …

Rasant wie humoristisch angelegt stellt Masken eine kühl kalkulierte Abrechnung mit den doppelbödigen Inszenierungen der Unterhaltungsmaschinerie dar, die innerhalb des Zeitgeistes der 1980er Jahre ein Massenpublikum vor den Mattscheiben versammelten. Mit trügerischer Leichtigkeit erscheint hier der aalglatte Moderator – ganz hervorragend von Philippe Noiret verkörpert – als Heilsverkünder für das späte Glück von älteren Herrschaften, die sich ebenso bereitwillig wie die Zuschauer für die erfolgreiche Fernsehquote funktionalisieren lassen. Claude Chabrol entlarvt dabei den vermeintlichen Showmaster-Saubermann als gerissenes Aas, doch das ist nicht die einzige Maske, die letztlich fallen wird. Im Hinblick auf das potenzierte Aufkommen derartiger Fernsehunterhaltung in den letzten beiden Jahrzehnten vor allem im Bereich der Reality-Shows erscheint Masken mit seiner ausgeklügelten Krimi-Struktur heute so aktuell wie damals, denn die ungebrochen wirkungsvollen Strategien dieser Form der öffentlichen Inszenierung von Intimitäten finden offensichtlich nach wie vor massenhaften Anklang.

Masken

Am 24. Juni dieses Jahres wird er achtzig Jahre alt, der französische Filmemacher Claude Chabrol, der 2003 mit dem Europäischen Filmpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde.
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