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Mit „La Boum“ hat Claude Pinoteau eine zeitlose Komödie über das Chaos des Heranwachsens geschaffen – mit der zauberhaften Sophie Marceau als Heldin und einer rundum tollen Besetzung.

La Boum – Die Fete (1980)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Something special (for now)

Spätestens seit den 1950er Jahren und dem Erfolg des US-Coming-of-Age-Dramas „…denn sie wissen nicht, was sie tun“ mit James Dean liebt es das Kino, jungen Menschen beim Erwachsenwerden zuzuschauen. In vielen Werken dominiert dabei der Klamauk. So gestalten sich etwa die ersten amourösen Erfahrungen der jugendlichen Figuren in der deutsch-israelischen „Eis am Stiel“-Reihe (1978-1988) vor allem als endloser Parcours der Peinlichkeiten, der zu einer Ansammlung vulgärer Gags führt.

Die französische Produktion La Boum aus dem Jahre 1980 widmet sich dem Thema Pubertät deutlich sensibler – und avancierte mit dieser Herangehensweise zum internationalen Genre-Klassiker, der auch heute noch voller Charme zu unterhalten vermag. Der Regisseur Claude Pinoteau (1925-2012) schrieb gemeinsam mit Danièle Thompson (Jahrgang 1942) das Drehbuch und fand in Leinwanddebütantin Sophie Marceau die perfekte Hauptdarstellerin, die mit ihrer energischen Interpretation zum Star wurde.

Erzählt wird von der 13-jährigen Vic Beretton, die mit ihren Eltern, dem Zahnarzt François (Claude Brasseur) und der Cartoon-Zeichnerin Françoise (Brigitte Fossey), von Versailles nach Paris zieht. Hier schließt sie rasch Freundschaft mit der selbstbewussten Pénélope (Sheila O’Connor) und deren Schwester Samantha (Alexandra Gonin). Sie verliebt sich zum ersten Mal – in den hübschen Mathieu (Alexandre Sterling). Der fährt Moped und will mit ihr gehen. Aber so einfach ist das natürlich nicht. Außerdem geraten François und Françoise in eine Ehekrise, nachdem zuerst er und dann sie eine Affäre beginnen. Vielleicht weiß ja die lebensfrohe Urgroßmutter Poupette (Denise Grey) Rat?

Zu den Stärken des Films gehören zweifellos die liebevoll und herrlich kantig gezeichneten Figuren. Vic und ihre Eltern sind überaus chaotische und impulsive Menschen – nicht jede Entscheidung, die sie treffen, erweist sich als allzu klug und durchdacht. Doch gerade dadurch macht es Spaß, ihnen durch die Höhen und Tiefen des Alltags zu folgen. In Vics Kosmos haben vermeintliche Banalitäten („Was soll ich bloß anziehen?“) ebenso Raum wie große, dramatische Gesten, wenn Türen zugeschlagen und hochemotionale Sätze exklamiert werden. Die Chemie zwischen der absolut hinreißenden Marceau und deren Filmeltern Brasseur und Fossey ist in jeder Szene stimmig – egal, ob gerade gelacht oder gestritten wird. Und mittendrin liefert Denise Grey als kultivierte und schlagfertige Urgroßmutter eine geniale Performance, die nicht nur dank des abenteuerlichen Fahrstils von Poupette einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Überdies gelingt es dem Film, Romantik zu erzeugen und das Gefühl von Schmetterlingen im Bauch glaubhaft zu transportieren, ohne uns dabei bitterernst vorzugaukeln, dass die 13-jährige Vic in Mathieu bereits zwangsläufig die einzig wahre Liebe ihres Lebens gefunden hat. Wenn Mathieu ihr auf einer Party einen Walkman aufsetzt und so nur für Vic der Song Reality von Richard Sanderson zu hören ist, wird das übersteigerte Empfinden im Teen-Alter wunderbar auf den Punkt gebracht. „I feel something special about you“, singt Sanderson – und genau das fühlt Vic in diesem Moment. Die Realität wird für kurze Zeit zum Traum; die Welt rings um Vic und Mathieu herum verschwimmt für ein paar magische Augenblicke. Vielleicht ist schon im nächsten Moment ein anderer Junge – etwa der geheimnisvolle Marc (Olivier Gins) – viel interessanter als Mathieu; aber das nimmt der Intensität im Hier und Jetzt des jugendlichen Daseins nichts. Kaum eine Coming-of-Age-Geschichte hat das so gut verstanden und umgesetzt wie La Boum.

La Boum – Die Fete (1980)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Zwischen Euphorie und Tränen

Wer Anfang der 1980er Jahre die ebenso wilden wie waghalsigen Zeiten der Adoleszenz absolviert hat, wird sich sicherlich – gern oder ungern – an diesen Klassiker der Teenager-Komödien erinnern, der seinerzeit für überwiegend freudige sowie einträgliche Erregung unter den Heranwachsenden sorgte: La Boum – Die Fete des französischen Regisseurs Claude Pinoteau. Der Film gilt mittlerweile als Klassiker seines Genres, dessen Erwähnung nicht selten ein bedeutsames, zwischen Begeisterung und Schmerzgrenze oszillierendes Aufjaulen bei den Vertretern der entsprechenden Generation auslöst – wohl je nach dem höchst individuellen Stand der Verarbeitung beziehungsweise Verdrängung der eigenen Pubertäts-Hochzeiten.

Sie ist dreizehn Jahre alt, gerade mit ihren Eltern Françoise (Brigitte Fossey) und François Beretton (Claude Brasseur) nach Paris gezogen und ihre Gedanken kreisen heftigst um Jungs und die ersehnte erste Liebe: Vic (Sophie Marceau) freundet sich in der neuen Schule rasch mit der auf diesem Terrain bereits erfahrenen Pénélope (Sheila O’Connor) an. Gemeinsam fiebern sie ihrer ersten großen Fete mit Schummerlicht und Schmusetanz entgegen, die bald stattfinden soll – „la boum“ soll auch für Vic die erste nähere Tuchfühlung mit dem anderen Geschlecht herbeiführen. Derweil rutscht die Ehe ihrer kräftig mit sich selbst beschäftigten Eltern in eine handfeste Krise, doch bei ihrer agilen Urgroßmutter Poupette (Denise Grey) findet das Mädchen ausreichend Verständnis und Ermutigung. Als der große Tag des Festes gekommen ist, verläuft allerdings längst nicht alles so, wie es sich Vic erhofft hat …

Dass es mit der ersten Liebe keineswegs so einfach ist, wie es erscheint, und dass sich diese Widrigkeiten auch in langen Beziehungen unaufhaltsam fortsetzen können, thematisiert La Boum – Die Fete auf ebenso sensible wie humorige Weise. Handelt es sich bei dem Film auch vorrangig um eine Teenager-Komödie mit viel Gespür für die emotionalen Welten der jungen Leute zwischen Euphorie und Tränen, sind es dennoch die Betrachtungen und Befindlichkeiten mehrerer Generationen, die hier Beachtung finden. Die damals dreizehnjährige Sophie Marceau startete mit der überzeugenden Darstellung der Hauptfigur ihre erfolgreiche Schauspielkarriere und katapultierte sich damit zum Idol schmachtender Teenager weit über die Grenzen Frankreichs hinaus. Seinerzeit ein großer Kinoerfolg, transportiert La Boum – Die Fete zwar auf charmante, heute nostalgisch anmutende Weise gelungen die Atmosphäre der frühen 1980er Jahre, doch ist Claude Pinoteau (Die Ohrfeige / La gifle, 1974, Tödliche Angst / La 7ème cible, 1984) mit diesem Film auch ein zeitloses Stück über die verwirrenden Ausprägungen pubertärer Umtriebe gelungen, das nicht zuletzt durch seine rasante Inszenierung und sein emphatisches Ensemble besticht.
 

La Boum – Die Fete (1980)

Wer Anfang der 1980er Jahre die ebenso wilden wie waghalsigen Zeiten der Adoleszenz absolviert hat, wird sich sicherlich – gern oder ungern – an diesen Klassiker der Teenager-Komödien erinnern, der seinerzeit für überwiegend freudige sowie einträgliche Erregung unter den Heranwachsenden sorgte: „La Boum – Die Fete“ des französischen Regisseurs Claude Pinoteau.

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