Yoko

Eine Filmkritik von Tim Slagman

Das Mädchen und der Yeti

Ob Hexen, Weihnachtsmänner oder Rabauken aus dem amerikanischen Süden – der deutsche Kinderfilm, so scheint es, bedient sich seit Jahren nur noch altbekannter Formeln. Fest verankert im Fördersystem, weil pädagogisch wertvoll, wagen die Autoren sich nurmehr an die Stoffe, mit denen sie nichts falsch zu machen glauben. Heraus kommen dabei durchaus unterhaltsame, handwerklich über jeden Zweifel erhabene Produktionen. Man möchte angesichts dieser Struktur beinahe von der Hollywoodisierung des Kinos für die Kleinen sprechen, hieße das nicht, all die wunderbaren Innovationen abzuwatschen, die das amerikanische Studiosystem gerade mit seinen Animationsfilmen von Toy Story über Shrek bis Wall-E hervorgebracht hat.
Ob dieser Graben sich nur mit Geld und technischem Know-how zuschütten ließe, sei dahingestellt. Der Titelheld von Franziska Buchs neuem Film Yoko jedenfalls ist ein Animatronic, eine weiß bepelzte Mischung aus liebevoll gestalteter Puppe und ferngesteuertem Roboter. Diese knuddelige Kreatur mit spitzen Ohren und entzückenden Kulleraugen stellt einen waschechten Yeti dar, der in den eisigen Höhen des Himalaya lebt und einen besonderen spirituellen Kontakt zu Mensch und Tier in seiner Umgebung pflegt. Als er den Hilferuf einer Bärendame vernimmt, macht Yoko sich auf zur Rettung – und landet im Lastwagen des geldgierigen Jägers van Sneider. Tobias Moretti gibt diesen selbst ernannten Meister der Tarnung als Muster-Fiesling: so einfallsreich in seinen Ideen wie vertrottelt in der Umsetzung, grimassierend, dreckig lachend, ständig vor sich hin fluchend – letztlich ein trauriger Clown, der, wie sein Vorbild im Zirkus, jede Menge Schadenfreude auf sich ziehen soll. Van Sneiders bester Kunde ist der schmierige Zoodirektor Kellermann (Justus von Dohnányi), ein leiser, diabolisch-kontrollierter Schreibtischtäter, der statt mit Computer und Kugelschreiber aber lieber mit ausgestopften Tieren hantiert.

Doch am Ende der langen Fahrt in wärmere Gefilde gelingt Yoko die Flucht, die ihn ins Baumhaus der jungen Pia (Jamie Bick) führt. Pia trauert noch um ihren jüngst verstorbenen Vater und möchte das süße Viech am liebsten behalten. Doch dafür muss sie Yoko nicht nur vor Schwester Marcella (Lilly Reulein) und Mutter Katja (Jessica Schwarz) verstecken, sondern auch vor Kellermann und van Sneider, der seinen besten Fang doch zu gerne wieder in die Hände kriegen möchte. Und angesichts so schillernder Bösewichter bleiben die positiv besetzten menschlichen Hauptfiguren zwangsläufig blass. Besonders Jessica Schwarz, die eine Idealmami mit großem Verständnis und einer kleinen Portion nötiger Strenge spielt, gibt das Drehbuch kaum Möglichkeiten, ihre Rolle individuell auszugestalten.

Die episodische Struktur der Handlung ist wie die gesamte Inszenierung überdeutlich auf die ganz junge Zielgruppe zugeschnitten. Auf jeden Konflikt folgt rasch die Auflösung, beinahe jeder Versuch van Sneiders, den Yeti einzufangen, endet bald in einer peinlichen, also witzigen Niederlage. Und als er Pia und Yoko doch einmal erwischt, können die beiden natürlich entkommen. Bis zur nächsten Hatz. Die Filmemacher halten das Tempo hoch und verzichten auf Abschweifungen – abgesehen von jeder Menge comic relief, die nicht nur der Bösewicht mit seinen Missgeschicken liefert, sondern auch Yokos Leidenschaft für den Hip Hop und die haarsträubenden Anstrengungen von Pia, den gefräßigen und manchmal etwas tollpatschigen Yeti vor ihrer Familie zu verbergen.

Letztlich ist Yoko ein Paradebeispiel für den harmlosen, unterhaltsamen, leidlich witzigen Kinderfilm. Der Schriftsteller Knister (bürgerlich Ludger Jochmann), auch Co-Drehbuchautor, hat nicht nur für diesen Film die Vorlage geschaffen, aus seiner Feder stammt auch die Hexe Lilli. Und Franziska Buch inszenierte zuvor unter anderem Bibi Blocksberg und das Geheimnis der blauen Eulen. Sich in der Nische ausgestellter Harmlosigkeit zu verstecken, ist aber vermutlich keine zukunftsweisende Taktik für das Kino für die Kleinen. Yoko ist ohne Zweifel kindgerecht. Aber ob er in der Lage ist, die Binsenweisheit zu verbreiten, Kinder herauszufordern heiße noch lange nicht, sie auch zu überfordern, darf bezweifelt werden.

Yoko

Ob Hexen, Weihnachtsmänner oder Rabauken aus dem amerikanischen Süden – der deutsche Kinderfilm, so scheint es, bedient sich seit Jahren nur noch altbekannter Formeln. Fest verankert im Fördersystem, weil pädagogisch wertvoll, wagen die Autoren sich nurmehr an die Stoffe, mit denen sie nichts falsch zu machen glauben. Heraus kommen dabei durchaus unterhaltsame, handwerklich über jeden Zweifel erhabene Produktionen.
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Meinungen

AnitaM. · 21.02.2012

super Film,sehr lustig,empfehlenswert.Richtig toller Familienfilm.

Antifa · 26.01.2012

Naja wie im heutigen "kindgerechten" TV. Politisch korrekt und streng zielgruppenorientiert heißt noch lange nicht lustig.

jane · 05.05.2021

der war doch nicht politik korrekt. die haben nen bären dargestellt und die message verbreiten wollen, tiere nicht einzusperren. yoko wollte den bären befreien, der tatsächlich für den film in diesem kleinen käfig gehalten wurde. den zoo fanden sie dann aber doch ok

bei dem film guckt man bei der tierausbeutung zu und die tun so, als würden sie kindern was gutes beibringen. ekelhaft fand ich das. absolut keine empfehlung.