7 Tage in Havanna

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Stadtansichten aus Kuba

Immer wieder einmal tun sich eine Handvoll renommierter Filmemacher zusammen und machen einen Film über eine Stadt dieser Welt. Da liefen schon die verschiedensten Ansichten von Paris und New York über die Leinwand, nun ist – vor Sydney und Rio de Janeiro – Havanna an der Reihe. Mit 7 Tage in Havanna ist es auch dieses Mal dem Regisseur-Kollektiv gelungen, ein vielschichtiges Stadtportrait zu zeichnen, sich einerseits mit den Havanna-Klischees auseinanderzusetzen, andererseits aber auch ganz andere Einblicke in das Leben der kubanischen Hauptstadt zu zeigen.
Der Omnibusfilm kommt auf den ersten Blick ziemlich strukturiert daher: Er ist in sieben Teile gegliedert, spielt ganz gemäß seines Titels an sieben Tagen in Havanna, und jeder der sieben Kurzfilme – jeweils gedreht von einem anderen Regisseur – trägt seinen eigenen Titel. Letztendlich fügen sich aber alle Geschichten in ein großes Ganzes und machen deutlich, dass auch Havanna doch nur ein kleines Dorf ist, in dem man sich kennt und das Beziehungsnetz doch recht überschaubar ist.

Besonders die ersten Filme zeigen viel von dem Havanna bzw. dem Kuba, das man – auch besonders aus dem Kino – zu kennen glaubt: Havanna ist hier eine Stadt, die Fremde magisch anzieht und ihnen eine unbeschwerte Zeit des Feierns und Liebens verspricht. Und auch eine Stadt der Kunst und Künste. Touristen wie der junge Schauspieler Teddy Atkins (Josh Hutcherson, aus der Montags-Geschichte El Yuma von Benicio del Toro) werden hofiert und in das „richtige Leben“ von Havanna eingeführt.

Regisseur Emir Kusturica (gespielt von ihm selbst in der Dienstags-Geschichte Jam Session von Pablo Trapero) taucht nach seiner Krise während der Internationalen Filmfestivalspiele von Havanna mit seinem trompetenspielenden Fahrer ab und taucht während einer Jam Session am Strand auf. Hier wird das Bild des immer musik-reichen Kubas reproduziert. Und auch Cecilias Versuchung (Mittwoch) von Julio Medem spielt mit einem gängigen Kuba-Motiv, dem der Flucht nach draußen, des Auswandern-Wollens: Cecilia (Melvis Estévez) ist eine junge und hübsche Sängerin, die das große Glück sucht und kurz davor ist, einem spanischen Geschäftsmann (Daniel Brühl) zu folgen und mit ihm nach Spanien zu reisen.

Eher ‚neue‘ Kuba-Themen im Film zeigen dagegen die Geschichten Ritual (Freitag) von Gaspar Noé und Der Brunnen (Sonntag) von Laurent Cantet; und hierbei spielt das Thema Religion eine große Rolle: Aufgrund ihrer Liebe zu einer Frau wird eine Schülerin (Cristela de la Caridad Herrera) einem exorzistischen Ritual unterzogen. Und in Martas (Nathalia Amore) Wohnung steht eine Statue der Jungfrau Maria, die eigentlich Ochún, eine Göttin der afrokubanischen Santería-Religion ist. Ihr zu Ehren wird in aller Eile ein Brunnen gebaut, und alle Hausbewohner bauen mit. Und auch Mirtha aus Juan Carlos Tabíos Geschichte Bittersüß (Samstag) hat mit ihrer Torte zum Erfolg des Ehrenfestes beigetragen.

Gerade durch die letzten beiden Episoden wird deutlich, wie eng die Geschichten zusammenhängen und wie die Figuren Teil einer großen Gemeinschaft sind. Alle haben sie dieselben Probleme (so fehlt zum Beispiel immer irgendwem irgendwo ein Ei), alle haben dieselben Wünsche und Träume.

Besonders schön ist auch Tagebuch eines Neuankömmlings (Donnerstag) von Elia Suleiman, der vorstellt, wie lange und kreativ das Warten in einer lateinamerikanischen Kultur sein kann. Mit viel Ironie und eigenwilligen Bildern erzählt Suleiman seine Geschichte, die viel mit dem Stück Identität zu tun hat, das man beim Reisen entdecken kann.

Man ist versucht, jeden einzelnen Kurzfilm auseinanderzunehmen, und doch ist 7 Tage in Havanna vor allem als Ganzes ein Genuss. Der Film zeigt, dass Havanna/Kuba so vieles ist: Einiges davon kennt man schon und hat man schon gesehen, dies gehört zum allgemeinen Bild von Kuba. Vieles aber ist auch neu, spannend, faszinierend und lohnt sich, entdeckt zu werden. Interessant ist auch die Mischung der internationalen Regisseure, die für das Projekt gewonnen werden konnten: Es finden sich große Namen des spanischsprachigen Kinos ebenso wie Benicio del Toro, der seit jeher zwischen den Amerikas wandert, oder auch Größen des französischen Kinos oder Elia Suleiman aus Israel. Alle haben einen anderen Zugang zum Land und zur Stadt, alle einen anderen Erzählstil. Ein solches Patchwork kann anstrengend sein, in 7 Tage in Havanna aber funktioniert es – fabelhaft!

7 Tage in Havanna

Immer wieder einmal tun sich eine Handvoll renommierter Filmemacher zusammen und machen einen Film über eine Stadt dieser Welt. Da liefen schon die verschiedensten Ansichten von Paris und New York über die Leinwand, nun ist – vor Sydney und Rio de Janeiro – Havanna an der Reihe.
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