Rubbeldiekatz

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Fräuleinwunder mit Herrenwitzen

Der Mann ist längst zu einer festen Größe des deutschen Films geworden, zu einem Markenzeichen, das vor allem für staubtrockenen, kauzig-norddeutschen Humor steht. Und weil dem so ist, braucht er natürlich auch keinen Vornamen mehr, weswegen am Anfang während der „opening credits“ schlicht steht „ein Film von Buck“. Und damit ist dann auch klar wohin die filmische Reise geht: In das schräge Universum des Detlev Buck, dessen neuer Film Rubbeldiekatz den deutschen Kinos einen vorweihnachtlichen Besucherzustrom bescheren soll – süßer die Kassen nie klingeln. Damit der Coup gelinge, hat man mit Anika Decker just jene Drehbuchautorin für den Film gewonnen, die schon für zwei andere Komödienerfolge der letzten Jahre mitverantwortlich war – Til Schweigers Keinohrhasen und Zweiohrküken. Und damit auch darüber hinaus nichts schiefgeht, steht mit Matthias Schweighöfer der ungekrönte Star der Stunde in den deutschen Kinos vor der Kamera.
Der spielt in der Liebeskomödie den Theaterschauspieler Alexander Honk, der sich bislang eher mühsam als Charlies Tante auf kleineren Bühnen vor älterem, aber stets begeistertem Publikum die Seele aus dem Leib spielt. Eigentlich könnte das ewig so weitergehen, doch zweierlei spricht dagegen: Zum einen der dringende Wunsch seines Bruders Jürgen (Detlev Buck), der gleichzeitig als dessen Manager fungiert, der Junge möge doch ein Stückchen abbekommen vom neuen deutschen Filmwunder, dass dank Deutschem Filmförderfonds in der Hauptstadt Berlin zu spüren ist. Also wird flugs ein Vorsprechen für eine Rolle in einer großen US-amerikanischen Produktion vereinbart, dessen einziger Haken darin besteht, dass die Amis eigentlich eine Besetzung für eine weibliche Rolle suchen. Wer aber so oft wie Alex als Frau auf der Bühne stand, der kann auch locker einen Westentaschen-Tarantino täuschen — zumal der die markant-herben Gesichtszüge des „Fräuleinwunders“ als typisch deutsch und damit ideal für seinen Streifen befindet.

Schwerwiegender ist da schon das zweite Problem, mit dem sich Alexander, der immer mehr zu Alexandra wird, auseinandersetzen muss. Der weibliche Star des Nazischinkens in Zelluloid ist ausgerechnet der aufstrebende Star Sarah Voss (Alexandra Maria Lara). Und mit der hatte Alex einen aufregenden One-Night-Stand, bei dem sich der Jungmime ziemlich rettungslos in die eigentlich Unerreichbare verknallt hatte.

Zerrissen zwischen Liebesleid und den Anforderungen des schnöden Broterwerbs schlägt Alex/Alexandra alle Konkurrentinnen aus dem Feld und gewinnt sowohl das Vertrauen des spinnerten Regisseurs (Joachim Meyerhoff) als auch das von Sarah, die freilich nicht ahnt, wer da wirklich im feschen Dirndl steckt. Für Alex beginnt ein schwieriger Spagat um die Gunst der Geliebten und gegen die lauernde Gefahr der Enttarnung, die eine enorme Konventionalstrafe nach sich ziehen würde.

Eine Geschichte um einen Schauspieler, der in die Rolle einer Frau schlüpft, ist nun wahrlich kein sonderlich origineller Drehbucheinfall. Doch Sydney Pollacks Tootsie und erst recht Reinhold Schünzels Viktor und Viktoria sind lange genug vorbei, um einem vor allem jüngeren Publikum noch nachhaltig im Gedächtnis zu sein. Und Männer in Frauenkleidern, das weiß man seit jeder Weihnachtsfeier oder jeder Karnevalssitzung, sind nun einmal der Inbegriff des deutschen Humors. Allerdings, das muss man neidlos anerkennen, gibt Matthias Schweighöfer als Frau eine gute Figur ab und zeigt vor allem während eines Gesprächs in einer Bar in St.Pauli mit der Angebeteten einen derart unverschämt melancholischen Blick, dass man ihm sein Täuschungsmanöver glatt abnimmt.

Überhaupt sind die romantischen Aspekte und amourösen Verwicklungen gegenüber den komödiantischen Salven klar im Vorteil und hätte man in den Gesprächen zwischen Sarah und Alex/Alexandra den unbedingten Willen zur Witzigkeit zurückgefahren, hätte das dem Film, der ansonsten gerne mal der Zote und dem pubertären Herrenwitz frönt, gut getan.

Schön und mitunter sogar richtig witzig ist Rubbeldiekatz vor allem dann, wenn Breitseiten gegen den DFFF und das „stupid german-american money“ abgefeuert werden: Einen authentischen Nazifilm drehen wollen, aber falsche Brüste nicht von echten unterscheiden können – auf diesen prägnanten Nenner bringt Alex es selbst, als er enttarnt und achtkant vom Set gefeuert wird. Das Problem ist nur, dass der deutsche Film zumeist und auch in diesem Falle nicht sehr viel einfallsreicher ist, als die Konkurrenz aus Übersee.

Dennoch gelingen dem Film wegen einiger Figuren schöne Momente, in denen das Potenzial Bucks und das Können der Darsteller aufblitzt. Herrlich beispielsweise der verdruckste Hitler-Darsteller mit Ruhrpott-Slang (Max Giermann), der so gerne Alexandra bezirzen würde. Oder Milan Peschel als schwuler Kostümbildner mit Herz. Oder Buck selbst, der immer dann am besten ist, wenn er mutmaßlich gar nicht spielt, sondern einfach nur er Selbst ist. Es sind Miniaturen wie diese, die statt der eigentlichen Pointen wirklich Spaß machen, während Gags wie herausgefallene Plastikbrüste das Niveau unnötigerweise auf der nach unten offenen Mario-Barth-Skala ziemlich tief in den Keller befördern.

Immerhin bleibt festzuhalten, dass im Subgenre der deutschen Komödie mit Unterleibsbezug Matthias Schweighöfer gegenüber Til Schweiger die Nase klar vorne hat, auch wenn Rubbeldiekatz nur teilweise gelungen ist.

Rubbeldiekatz

Der Mann ist längst zu einer festen Größe des deutschen Films geworden, zu einem Markenzeichen, das vor allem für staubtrockenen, kauzig-norddeutschen Humor steht. Und weil dem so ist, braucht er natürlich auch keinen Vornamen mehr, weswegen am Anfang während der „opening credits“ schlicht steht „ein Film von Buck“. Und damit ist dann auch klar wohin die filmische Reise geht:
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