Four Lions

Eine Filmkritik von Florian Koch

Dschihad für Anfänger

Kommt sie oder kommt sie nicht? Lange Zeit schien es nicht ganz klar, ob die Islamisten-Satire Four Lions auch den Sprung in die deutschen Kinos schaffen würde. Vielen Verleihern erschien das Thema als zu heikel und wenig kassentauglich. Befeuert wurde diese Position auch noch mit Aussagen eines Bundestagsabgeordneten aus den Reihen der CSU. Angesichts der akuten Terrorgefahr solle man mit einem solchen Film doch kein „Öl ins Feuer“ gießen, so lautete dessen Stellungnahme. Umso schöner ist es, dass der Capelight Filmverleih am Ende Mut bewies, und die pechschwarze Komödie von Christopher Morris nach langer Wartezeit auch in Deutschland ihre Chance bekommt.
Wer hätte gedacht, dass im nordenglischen Sheffield islamistische Terrorzellen existieren. Aber die erste Sequenz von Four Lions beseitigt alle Zweifel. Da sitzt doch ein junger Mann vor der Kamera und dreht ein Bekennervideo. Gut, er muss ein wenig die Sitzposition korrigieren, aber ansonsten… Plötzlich kommt eine mahnende Stimme von außerhalb –irgendwas stimme nicht mit der Waffe. Sie sei viel zu klein, sähe nicht im Geringsten gefährlich aus. Waj (Kayvan Novak) rückt jetzt noch näher an das Objektiv heran, aber es hilft alles nichts, der Dreh muss abgebrochen werden und die Inszenierungs-Diskussion unter den vier anwesenden Möchtegern-Mujahideen ist bereits im vollen Gange.

Bereits der Prolog von Four Lions macht klar, dass es sich bei den Film-Protagonisten um Selbstmordattentäter-Amateure handelt. Omar (Riz Ahmed), der intelligenteste der Chaotentruppe, ist von der Idee des Heiligen Krieges so fasziniert, dass er mit seinem minderbemittelten Kumpel Waj sogar ein pakistanisches Terroristenlager aufsucht. Dort stellen sich die Beiden aber so tollpatschig an – eine Rakete geht hier sogar im wahrsten Sinne des Wortes nach hinten los – dass sie ganz schnell wieder die Heimreise antreten. Den Plan vom Sprengstoffanschlag verwirft Omar nach dieser Schmach allerdings nicht. Gemeinsam mit dem militant-aggressiven Konvertiten Barry (Nigel Lindsay), dem ängstlichen Bombenbastler Faisal (Adeel Akhtar) und dem Dschihad-Rapper Hassan (Arsher Ali) soll der ganz große Coup gelingen. Während Barry eine Moschee angreifen will, setzt sich am Ende doch Omar mit seiner wahnwitzigen Idee durch, den Londoner Marathon ins Visier zu nehmen.

Christopher Morris (Brass Eye) ist im britischen Fernsehen kein Unbekannter. Seine medialen Rundumschläge sind so gefürchtet wie beliebt, sein kompromissloser Witz rückt ihn in die Nähe eines Sacha Baron Cohen (Borat). Mit Four Lions inszenierte der 45-Jährige jetzt sein Spielfilm-Debüt, das prompt mit dem Fresh Blood-Award als bester Nachwuchsfilm auf dem Fantasy Filmfest 2010 ausgezeichnet wurde. Wie einst einem Charlie Chaplin (Der große Diktator) gelingt es Morris, dem Schrecken des Terrors den Satire-Spiegel vorzuhalten. Mit seinen überzeichneten Figuren und einer wahnwitzigen Situationskomik demaskiert Morris die perverse Idee des „Heiligen Kriegs“ als krankhaft-lächerlich und kann mit dieser filmischen Herangehensweise am Ende vielleicht sogar mehr erreichen als ein bedächtiges Dokudrama. Beim Dreh von Four Lions ließ sich Morris wohl von der Maxime des bewussten Zuweitgehens leiten: Da sollen Krähen als Bombenträger abgerichtet werden, nur um am Ende doch im Vogelhimmel zu landen. Oder man rennt mit hochexplosiven Inhalten in harmlos wirkenden Einkaufstaschen einfach mal so am helllichten Tag durch Sheffield. Wenn der Zuschauer glaubt, es könnte nicht mehr absurder werden, setzt Morris immer noch eine Szene obendrauf. Natürlich entstehen dabei auch ein paar Albernheiten und so mancher Witz wiederholt sich auch, aber dennoch verliert der Film bis zum bitteren Ende nichts von seiner Schärfe.

Grandios gelingt dem Regisseur vor allem die Milieuschilderung. Omar ist überhaupt kein gefrusteter, fanatischer Eigenbrötler, sondern ein freundlicher Familienmensch, der seiner Frau im Kleinbürgerhaushalt am Laptop auch noch stolz seine Terrorvideos zeigt oder dem aufgeweckten Sohnemann den König der Löwen als Gute-Nacht-Märtyrergeschichte erzählt. Diese geniale Überspitzung erhält noch zusätzliche Nahrung mit der Einführung seines Bruders. Ausgerechnet dieser strenggläubige Moslem will Omar vom Selbstmordattentat abhalten, aber scheitert dabei schon im Ansatz, wenn er nicht einmal den gleichen Raum mit der Frau seines Bruders teilen will.

Das Konzept von Four Lions würde trotz des intelligenten und spritzigen Drehbuchs nicht aufgehen, wenn in der Besetzung und in der Ästhetik entscheidende Fehler passiert wären. Aber auch hier hat Morris seine Hausaufgaben gemacht. Alle Darsteller sind typgerecht gecastet worden und spielen ihre Rollen so ernsthaft, dass sie sich nicht nur ihre Würde bewahren, sondern sogar einen gewissen Identifikationsfaktor zulassen. Das betrifft vor allem Omar, der von dem großartigen Nachwuchstalent Riz Ahmed verkörpert wird. Seine Verzweiflung an den dümmlichen Kompagnons ist durchweg nachvollziehbar, seine Intention, sich selbst und andere Unschuldige in die Luft zu sprengen, aber umso weniger. Dieser Kontrast in seinem Verhalten und in seiner Gesinnung passt auch zur beliebten Debatte, warum sich sogar intelligente Studenten für den Dschihad das Leben nehmen wollen. Ihren Höhepunkt findet die Farce in der Szene, als die Islamisten zum Anschlag nach London aufbrechen, im Auto aber zu Dancing in the Moonlight mitsingen, als stünde eine große Party an. Auch formal wählt Morris einen klugen Ansatz, indem er auf technische Spielereien wie Split-Screen oder Zeitlupen verzichtet und konsequent eine pseudo-dokumentarische Handkamera-Ästhetik durchzieht.

Four Lions hat die politische Sprengkraft des dänischen Karikaturen-Streits auf die Leinwand verfrachtet. Und Christopher Morris gelingt es dabei, den Wahnsinn eines Selbstmordattentats weder zu banalisieren noch ernsthaft zu überhöhen. Für dieses schwierige und höchst unterhaltsame Vabanquespiel gebührt dem Regisseur der allerhöchste Respekt.

Four Lions

Kommt sie oder kommt sie nicht? Lange Zeit schien es nicht ganz klar, ob die Islamisten-Satire „Four Lions“ auch den Sprung in die deutschen Kinos schaffen würde. Vielen Verleihern erschien das Thema als zu heikel und wenig kassentauglich. Befeuert wurde diese Position auch noch mit Aussagen eines Bundestagsabgeordneten aus den Reihen der CSU.
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Meinungen

Josef · 07.05.2012

Ich habe gerade den Film gesehen und ich muss sagen er ist genial. Ich würde sogar behaupten er kommt in seinem Sarkasmus an "Einer flog über´s Kuckucksnest" heran.
Dies ist wahrscheinlich der einzige Weg das fehlgeleitete Verständnis von Religion und Verteidigung von Glaubensansichten darzustellen. Manchmal sicher in Slapstickmanier aber insgesamt faszinierend beklemmend. Ein Meisterwerk !

Max · 27.04.2012

hammer film und so wie in der besprechung gesagt ganz große satiere, ganz großes kino und vorallem mega witzig

khzea · 10.01.2012

Der Film ist wirklich gut

Michaela · 24.06.2011

Wr pechschwarzen Humor liebt für den ist dieser Film PFLICHT!!!!

Christiane · 24.06.2011

Der Film ist einfach genial. Ich habe ihn bereits vor einem Jahr bei Filmfestspielen mit Origalvertonung gesehen und war damals bereits begeistert. Einer der besten Filme, die ich je gesehen habe.

indian summer · 11.06.2011

Nach den super Kritiken und dem tollen Trailer war ich im Kino dann doch von dem Film enttäuscht. Wahrscheinlich waren meine Erwartungen zu hoch und ich wußte schon zu viel von dem Film, so daß ich nicht mehr groß im Kino überrascht werden konnte. Klar gab`s im Kino noch einige gute Szenen, doch insgesamt hatte ich mir deutlich mehr erwartet.

Mitch · 08.06.2011

Grossartiger Film der absolut sehenswert ist und keiner schlecht Kritik verdient ausser vll von eingeschränkten Menschen die Sarkasmus nicht verstehen !

Aa. · 08.06.2011

Ich war enttäuscht von Four Lions. Nach all den guten Kritiken hatte ich eine intelligente Komödie erwartet. Die Blödheit der Figuren war aber so überzeichnet, dass diese für mich jedwede Glaubwürdigkeit verloren. Der Humor war aus der Abteilung Pipi, Kaka und Holzhammer. Das bisschen Sozialritik ging darin unter.

bnchn · 06.06.2011

Der Film ist großartig, wenn sich auch mM der Witz erst nach einer Weile erschließt. Dann kriegt er aber ordentlich Tempo und wandelt sich vom trashigen Schenkelklopfer-Klamauk zum zynischen sozialkritischen Film! Ich würde empfehlen, ihn unbedingt im original anzusehen, da die deutsche Synchronisation ziemliche Schwächen hat und zu sehr im "voll kraß, eh"-Tonfall verlorengeht. Unbedingt empfehlenswert!

Moritz · 21.05.2011

Ich kann mich den letzten beiden Vorrednern auf keinen Fall anschließen. Genialer Film mit viel Witz! Es lohnt sich auf jeden Fall ihn zu sehen. Allerdings hab ich ihn auch auf Deutsch gesehen, vielleicht ist das leichter verständlich als britischer Slang.

Frank aus Berlin · 16.05.2011

Nach rund 40 Minuten bin ich aus dem Kino. Ein paar kleine Lacher hatte ich zwar, mir gefiel jedoch die Orginal-Version mit Untertiteln nicht, weil mir der Slang kaum verständlich war und ich zu beschäftigt war, beim Mitlesen mitzukommen. Zudem war mir der Film, der dokumentativ rüberkam, zu inszeniert. Geschmacksache.

Kinohasi · 15.05.2011

Der Film ist total flachwitzig. Eigentlich nur dumme endlose Dialoge die gar nicht komisch sind .Bin fast eingeschlafen. Vom schwarzen englischen Humor fehlt jede Spur. Nicht wirklich lustig, ich kann den Film nicht empfehlen.

liebhaber · 07.05.2011

Habe lange nicht mehr so viel gelacht im Kino. Ich liebe tiefschwarzen britischen Humor, obwohl einem das Lachen hier schon mal im Halse stecken bleiben kann.
Terrorismus war noch nie so lustig.
Unbedingt angucken!!!

Oh-mensch · 01.05.2011

wollt den film nicht schauen, habs aber doch getan. und ich muss sagen: so was von geil :) 4 kerle die zu dumm sind für alles... hab mich da mehr pepipit vor lachen als in jedem anderen streifen.

also klare sache: wie schon erwähnt, wer diesen film geschmacklos findet, ist selbst schuld :) der rest: reingehen, lohnt sich anzuschaun

Rainer · 01.05.2011

Wer einen solchen Film geschmacklos findet, möge ihn einfach nicht angucken. Punkt.
Zum Film selbst: Einige Male bleibt einem das Lachen tatsächlich im Hals stecken. An anderen Stellen hingegen hätte Regisseur Morris ruhig noch ein bisschen zynischer sein können.
Alles in allem: Kein Film für Jedermann - glücklicherweise! An ecken-und kantenlosen Mainstreamfilmchen gibt es eh schon viel zu viele.

Jörg · 30.04.2011

Ein lustiger Film, der gleichzeitig sehr traurig ist und bei dem einem die Tränen kommen können. Unbedingt sehenswer!

Schaschel · 28.04.2011

Ich habe mir gestern den Film mit meinem Onkel zusammen angeschaut und ich muss sagen, es ist einfach nur köstlich wie die allgemeine Terroristenpanik ins lächerliche gezogen wird, überzogen, obskur und jede menge schwarzer Humor. Das alles ist es was den Film ausmacht und ich hätte es lachhaft gefunden wenn uns dieses Wunderbare Stück an Filmkunst in Deutschland verwehrt geblieben wäre.

Kunstfilmgucker · 25.04.2011

mein Highlight beim FFF2010 :-)

Sum · 25.04.2011

Sensationell!!! Einfach nur gut!

Michael · 21.04.2011

Wie geil. Wer das als antisemistische volksverhetzung (kid) betrachtet, versteht vielleicht nicht den Sinn einer Satire. Soll sie nicht vielleicht zum Nachdenken anregen und den meisten voreingenommenen bescheuerten Deutschen klar machen, das der Islam als solches keine Bedrohung ist. Mit Juden kann man das in keiner Weise vergleichen, weil wir vergleichen ja auch keine Tüten mit Dosen oder?

kid · 21.04.2011

dieser film ist sehr beleidigend! wenn da vom "0815 Moslem", der seinen Bauch mit Nägeln sonstwo hochgehen läßt, die Rede ist, kann man leider nicht mehr von satire sprechen. Was, wenn in dieser art und weise über juden gesprochen werden würde? wäare das denn immer noch satire oder antisemitische volksverhetzung?

kid · 21.04.2011

dieser film ist sehr beleidigend! wenn da vom "0815 Moslem", der seinen Bauch mit Nägeln sonstwo hochgehen läßt, die Rede ist, kann man leider nicht mehr von satire sprechen. Was, wenn in dieser art und weise über juden gesprochen werden würde? wäare das denn immer noch satire oder antisemitische volksverhetzung?

user · 21.04.2011

Der Film lief komplett an mir vorbei. Danke CSU, ihr habt mein Interesse geweckt :)

sh4rky · 21.04.2011

HI,
total genial der streifen
... ich hoffe Capelight Pictures machen für ihren mut ein vermögen und lassen die anderen arschkriecher verleiher dumm aus der wäsche gucken...

Didi · 19.04.2011

Hab ihn in der Sneak gesehen, einfach nur der Brüller!
Und die deutsche Synchro ist seeeeehr gelungen!! Durch diese Checker-Sprache ist das gleich noch mal witziger. Ich hab mir grad den Trailer auf Englisch angeschaut und fand das Britische mit arabischen Akzent jetzt nicht so lustig, dafür muss man vermutlich Muttersprachler sein. Ich kann zwar gut englisch, aber schon beim Trailer hab ich einiges von dem Genuschel nicht verstanden. Mir perönlich wäre bei der Originalfassung einiges verloren gegangen.

Dida · 18.04.2011

Also ich find der Film hat auf jeden Fall was! Gefällt mir werde mir den anschauen... ist englischer Humor :)

Herbeert · 17.04.2011

Ich werde zwei Karten kaufen und nicht ins Kino gehen. Damit unterstütze ich den Film, ohne meinen Hintern weggebombt zu bekommen. Muhhahahaha!

Hassprediger · 04.04.2011

Die Comedians und Four Lions Synchronsprecher Serdar Somuncu und Murat Topal bekennen sich zu FOUR LIONS: fourlions-film.de

schwamm · 04.04.2011

Woher wißt ihr denn von einer misslungen deutschen Synchron? Die Stimmen passen zur dramaturgischen Funktion der Rollen und sind mit Bedacht ausgewählt. Eine Synchro kann niemals geniale Originalfassungen ersetzen, sondern sie muss meist andere Wege suchen, um die Botschaft zu transportieren. Und zwar für die Mehrheit der Bevölkerung, die, anders als ihr, nicht so sprachgewandt ist, dass sie alle Feinheiten versteht. Viel Spass trotzdem in der Originalfassung....

Filmfreek · 25.03.2011

Klar das Thema ist gewagt, aber ich find den Film absolut witzig und werd ihn mir auf alle Fälle angucken. Wenn möglich natürlich im Original denn die deutsche Synchro ist wirklich misslungen.

Indigo · 15.03.2011

Die deutsche Synchronisation ist ja voll in die Hose gegangen....

franzien · 11.03.2011

Ich durfte diesen fantastischen Film letztes Jahr auf dem Fantasy Film Fest sehen und kann die ganze Diskussion darum übehaupt nicht verstehen. Der Film überspitzt das Thema Terrorismus auf herrlich amüsante und ehrliche Art und Weise. Ich habe selten so schallend gelacht. Das Leben und seine Schwierigkeiten mit Humor nehmen, ist die Devise.

tom · 06.02.2011

hoffe er kommt ungeschnitten und mit brauchbaren syncro.stimmen.

Julia · 02.02.2011

Der Film kommt am 21.April in die deutschen Kinos! STRIKE!

Sven · 30.12.2010

Na da bin ich mal gespannt, er soll in ausgesuchten Kino´s laufen. Laut "Der Spiegel" Aber leider nicht in Deutschland.

Alloshadow · 09.10.2010

wird der film jemals in die deutschen kinos kommen bzw. auf deutsch als DVD herauskommen ?