Der geheime Garten (1993)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Montag, 4. Juni 2012, ARTE 20:15 Uhr

Als die junge Waise Mary Lennox (Kate Maberly) aus Indien nach einer langen Seereise im Liverpooler Hafen in Großbritannien eintrifft, fällt ihre Begrüßung durch die kühle Haushälterin Mrs. Medlock (Maggie Smith) alles andere als herzlich aus, die sie zum Schloss ihres Onkels Lord Craven (John Lynch) mitnimmt, wo sie während seiner häufigen Abwesenheit die Regie übernimmt. Der Onkel, der nunmehr ihr Vormund ist und bei dem sie leben soll, nachdem ihre stets reichlich mit sich selbst beschäftigten Eltern in ihrer Wahlheimat Indien bei einem Erdbeben ums Leben kamen, ist nicht einmal erschienen und zeigt auch künftig kein Bedürfnis, Zeit mit seiner Nichte zu verbringen. So beschäftigt sich das vereinsamte Mädchen damit, das Anwesen und seine Umgebung zu erkunden, bis es auf eine verschlossene Tür trifft, die zu einem Garten führt – doch hierzu ist der Zutritt strengstens verboten. In dem gutmütigen Dickon (Andrew Knott), der auf seine ganz spezielle Weise mit Tieren kommuniziert, findet Mary einen angenehmen Gefährten, und schließlich entdeckt sie, dass auch ihr Cousin Colin (Heydon Prowse) verborgen im Schloss lebt und ein tristes Dasein im Bett fristet, da er scheinbar nicht laufen kann. Mary ist fest entschlossen, Colin in den geheimen Garten zu bringen, den sie gemeinsam mit Dickon längst zu einem ganz besonderen Zufluchtsort auserkoren hat, dessen magische Idylle wie Balsam auf verwundeten Kinderseelen wirkt …

Nach dem gleichnamigen Roman der britischen Schriftstellerin Frances Hodgson Burnett – zuvorderst berühmt durch Der kleine Lord / Little Lord Fauntleroy aus dem Jahre 1886 – hat die polnische Regisseurin Agnieszka Holland mit Der geheime Garten eine zutiefst berührende Geschichte verfilmt, die zwar aus der Perspektive von Kindern erzählt wird, aber gerade deshalb mit ihrer hintergründigen Weisheit auch ein erwachsenes Publikum zu bezaubern vermag. Die existenziellen Themen um Traumata, Traurigkeit, Freundschaft und Lebensfreude finden hier einen gleichermaßen sensiblen wie intensiven Anklang, der sich in trostlos-tristen wie auch in malerisch-märchenhaften Bildern ausdrückt. Mit einfühlsamer Emphase wird hier mit ganz wunderbaren kleinen Darstellern eine aus extremer Einsamkeit erwachsende Kinderwelt geschaffen, dessen heilsame Kraft es letztlich vermag, auch die in karger Konvention erstarrten Erwachsenen zu bewegen. Über seine Dimension als spannender, anspruchsvoller Kinderfilm hinaus bietet sich Der geheime Garten als eindringliche Parabel mit der Botschaft an, nicht zu versäumen, die häufig schlicht erscheinenden, wahrhaft wichtigen Dinge im Leben wahrzunehmen, so unwegsam das Schicksal sich auch gestalten mag.
 

Der geheime Garten (1993)

Als die junge Waise Mary Lennox (Kate Maberly) aus Indien nach einer langen Seereise im Liverpooler Hafen in Großbritannien eintrifft, fällt ihre Begrüßung durch die kühle Haushälterin Mrs. Medlock (Maggie Smith) alles andere als herzlich aus, die sie zum Schloss ihres Onkels Lord Craven (John Lynch) mitnimmt, wo sie während seiner häufigen Abwesenheit die Regie übernimmt.

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