The Ambassador (2011)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Investigativer Journalismus oder was?

Es gibt Filme, die wühlen einem nicht im Kopf, sondern im Gedärm, sie drehen einem den Magen um, machen nervös und man möchte eigentlich gar nicht hinsehen. Meist stammen solche Filme aus dem Horror-Genre, oder aber es sind Filme von Mads Brügger. Knapp zwei Meter groß, dürr und mit abrasierten Haaren, bereist der dänische Journalist und Filmemacher die Welt und betreibt die mit Abstand dreisteste, egozentrischste und wahnsinnigste Art des „investigativen Journalismus“.

In seinem Erstlingswerk The Red Chapel schaffte er einen unglaublichen Coup. Mit zwei koreanisch-dänischen Komikern, einer davon ein Spastiker, bereiste er Nordkorea und drehte dort einen Dokumentarfilm über die „schlimmste Diktatur der Welt“. Der Film missbrauchte alle Beteiligten, war überladen mit einem nicht enden wollenden, gnadenlos subjektiven und manchmal gar ins Faschistische abdriftenden Off-Kommentar Brüggers – und er war vor allem eines: Das Zeugnis seiner eigenen Überheblichkeit und Eitelkeit, die Entlarvung des Filmemachers vor seiner eigenen Kamera. Und genau dies machte den Film zu einem genialen, mehrschichtigen Meisterwerk. „Wie will er das nur toppen?“, dachte man sich beim Abspann.

Das Gleiche muss auch Brügger sich gedacht haben und geht deshalb noch einen Schritt weiter. In The Ambassador benutzt er das gleiche System – Handkameras, meist versteckt, er als großer Star einer Geschichte, die er halb entdeckt und halb forciert. Dieses Mal geht es nach Afrika. Brügger verschafft sich illegal einen Diplomatenpass, reist nach Zentralafrika. Offiziell will er eine Fabrik für Streichhölzer eröffnen („um den Afrikanern zu zeigen, wie man Feuer macht“), inoffiziell versucht er in ein Geschäft mit Blutdiamanten einzusteigen, um die „dunklen Machenschaften“ aufzuzeigen. Dass er dabei kräftig selbst mithilft, Gesetze zu umgehen, Menschen zu belügen und zu betrügen, das nimmt Brügger einfach so hin. Zwischendurch streut er natürlich kameratauglich seine Bedenken ein und beteuert treuherzig, wie leid ihm all diese Menschen tun. Worauf er mit seinem Film dabei genau hinaus will, das weiß er offensichtlich selbst nicht.

Je länger man Brügger zusieht, wie er sich mehr und mehr in Machenschaften verstrickt, die er in seiner überheblichen Art für kalkulierbar hielt, desto mehr wird klar, dass Brügger tatsächlich keinerlei Ahnung hat, was er da eigentlich tut. Der Plan, das ist offensichtlich, bestand darin, durch Dreistigkeit und Angeberei mit einem Diplomatenpass so weit wie möglich in Afrikas Diamantenhehlerei einzusteigen. Doch „die Schwarzen“ sind bei Weitem nicht so dumm und hinterwäldlerisch, wie er denkt. Geschickt ziehen sie ihn immer wieder über den Tisch und bald gerät er derart in Bedrängnis, dass es ernsthaft gefährlich wird. Doch wofür genau? Brügger ist außer Stande (oder nicht willens?) ernsthaften Journalismus zu beweisen, es geht ihm letztendlich immer nur darum, andere bloßzustellen und sich selbst über sie zu erheben. Und so gerät The Ambassador zu einer unansehnlichen Farce und zu einer eindeutigen Geschichte über die Überheblichkeit der weißen, westlichen Zivilisation. Oder liegt hierin vielleicht sogar die eigentliche Intention des Filmemachers?

Das könnte man ja noch in Kauf nehmen, würde man nicht während des Sichtens dieses Filmes bemerken, dass hier auch Menschen belogen werden (die Arbeiter der Fabrik, die am Ende nie zustande kommt zum Beispiel), die ernsthaft um ihr Leben kämpfen und denen erst Hoffnung gemacht wird, um sie dann einfach sitzen und verrecken zu lassen. Wenn das alles ist, was Brügger zu bieten hat, kann man nur hoffen, dass er keine weiteren Filme macht. Dieses „Werk“ jedenfalls hinterlässt einen sehr üblen Nachgeschmack.
 

The Ambassador (2011)

Es gibt Filme, die wühlen einem nicht im Kopf, sondern im Gedärm, sie drehen einem den Magen um, machen nervös und man möchte eigentlich gar nicht hinsehen. Meist stammen solche Filme aus dem Horror-Genre, oder aber es sind Filme von Mads Brügger. Knapp zwei Meter groß, dürr und mit abrasierten Haaren, bereist der dänische Journalist und Filmemacher die Welt und betreibt die mit Abstand dreisteste, egozentrischste und wahnsinnigste Art des „investigativen Journalismus“.

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Meinungen

Don Quichote · 13.03.2012

bruggertheambassador.blogspot.com/ explains why THE AMBASSADOR is not a documentary nor a mockumentary