Der Mann, der über Autos sprang

Eine Filmkritik von Stefan Otto

Zu Fuß und fast ohne Geld

In seinem schwarzen Anzug mit dem weißem Hemd sieht er aus wie ein Prediger und er schaut auch immer so beseelt drein. Er vermag über glühende Kohlen zu gehen und er weiß manchmal, was er eigentlich gar nicht wissen kann. So macht Julian den Eindruck, als könnte ihm nichts etwas anhaben und als stünde er über den Dingen. Dabei nagt doch etwas an seinem Gewissen. In der Vorstellung, über fahrende Autos springen zu können, verursachte er einen Unfall, bei dem ein Freund ums Leben kam.
Am Anfang von Der Mann, der über Autos sprang entkommt Julian der psychiatrischen Heilanstalt, die ihn seit vier Jahren beherbergt, über die Mauer. Kurz darauf fährt ihn ein Auto an: ein erstes, aber nicht allzu schwerwiegendes Hindernis auf seinem Fußmarsch von Berlin nach Tuttlingen an der jungen Donau, nicht quer, aber längs durch Deutschland.

Nick Baker Monteys, der bislang Kurzfilme drehte und zuletzt für die TV-Serie Plötzlich Papa — Einspruch abgelehnt! schrieb, hat mit Der Mann, der über Autos sprang seinen ersten Kinofilm geschrieben und auch inszeniert. Mit Robert Stadlober hat er eine adäquate Besetzung für seinen charismatischen „Wanderprediger“ gefunden. In naiver Forrest-Gump-Manier marschiert Julian 600 Kilometer weit auf verschiedenen Wegen und entlang der Straßen. Es ist seine seelische Verwundung, die ihn antreibt.

Der Berliner Brite Nick Baker Monteys hat sich Vom Gehen im Eis inspirieren lassen, von Werner Herzogs Herbstwanderung 1974, die die Genesung der erkrankten Filmhistorikerin Lotte Eisner bewirken sollte. Herzog ging damals zu Fuß von München nach Paris, „in dem sicheren Glauben, sie werde am Leben bleiben, wenn ich zu Fuß käme“, wie er später in seinem Reisebericht schrieb. Julian glaubt an die Kraft des Gehens. „Der Vater von meinem bestem Freund ist krank. Ich gehe zu ihm“, erläutert er. „Ich setze meine Energie für ihn ein mit dem Gehen.“

Viel mehr als diese Vorstellung, die konsequent umgesetzt ist, hat Der Mann, der über Autos sprang nicht zu bieten. Dem einsamen Wanderer, der erklärt, „Man muss bei der Sache bleiben“, schließen sich zwei Frauen (Jessica Schwarz, Anna Schudt) an und wochenlang folgt ihnen ein Kommissar (Martin Feifel).

Als in der Samstagabendshow Wetten, dass ..? im Dezember 2010 jener Kandidat verunglückte, der gewettet hatte, mit Powerjumpern nacheinander fünf fahrende Autos überspringen zu können, war Der Mann, der über Autos sprang bereits fertiggestellt und bei den Hofer Filmtagen gezeigt worden. Der Film von Baker Monteys enthält eine Szene, die der Show-Wette recht nahe kommt. Julian ist kein fiktiver Samuel Koch, aber jetzt, da der Film ein halbes Jahr nach dem mehr als landesweit übertragenen Unfall in die Kinos kommt, wird das Publikum Verbindungen erstellen.

Der Mann, der über Autos sprang

In seinem schwarzen Anzug mit dem weißem Hemd sieht er aus wie ein Prediger und er schaut auch immer so beseelt drein. Er vermag über glühende Kohlen zu gehen und er weiß manchmal, was er eigentlich gar nicht wissen kann. So macht Julian den Eindruck, als könnte ihm nichts etwas anhaben und als stünde er über den Dingen.
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