Robot & Frank (2012)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Zukunft ist gar nicht so schlimm...

So sieht sie also aus, unsere Zukunft. Eigentlich gar nicht mal so anders als heute – wären da nicht die flüsterleisen Elektroautos, die lautlos über die Straßen gleiten und jener seltsame Haushaltsroboter, wie man ihn sonst nur von Messen mit den neuesten Trends der Elektronikindustrie kennt. Hier aber ist er Realität geworden und der wichtigste Freund von Frank (Frank Langella), der aufgrund seiner fortschreitenden Alzheimer-Demenz nicht mehr alleine bleiben sollte. Denn abgesehen von gelegentlichen Besuchen in der örtlichen Bücherei, die vor allem der attraktiven Bibliothekarin Jennifer (Susan Sarandon) gelten, lebt Frank zurückgezogen und entwickelt immer mehr Marotten wie beispielsweise jene, seine täglichen Spaziergänge stets mitten auf der Straße zu absolvieren. Weil die Tochter (Liv Tyler) aber weit weg ist und der Sohn (James Marsden) zwar reich, aber immer ein wenig knapp in der Zeit, steht plötzlich diese Blechbüchse in Franks Haus und soll ihm zur Hand gehen (und natürlich auch ein wenig aufpassen, dass Frank nicht verloren geht).

Zunächst ist Franks Widerwillen gegen den blechernen Aufpasser groß, doch dann entwickelt sich aus der anfänglichen Aversion gegen die technischen Segnungen der Jetztzeit doch keine platte Mär über den angeblichen Gegensatz von moderner Technik und dem, was Menschlichkeit ausmacht. Dazu ist der kleine Haushaltshelfer auch viel zu harmlos und einzig und allein aufs Funktionieren programmiert. Statt von der Maschine manipuliert zu werden, wie dies ein häufiger Topos der Filmgeschichte war und ist, dreht der Regisseur und Autor Jake Schreier den Spieß herum und lässt Frank die Vorteile seines Mitbewohners entdecken. Da Frank einst ein gewitzter Meisterdieb war, macht er den Roboter zum Mitwisser und Komplizen seiner Raubzüge, die ihm das Gefühl geben, doch noch im Vollbesitz seiner Geisteskräfte zu sein. Dann aber macht die wenig technikaffine Tochter, die sich sonst eher um das Elend der Welt als um ihren Vater kümmert, Station bei Frank und dreht dem metallenen Komplizen kurzerhand den Saft ab. Und dann steht auch schon die Polizei vor der Tür, denn die Einbruchsserie hat deren Aufmerksamkeit natürlich auf den früheren Meisterdieb a.D. gelenkt…

Sicher, man kann Jake Schreiers Robot & Frank einen Science Fiction nennen – weil er in der Zukunft spielt und ein Roboter darin vorkommt. Doch diese Genrebeschreibung führt auf eine falsche Fährte, die der Film nicht erfüllen kann, nicht erfüllen will. Viel eher zeichnet der sympathische Indie-Film das Bild einer ungewöhnlichen Freundschaft (sofern man das so nennen kann) nach, ist Komödie und bewegende Alzheimer-Studie zugleich, reizt den Zuschauer zum Lachen und zum Nachdenken – und das mit ganz einfachen Mitteln, mit großer Lust an der Reduktion auf das Wesentliche und mit einem herausragenden Frank Langella, dessen facettenreiches und vielschichtiges Spiel zwischen ausgebufftem Gauner und hinfälligem Greis absolut sehenswert ist.

Seine eingestreuten Weisheiten über das Altern, den Verlust des Gedächtnisses, über unser Verhältnis zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und über unsere Angst vor intelligenten Maschinen trägt der Film nicht prahlerisch vor sich her, sondern lässt diese vielmehr dezent aufblitzen, offenbart sie in Feinheiten der Figurenzeichnung und der Plotkonstruktion, deren Raffinesse sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Was Mensch und Maschine voneinander unterscheidet, sind Erinnerungen und Erwartungen – oder anders gesagt Vergangenheit und Zukunft. Weil Franks erkrankter Geist weder das eine noch das andere mehr kennt, gelingt die Annäherung zu dem freundlichen Roboter, der in gewisser Weise sein maschinelles Spiegelbild darstellt. Und wer sich ob der kleinen Siege, die Frank seinem Helfer abtrotzt, freut, verkennt, dass auch der alte Mann immer wieder zum Opfer von Manipulationen – sei es durch seinen Sohn oder durch seinen eigenen verwirrten Geist — wird.

Es sind Finten und Pointen wie diese, die den Schluss nahelegen, dass hinter der vermeintlich kleinen Geschichte vielleicht doch mehr steckt, als man es erahnt – zumal Schreier kleine Hinweise einstreut, die diese Vermutung nahelegen. Wenn beispielsweise in der Bibliothek der Roboter Mr. Darcy (ja, sogar eine kleine Reminiszenz an Jane Austen wagt dieser überaus kluge Film) seinen Dienst verrichtet und die Bücher mittels Digitalisierung allesamt verschwinden sollen, ahnt man, dass Robot & Frank vielleicht auch auf die digitalen Medien, die Denkmaschine Internet als ausgelagertes Gehirn der Menschen abzielt. Statt aber in den Chor der technophoben Zweifler einzustimmen, die der realen menschlichen Demenz gleich noch deren digitales Pendant an die Seite stellen wollen, ist Robot & Frank auch als Aufforderung zu verstehen, keine Angst vor den Maschinen der Zukunft zu haben, sondern respektlos mit ihnen umzugehen und sie bisweilen auch für die eigenen (in diesem Fall gleichwohl illegalen) Zwecke umzufunktionieren.

Und so liegt in diesem Film am Ende vor allem die tröstliche Erkenntnis, dass die Zukunft (und zwar sowohl unsere eigene und ganz persönliche als auch die große gesellschaftliche) vielleicht doch nicht so schlimm ist, wie wir es manchmal befürchten.
 

Robot & Frank (2012)

So sieht sie also aus, unsere Zukunft. Eigentlich gar nicht mal so anders als heute – wären da nicht die flüsterleisen Elektroautos, die lautlos über die Straßen gleiten und jener seltsame Haushaltsroboter, wie man ihn sonst nur von Messen mit den neuesten Trends der Elektronikindustrie kennt. Hier aber ist er Realität geworden und der wichtigste Freund von Frank (Frank Langella), der aufgrund seiner fortschreitenden Alzheimer-Demenz nicht mehr alleine bleiben sollte.

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Meinungen

vartanie · 20.11.2012

Sehr sehenswert.

Jörg · 29.10.2012

Kein weltbewegender Film