Somewhere

Eine Filmkritik von Patrick Wellinski

Studie der Lethargie

Wunderschön ist bereits die erste Szene von Sofia Coppolas Somewhere: In der Wüste, im titelgebenden Irgendwo, zieht ein schwarzer Ferrari einsam seine Kreise. Zunächst fährt er unten durchs Bild. Dann verschwindet er, um nach einer Weile im oberen Teil des Bildkaders wieder zu erscheinen. Der Film zeigt das in einer langen ungeschnittenen Einstellung. Er lässt den Wagen drei, vier, fünf Mal durchs Bild fahren. Dann hält der Wagen an und der Fahrer steigt aus.
Der Fahrer ist der berühmte Schauspieler Johnny Marco (Stephen Dorff), der gerade seinen neusten Blockbuster zu Ende gedreht hat und nun seinem vollkommen entspannten Leben im berühmten Chateau Marmont Hotel in Los Angeles nachgeht. Party mit Freunden, Alkohol, wilde Autofahrten und Frauen – viele Frauen – das prägt seinen Alltag. Gerne besuchen ihn zwei Pole-Tänzerinnen, die ihre Stangen gleich selber mitbringen und aufbauen. Doch Johnny genießt das nicht. Alles läuft vor seinem gelangweilten Blick ab, als wären die ganzen Annehmlichkeiten das Langweiligste der Welt. Erst als seine 10-jährige Tochter Cleo (Elle Fanning) von ihrer Mutter vorbeigebracht wird, beginnt er seinen Alltag mit ein wenig mehr Freude zu begehen.

Wie schon ihr internationaler Durchbruch Lost in Translation ist Somewhere ein Hotelfilm geworden. Tatsächlich gibt es hier viele Momente, die an ihren bisher größten Erfolg erinnern. Coppola zeigt in leisen und wohlkomponierten Ellipsen Johnnys völlige Antriebslosigkeit: Wie er auf der Couch vorm Fernseher sitzt, langweilige Computerspiele spielt oder von seinem Bett aus die Pogo-Tänzerinnen betrachtet (und dabei einschläft). Damit trifft die Regisseurin wieder den tragikomischen Ton, der bisher nahezu alle ihrer Filme prägt. Aber Somewhere ist unter einem anderen Gesichtspunkt wesentlich interessanter. Denn seine Macherin vollzieht eine geschickte Variation ihrer bisherigen Motive.

Hotels, Schlösser, Vorstadthäuser — Sofia Coppolas Filme erzählen von Menschen, die im goldenen Käfig eingesperrt sind. Seien es die Schwestern in Virgin Suicides, Bill Murray und Scarlett Johannson in Lost in Translation oder die französische Monarchin in Marie Antoinette. Damit setzt sich die Regisseurin mit ihrem eigenen Leben auseinander. Als Tochter des großen Francis Ford Coppola aufzuwachsen, muss nicht immer leicht gewesen sein – und ist es heute bestimmt auch nicht. Zwischen Reichtum und Ruhm findet sich nur wenig Zeit für Zuneigung und familiäre Wärme. Gerade die Beziehung zu ihrem Vater, die regelmäßig auch Thema in den großen und kleinen Branchenblättern war, steht im Mittelpunkt von Somewhere.

Johnny ist alles andere als ein guter Vater für Cleo. Weder weiß er wie man kocht – schließlich lebt er in einem Hotel und dort gibt es den lebensrettenden Zimmerservice – noch, dass seine Tochter seit drei Jahre Eiskunstlaufunterricht nimmt. Dennoch protestiert er nicht, als Cleos Mutter ihm die Tochter ohne Gründe für einige Zeit übergibt. Das wirklich schöne an dieser Lethargie-Studie ist allerdings die Ruhe mit der Coppola erzählt. Sie umgeht konsequent herkömmliche dramaturgische Muster. So machen sich die Spannungen zwischen Tochter und Vater nur ganz nuanciert bemerkbar.

Johnny merkt allmählich, wie leer und einsam es um ihn herumgeworden ist; dass sein Leben sich ständig im Kreis dreht, so wie er bereits zu Beginn des Films vollkommen sinnlos durch die Wüste raste. Irgendwann ruft er Cleo zu: „Tut mir leid, dass ich nicht immer bei dir sein kann.“ Vielleicht ist das etwas, das sich Coppola selbst von ihrem Vater gewünscht hätte, vielleicht hat er es ihr aber auch schon einmal gesagt. Somewhere ist mit seinem versöhnlichen und verzeihenden Grundton der bisher persönlichste Film der Regisseurin geworden, die damit gleichzeitig zeigt, dass sie weiterhin zu den interessantesten Filmemacherinnen Hollywoods gehört.

Ganz am Ende dieses Films schließt sich der Kreis. Wieder sieht man den schwarzen Ferrari. Wieder rast er durch das Bild. Doch diesmal fährt er gerade aus.

Somewhere

Wunderschön ist bereits die erste Szene von Sofia Coppolas „Somewhere“: In der Wüste, im titelgebenden Irgendwo, zieht ein schwarzer Ferrari einsam seine Kreise. Zunächst fährt er unten durchs Bild. Dann verschwindet er, um nach einer Weile im oberen Teil des Bildkaders wieder zu erscheinen. Der Film zeigt das in einer langen ungeschnittenen Einstellung. Er lässt den Wagen drei, vier, fünf Mal durchs Bild fahren. Dann hält der Wagen an und der Fahrer steigt aus.
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Meinungen

Hilke · 05.03.2011

Diejenigen, die eher dialogschwere Filme mit vielen Bildschnitten bevorzugen, für die kann der Film tatsächlich ein wenig langweilig erscheinen/sein. Wer sich jedoch auf den Film, die Erzählung und vor allem die Charaktere einlässt und die 90 Minuten mit ihnen geht, den erwartet ein Film, der einen noch begleitet, wenn der Nachspann bereits abgelaufen ist. Ein schöner und ruhiger Film, wie ich es von den vorherigen Filmen Sofia Copollas kenne und schätze.

Frank aus Berlin · 02.12.2010

Irgendwie langweilig, letzlich doch nicht schlecht. Aber der Hype über Frau Coppola ist mir nach diesem Film nicht verständlich...

Linda · 01.12.2010

Einfach nur langweilig.

Boris · 27.11.2010

Au weia! Schrecklich, schrecklich ist "Somewhere". Schrecklich belanglos, schrecklich bemüht und schrecklich kalt. Eigentlich eine gute Geschichte, aber leider eine Regisseurin, die versucht das Genre neu zu erfinden, wo es überhaupt nicht nötig ist. Schade, schade!

hanno · 25.11.2010

warum wird frau coppola so hochgelobt? auch "somewhere" beantwortet diese frage nicht. kopfkino ohne herz mit pseudotiefe, wie sie schon in "lost in translation" unerträglich war. langatmig, selbstverliebt, banal.

Rudi P. · 22.11.2010

Guter Film! Die Bildsprache lässt eigenen Fantasien und Erlebnissen (so vorhanden)viel Raum und begleitet dabei diese Empfindungen. Ich sehe keine Fadesse sondern die Chance mit den Filmhelden in Symbiose zu gelangen. Diese Chance sollte man wahrnehmen oder... sich einfach dem sensiblen Thema hingeben.

Stephan · 19.11.2010

Langatmig, teils einschläfernd und ohne jeglichem Spannungspunkt. Der Wendepunkt in diesem Drama läßt sich nur erahnen, wenn man es überhaupt so lange im Kinosessel aushält.

Tanja · 18.11.2010

furchtbar langweiliger Film....viel zu lange Einstellungen auf ultra langweilige Szenen. ein Luxusproblem unnötig in die Länge gezogen.

Snacki · 16.11.2010

Sehr schöne Bilder von Einsamkeit im Luxus, fotografisch sehr interessanter Film - einer den man sehr gut alleine sehen kann, erinnert auch etwas an Jim Jarmusch.
Mochte ihn, aber LOST IN TRANSLATION ging tiefer an mich heran ...

Eva · 15.11.2010

Grottenlangweilig. Ödnis pur.

Christine · 14.11.2010

Selten einen langweiligeren Film gesehen, in dem einfach so gut wie nichts passiert. Wahrscheinlich bringe ich das richtige Kunstverständnis nicht mit. Aber das so ein Leben öd sein kann, ist auch anders darzustellen als durch einen öden Film.

Hugo · 12.11.2010

Naja. Also er ist nicht schlecht. Aber im Grunde....ist es jetzt Kunst, weil 5 Minuten einfach draufgehalten wird und nichts passiert!? Kann man schon so sehen. Und kann man sich auch ansehen. Schöne Bilder, Musik und gute Schauspieler. Aber was besondewres? Nein.

@Thomas Gambke · 08.11.2010

Kann man, wenn man auf "In welchem Kino läuft dieser Film?" oder das entsprechende Icon im Kopf des Artikels klickt.

Thomas Gambke · 07.11.2010

Warum kann man im internet nicht ganz einfach sehen, wann der Film läuft ?
mfg Thomas Gambke