Die gebrochene Lanze

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Mittwoch, 14. Dezember 2011, 3sat, 22:55 Uhr

Bei diesem Film des US-amerikanischen Regisseurs Edward Dmytryk aus dem Jahre 1954 handelt es sich gleichermaßen um einen Western und um ein komplex konstruiertes Familiendrama, das auf einer Geschichte von Philip Yordan beruht, der dafür mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Die gebrochene Lanze – im deutschsprachigen Raum auch unter dem Titel Arizona bekannt – ist eine Neuverfilmung von Blutsfeindschaft / House of Strangers von 1949 unter der Regie von Joseph L. Mankiewicz, wobei Edward Dmytryk den Stoff ins Western-Genre transferiert und ganz eigene Schwerpunkte gewählt hat.
Der Viehzüchter Matt Devereaux (Spencer Tracy) herrscht wie ein eiskalter Patriarch über seinen ansehnlichen Besitz, der sein ganzer Stolz und Lebensinhalt ist, und auch seinen Söhnen Ben (Richard Widmark), Mike (Hugh O’Brian) und Denny (Earl Holliman) gegenüber zeigt er sich eher als unnachgiebiger Boss denn als zugeneigter Vater. Das Verhältnis zu seinem jüngsten Sohn Joe (Robert Wagner), dessen Mutter (Katy Jurado) Matts zweite Frau ist und zu den Native Americans gehört, gestaltet sich weitaus verbundener, und es ist Joe, der für seinen Vater sogar ins Gefängnis geht, als dieser rechtlich in die Bredouille gerät.

Die Handlung des Films setzt ein, als Joe nach ein paar Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen wird. Der Jüngste der Devereaux-Brüder wird zum Gouverneur (E. G. Marshall) gerufen, der sich als alter Freund des inzwischen verstorbenen Matts bei den Erbschaftsangelegenheiten engagiert. Seine Brüder wollen die Ranch unter sich behalten und Joe auszahlen, der damit allerdings gar nicht einverstanden ist. In ausführlichen Rückblicken wird die tragische Geschichte seiner Brüder und seines Vaters erzählt, und auch Barbara (Jean Peters), die schöne Tochter des Gouverneurs, die Joe verehrt, spielt eine wichtige Rolle …

So komplex und vielschichtig sich die Dramaturgie von Die gebrochene Lanze auch ausnimmt, gelingt es Regisseur Edward Dmytryk doch ganz hervorragend, die unterschiedlichen Aspekte und Stränge zu einer ebenso spannenden wie bewegenden Gesamtschau zusammenzuführen. Im Niedergang der unglücklichen Familiengemeinschaft, die von den divergierenden Interessen starker Männercharaktere dominiert wird, spiegelt sich auch der Wertewandel einer ganzen Generation, dem sich Joe auch dadurch verweigert, als er zum Zeichen der Familienfehde eine Lanze auf dem Grab seines Vaters platziert. Dass Joe am Ende mit seiner Haltung doch noch sein persönliches Glück findet, zählt zu den versöhnlichen Wendungen dieses ungewöhnlichen Westerns, der die familiäre Hölle gewaltig kochen lässt.

Die gebrochene Lanze

Bei diesem Film des US-amerikanischen Regisseurs Edward Dmytryk aus dem Jahre 1954 handelt es sich gleichermaßen um einen Western und um ein komplex konstruiertes Familiendrama, das auf einer Geschichte von Philip Yordan beruht, der dafür mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Martin Zopick · 29.12.2019

Ein Western Klassiker mit Niveau. Handlung, Dialoge und Starbesetzung sind großartig und die Erzählweise ungewöhnlich: es beginnt gegen Ende der Handlung und rollt in Retros das Ganze auf bis zum Ende auf.
Der übermächtige Viehbaron Devereaux (Spencer Tracey) hat vier Söhne. Drei von einer Weißen, darunter Ben (Richard Widmark) und Joe (Robert Wagner) von einer Indianerin, der Senora (die unvergessliche Kathy Jurado). Der Alte legt sich mit den Betreibern einer Kupfermine an, die sein Wasser vergiften. Die Brüder sind sich nicht einig, wie es nach dem Tod des Vaters, den Ben verschuldet hat, weitergehen soll. Devereauxs Freund ist der Gouverneur (E.G. Marshall), der sich mit ihm anlegt, obwohl ihn der Alte zu seinem Posten verholfen hatte, weil seine Tochter Barbara (Jean Peters) sich in Joe verliebt hat.
Joe nimmt Vaters Schuld auf sich und geht für Jahre ins Gefängnis.
Ein Familiendrama erster Klasse mit rassistischen Seitenhieben und Einsichten in eine Zeit als Legalität und Justiz um Anerkennung rangen und gegen Faustrecht und Selbstjustiz ankämpfen mussten.
Der alte Devereaux versteht die Welt nicht mehr und glaubt als absoluter Patriarch über dem Gesetz zu stehen. Lieblingssohn Joe versteht den Vater, überwindet aber mit Unterstützung von Mutter und Barbara, den Symbolfiguren von Liebe und Menschlichkeit alle Widerstände. Er liefert sich mit Ben ein packendes Finale im Outback, nachdem er am Grab des Vaters den Titel des Films vollendet hatte. Der Indianer Two Moons (Eduard Franz) hilft ihm Ben zu bestrafen.
Spannung und Emotionen passen hier ausgezeichnet zu einander und das Gute siegt natürlich über das Böse. Ein schlichtes Happy End sorgt für allgemeine Zufriedenheit: Joe und Barbara am Grab von Devereaux und die Senora schaut unbeobachtet zu. Toll!