Beginners

Eine Filmkritik von Sebastian Wotschke

Aller Anfang ist schwer

Mike Mills, seines Zeichens (Musikvideo-)Regisseur, Drehbuchautor und Grafikdesigner, eroberte sich mit seinem Erstlingswerk Thumbsucker – Bleib wie du bist! im Jahre 2005 die Herzen der Filmliebhaber auf der ganzen Welt. Mit seiner lockeren und hochsympathischen Tragikomödie Beginners ist ihm nun ein weiteres cineastisches Juwel gelungen, das zudem von persönlichen Erfahrungen inspiriert wurde und dem Zuschauer somit einen ganz besonderen Zugang zu einer mehr als außergewöhnlichen Geschichte bietet.
Der Künstler Oliver (Ewan McGregor) ist einer von vielen Menschen, die nicht für eine Beziehung geschaffen zu sein scheinen. Sobald es bei seinen Partnerschaften ernst wurde, zog er schnell die Notbremse. Doch der Tod seines Vaters Hal (Christopher Plummer) und sein in den Jahren zuvor plötzlichen Lebenswandel, bewirkten bei Oliver ein Umdenken. Im Alter von 75 Jahren outete sich Hal als homosexuell und gewann, trotz seiner Krebserkrankung, neuen Lebensmut. Angespornt von diesen Erfahrungen, möchte Oliver mit der Schauspielerin Anna (Mélanie Laurent) alles neu und richtig machen. Doch auch wenn anfangs ihre Liebe allen früheren Ballast zu besiegen scheint, holen ihn doch bald seine alten Probleme wieder ein.

Rein handlungstechnisch bietet die Liaison zwischen den Hauptcharakteren Oliver und Anna nichts, was nicht schon unzählige Liebesfilme zuvor in aller Ausführlichkeit behandelt haben. Die ewigen Differenzen zwischen Mann und Frau, welche die Beziehungen zwischen beiden auf die Probe stellen, am Ende aber doch von der wahren Liebe besiegt werden, bergen kaum Überraschungen in sich. Und doch entpuppt sich Beginners als erfrischende Alternative zu früheren Aufarbeitungen des Kampfs zwischen den Geschlechtern- was vor allem an der raffinierten Verschränkung der beiden Handlungsstränge liegt.

Die Verbindung zum zweiten Handlungsstrang, welcher in Rückblenden erzählt wird und Hals zunächst homosexuellen Neuanfang und anschließend seinen bevorstehenden Tod thematisiert, erschließt sich nicht unmittelbar, sondern erst auf den zweiten Blick: Hal bricht kurz nach dem Tod seiner Frau aus seinem Seelengefängnis aus und fängt im späten Alter endlich so zu leben an, wie es seinen Gefühlen entspricht. Sich seinen Vater zum Vorbild nehmend, schafft es auch Oliver sich aus seinen Fesseln zu befreien und der Liebe eine Chance zu geben — auch wenn er im Gegensatz zu Hal, der ein Sklave seiner Zeit war, in der Homosexualität von der Gesellschaft nicht akzeptiert wurde, sich selbst immer Steine in den Weg gelegt hat.

Das Coming-out ist sicherlich auch schon in vielen Filmvarianten durchgespielt worden, doch geschieht es diesmal auf eine ganz besondere und zunächst absurd scheinende Art und Weise. Mit 75 Jahren, nach einem rein heterosexuellen Leben mit Frau und Kind, sich noch zu einen wahren sexuellen Neigungen zu bekennen, ist sicher keine alltägliche Geschichte und doch vom Leben selbst geschrieben.

Mike Mills Film ist ein sehr persönliches Werk, ist die Figur des Hal doch an seinen eigenen Vater angelehnt, welcher ebenfalls im hohen Alter bekannt gab, dass er schwul sei (nach erstaunlicherweise 45 Ehejahren). Was bei Mills nach eigener Auskunft sowohl Irritation als auch Bewunderung hervorrief. Mit seiner Bearbeitung dieses persönlichen Erlebnisses bietet der Regisseur dem Zuschauer einen sehr intimen Blick in sein Leben, ohne dabei aber den Unterhaltungswert zu vernachlässigen. Es geht bei Beginners aber nicht um das „Was“, sondern um das „Wie“. Leichtfüßig, amüsant, mal tragisch und durchgehend charmant, unterbrochen von kleineren visuellen Spielereien. Die Figuren erscheinen allesamt wie aus dem Leben gegriffen und erlauben damit dem Zuschauer in mehr als einer Situation ein enormes Identifikationspotenzial.

Die Charaktere können noch so gut geschrieben sein, sie benötigen sie die passenden Darsteller, um die Figuren mit Charme und Leben zu erfüllen. Mit Ewan McGregor (Trainspotting – Neue Helden, I Love You Phillip Morris) und vor allem Christopher Plummer (Das Kabinett des Dr. Parnassus, Ein russischer Sommer 12616) in den männlichen Hauptrollen braucht man sich diesbezüglich keinerlei Sorgen zu machen. Die beiden waren Mike Mills Wunschkandidaten und wurden so lange vom dem Regisseur mit persönlichen Briefen um ihre Mitwirkung gebeten, bis sie schließlich ihre Einwilligung gaben. Eine Verbindung, die sich mit zunehmender Spieldauer als äußerst gelungen erweist.

Ewan McGregor fügt mit dieser Figur eine weitere Vorzeigerolle in seine Vita von qualitativ unterschiedlichen Darstellungen hinzu. Er wird eins mit dem Hauptcharakter und bringt die unterschiedlichen Emotionen zu jeder Zeit glaubwürdig rüber. Übertroffen wird er dabei noch von Christopher Plummer, dem man den Spaß an der Sache, aber auch den tiefen Respekt vor der Figur des Hal zu jeder Zeit ansieht. Weibliche Unterstützung bekommen sie von der wieder einmal bezaubernd agierenden Mélanie Laurent, die durch Inglourious Basterds international bekannt wurde, bei dem Trubel um Christoph Waltz aber ein wenig in den Hintergrund geriet. Nach ihrem überzeugenden Auftritt in Das Konzert sollte sie aber mit Beginners endgültig bewiesen haben, wie viel Talent in ihr steckt.

Den Spagat zwischen Tragik und leichter Komik beherrscht Mike Mills wie kein Zweiter. Nach dem gefeierten Thumbsucker ist ihm mit Beginners ein Film gelungen, der seinem ersten Werk in nichts nachsteht und der Freunde des anspruchsvollen Films bezaubern wird. Den überaus sympathischen Figuren mit allen ihren Ecken und Kanten, dem sehr speziellen, aber zu Herzen gehenden Plot und der leichtfüßige Inszenierung wird man sich nicht so leicht entziehen können.

Beginners

Mike Mills, seines Zeichens (Musikvideo-)Regisseur, Drehbuchautor und Grafikdesigner, eroberte sich mit seinem Erstlingswerk „Thumbsucker – Bleib wie du bist!“ im Jahre 2005 die Herzen der Filmliebhaber auf der ganzen Welt.
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Meinungen

Mark_bln · 03.03.2012

Der lanbgweiligste und prätentiöseste Film des Jahres. Eine typische Kritiker-Kopfgeburt.

George · 07.08.2011

Hebt sich wohltuend vom Alltags-Einerlei vieler Filme ab: inhaltlich mehrschichtig, filmtechnisch überzeugend, u.a. durch ruhige Kameraführung und "flashbacks" - kein Film für Freunde seichter Unterhaltung

Amanda · 27.07.2011

Was bitte soll denn an diesem Film sehenswert sein? Nichts!

Detlef · 25.07.2011

laaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaangweilig..... reine Geldverschwendung

Jörg · 17.07.2011

Wunderbarer, sanfter Film- ein bischen wie "Die Welt der Amelie"

Martin · 30.06.2011

Die Filmbesprechung trifft das Wesen dieses Filmes sehr gut. Wer nach dem Lesen beschließt, diesen Film anzusehen, wird nicht enttäuscht sein.

Carlotta · 28.06.2011

Ein sehr berührender Liebesfilm! Witzig, lyrisch und melancholisch zugleich.
Das gab es lange nicht mehr!

Martin · 20.06.2011

Ein öder Film mit krudem Plot.
Lohnt sich nicht!

Frank aus Berlin · 17.06.2011

Ach herrje. Tolle Schauspieler, Figuren ganz gut gezeichnet, aber so zäääääh wie eine alte Schuhsohle. Bin dann doch im Kino geblieben, aber war froh als er vorbei war...

Jan · 07.06.2011

Sehr schöner Film. Originell, ziemlich lustig und auch richtig traurig. Was will man mehr vom Kinoabend.