Das verflixte 3. Jahr

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die wirklich ganze Wahrheit über die Liebe

Die Philosophie des Berufszynikers – immerhin ist der Mann (Literatur)Kritiker – Marc (Gaspard Proust) über die Liebe ist ganz einfach: Im ersten Jahr schafft man sich Möbel an, im zweiten stellt man sie auf und im dritten teilt man sie auf, weil dann die Liebe schon wieder vorbei ist. Das klingt als Theorie schön griffig, doch das Dumme ist, dass Marc sich das nicht ausgedacht, sondern am eigenen Leib erfahren hat. Und so lernen wir ihn just in solch einer Situation kennen – sitzen gelassen, enttäuscht von den Frauen und doch selbst schuld an all dem Unheil, das ihm widerfährt, weil sein Verhalten die Scheidung mit befördert hat. Und – ja, das vergisst der Schreiberling selbst gerne – auch seine Affäre mit Alice (Louise Bourgoin), der Frau seines Cousins, war möglicherweise nicht ganz schuldlos am Scheitern seiner Ehe.
Doch was scheren einen ausgebufften Jammerlappen vor dem Herrn schnöde Schuldfragen, wenn die (Damen)Welt sich doch so offensichtlich gegen einen verschworen hat, dass man es ihr (und dem männlichen Teil der Romantik-Fraktion) mit einem geharnischten Pamphlet gegen die ewige Liebe für die die Libertinage heimzahlen muss. Als das Buch mit dem Titel „Die Liebe dauert drei Jahre“ beinahe gegen den Willen des Autors (und gegen die Erwartungen seiner Verlegerin) zu einem Bestseller wird, kann sich Marc vor Literaturgroupies und Geld kaum mehr retten. Die Freude darüber ist allerdings nicht ganz so groß, wie sie sein könnte, denn gerade scheint sich die Beziehung zu Alice zu vertiefen. Und sollte diese erfahren, dass ausgerechnet Marc der Verfasser dieses machistischen Schunds ist, könnte dessen neue „Liebe“ (wobei er dies natürlich nie so nennen würde) bereits lange vor Ablauf der Dreijahresfrist zu Ende sein.

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (selbst)“, scheint das insgeheime Motto Frédéric Beigbeders gewesen zu sein, der hier erstmals selbst auf dem Regiestuhl Platz nahm. Weil der ausgebuffte Ex-Werbeprofi Beigbeder und Autor von 39,90 neben Michel Houellebeq zu den genialen und durchaus auch etwas egomanischen Selbstvermarktern der französischen Literatur zählt, wimmelt es in dem Film nur so an Querverweisen auf den Urheber dieser Anti-RomCom, die trotz der Ernsthaftigkeit des Themas sommerlich leicht, aber niemals banal daherkommt: Da bekommt die Hauptperson just jenen Literaturpreis verliehen, den Beigbeder selbst ins Leben rief (den Prix de Flore), während der Regisseur und Autor sich selbst in einer Werbeeinblendung gar den Literaturnobelpreis 2012 überreicht. Zu ernst sollte man solche Anflüge von Selbstreferentialität und Größenwahn aber nicht nehmen. Denn neben allen Spielereien und populärintellektuellem Mackertum atmet der Film eine solch ausgeprägte Selbstironie, dass die Ego-Show des Duos Marc/Beigbeder immer wieder rotzfrech gebrochen und gespiegelt wird und der Protagonist als gleichermaßen sympathischer wie arroganter Mistkerl erscheint.

Neben den zahlreichen Volten, die das Drehbuch bereithält, überzeugen in Das verflixte 3. Jahr vor allem die Darsteller, zu denen sich neben dem Rapper JoeyStarr auch der große französische Barde Michel Legrand gesellt, dessen Windmills of your mind so etwas wie das musikalische Leitmotiv dieses Filmes liefert. Erfrischender kann man von der Liebe im 21. Jahrhundert eigentlich kaum erzählen. Allerdings sollte man die Lebens- und Liebesratschläge der Hauptperson nicht allzu ernst nehmen. Sonst könnte dem sommerleichten Vergnügen eine herbstlich-stürmische Überraschung folgen.

Das verflixte 3. Jahr

Die Philosophie des Berufszynikers – immerhin ist der Mann (Literatur)Kritiker – Marc (Gaspard Proust) über die Liebe ist ganz einfach: Im ersten Jahr schafft man sich Möbel an, im zweiten stellt man sie auf und im dritten teilt man sie auf, weil dann die Liebe schon wieder vorbei ist. Das klingt als Theorie schön griffig, doch das Dumme ist, dass Marc sich das nicht ausgedacht, sondern am eigenen Leib erfahren hat.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen