Sound of Heimat

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Wie geht es der deutschen Volksmusik?

Regionale Bodenständigkeit und Traditionsbewusstsein sind in Deutschland längst wieder gefragte Werte. Mit der Pflege von Dialekten oder dem gerade bei jungen Leuten so beliebten Besuch des Münchner Oktoberfests in Tracht demonstriert man Heimatverbundenheit jenseits des aus historischem Grund immer noch ein wenig tabuisierten Patriotismus. Der neue deutsche Heimatfilm hat die Motive des ländlichen Lebens schon gründlich entstaubt und weitgehend vom Heile-Welt-Kitsch der Nachkriegsjahre befreien können. Aber was ist mit der Volksmusik? Abseits der breiten Öffentlichkeit treten zwar vermehrt Gruppen auf, die Mundart singen oder volkstümliche mit neuen Musikelementen kombinieren. Die Fernsehnation jedoch bleibt gespalten in die Liebhaber und Verächter volkstümlicher Schlager- und Schunkellieder. Im Dokumentarfilm Sound of Heimat reist der aus Neuseeland stammende Musiker Hayden Chisholm durch Deutschland auf der Suche nach Alternativen im Umgang mit dem Volkslied.
Der Dokumentarfilmer Arne Birkenstock, der mit dem Musikjournalisten Jan Tengeler Regie bei diesem Roadmovie führte, hatte erlebt, dass man als Deutscher im Ausland manchmal gebeten wird, ein typisches Volkslied vorzusingen. Die Reaktion ist dann nicht selten betretenes Schweigen, schon wegen der Erkenntnis, dass man solche Lieder gar nicht parat hat. Auch Hayden Chisholm wunderte sich über die hierzulande verbreitete Abwehrhaltung gegenüber dieser Musik. Im Film geht er mit dem unvorbelasteten Blick des ausländischen Musikers an das Thema heran und besucht Sänger und Gruppen, die ihm erklären, was Volksmusik für sie bedeutet. Chisholm ist also auch Protagonist im Film, er berichtet aus dem Off über seine Eindrücke und spielt, singt und tanzt auf den jeweiligen örtlichen Veranstaltungen mit. Seine Präsenz vor der Kamera dient als subjektiver Leitfaden durch das ansonsten doch sehr weitgefächerte Gebiet.

Die Regisseure wählten die vorgestellten Musiker nach zwei Kriterien aus: Entweder sollten es ältere Personen sein, die Traditionen pflegen, oder junge, die die alten Lieder weiterentwickeln. Chisholms Reise beginnt in seiner Wahlheimatstadt Köln, wo der Karneval die Freude am regionalen Lied und am kollektiven Gesang hochhält. Er besucht die Kneipe „Weißer Holunder“, in der sonntags mit den Gästen gesungen wird. Die Gruppe „BamBam Babylon Bajasch“ hingegen spielt für ein jüngeres Publikum Kölschen HipHop, der unter anderem Lieder der im Dritten Reich aktiven oppositionellen „Edelweißpiraten“ aufgreift. In Bayern lernt Chisholm das Jodeln, besucht die bekannte Familie Well und den als Gegenveranstaltung zum „Musikantenstadl“ konzipierten Bamberger „Antistadl“, auf dem alternative Volksmusikgruppen auftreten.

Im Erzgebirge besucht der Neuseeländer den Bandoneonspieler Rudi Vodel, der über die Zensur der Volksmusik in der DDR erzählt. Im Vogtland lauscht er dem Leipziger „GewandhausChor“, der Lieder aus vergangenen Jahrhunderten vorträgt, wie „Ännchen von Tharau“. Die Rocksängerin Bobo verfremdet alte Weisen wie „Die Gedanken sind frei“ mit experimenteller Begleitmusik. In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald lässt sich Chisholm vom ehemaligen Häftling Wladyslaw Kożdoń erzählen, wie die Nazi-Schergen das Lied „Alle Vöglein sind schon da“ dazu benutzten, die Gefangenen zu quälen und zu demütigen. Rainer Prüß, ehemaliges Mitglied der norddeutschen Gruppe „Liederjan“, erklärt, dass die Volksmusik nach dem Krieg lange geächtet wurde, weil sie auch bei den Nazis hoch im Kurs stand.

Am Ende dieser Reise mit ihren Stippvisiten bei so unterschiedlichen Musikern wird klar, dass sie keine Bestandsaufnahme zum Thema Volksmusik liefern kann. Das macht den Film jedoch nicht weniger interessant, denn er bietet Einblicke in eine große musikalische Vielfalt und regt zum Nachdenken an, was Volksmusik alles sein könnte. Ausgespart bleiben zum Beispiel die kirchlichen Laienchöre, die ja auch nur am Rande mit dem Thema zu tun haben, oder die Musikgruppen des dörflichen Vereinslebens. Der Film konzentriert sich auf die Erkenntnis, dass Volksmusik nicht im Immergleichen erstarren muss, sondern sich als für den Gebrauch bestimmte Musik auch für die Weiterentwicklung und Erneuerung anbietet.

Sound of Heimat

Regionale Bodenständigkeit und Traditionsbewusstsein sind in Deutschland längst wieder gefragte Werte. Mit der Pflege von Dialekten oder dem gerade bei jungen Leuten so beliebten Besuch des Münchner Oktoberfests in Tracht demonstriert man Heimatverbundenheit jenseits des aus historischem Grund immer noch ein wenig tabuisierten Patriotismus.
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Meinungen

hareesh resu · 11.06.2015

Hallo
Mir gefällt das der Film Sound of heimathland.In meiner meinung nach das volk Leider sind nicht nur erregbaren sondern auch wissen über Geschichte.Ich stimme zu das Volkmusik muss die Weiterentwicklung und Erneuerung anbieten.

Lil Brownlee · 22.02.2013

Ich sehe mir den Film morgen zum dritten Mal an. Er tut mir gut!!!