Linhas de Wellington

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Die Geschichtsbücher schreibt am Ende der Gewinner

Mit einem zweieinhalbstündigen Historienschinken wartete der heutige Festivaltag in Venedig auf. Ebenfalls im Wettbewerb um die Konkurrenz der Gunst der Jury unter Vorsitz Michael Manns ist Linhas de Wellington aus Portugal. Die ersten Gedanken zum Film, die schon beim Sehen im Kopf entstehen, bilden sofort Querverbindungen zu Games of Thrones – vorausgesetzt diese Serie wäre von den Tatort-Machen produziert worden. Es ist also relativ bald klar, dass es sich hier nicht wirklich im ein Kinowerk handelt, sondern um einen dieser sonderbaren Hybride, die im Kino und im Fernsehen funktionieren wollen. Und tatsächlich es stellt sich heraus, dass es von diesem Film diverse Varianten gibt: eine mit 135 Minuten fürs Kino, eine TV- Mini Serie mit insgesamt 180 Minuten Laufzeit und einen extra für Venedig hergestellten Hybriden aus beiden anderen Versionen mit 151 Minuten. Und genau hier ist schon das Problem dieses Produktes: Es kann sich nicht entscheiden und kannibalisiert sich selbst, noch bevor man es so richtig zu Ende sehen konnte.
Das epische Werk war einst ein Projekt des großen chilenischen Regisseurs Raul Ruíz, der aber verstarb, bevor er es realisieren konnte. Diese Arbeit übernahm dann Valeria Sarmento, die Witwe und Schnittmeisterin des verstorbenen Regisseurs. Die von Ruíz für das Projekt ausgewählten Schauspieler wie John Malkovich und Catherine Deneuve blieben treu und beendeten den Film. Linhas de Wellington erzählt von der Schlacht um Portugal. Die napoleonischen Truppen marschieren in das Land ein, welches Hilfe von den Engländern unter Führung General Wellingtons erhält. Zahlenmäßig unterlegen, baut dieser im Geheimen über ein Jahr lang an Schutzwällen, die die Hauptstadt Lissabon retten sollen. Der Film spielt in den letzten Monaten vor dem Aufeinandertreffen der Truppen an den Schutzmauern. Dabei konzentriert er sich nicht auf eine Person, sondern auf ein ganzes Ensemble an Menschen, was es manchmal schwierig macht, der Geschichte zu folgen. Der Film versucht alle Arten von Beteiligten zu zeigen: Soldaten auf beiden Seiten, die Generäle, reiche Menschen, arme Menschen, Männer und auch Frauen. Doch es fällt ihm schwer, allen Protagonisten gerecht zu werden und ihre einzelnen Erzählstränge auch genügend auszubauen. So bleiben die meisten Figuren mehr oder minder schablonenhafte Charaktere, die nur hier und da beleuchtet werden und deren Einzelschicksale auf das nötigste reduziert sind. Den Strängen zu folgen wird noch schwieriger gestaltet durch die Entscheidung, dass die Erzählerstimmen ebenfalls von verschiedenen Charakteren stammen und nicht immer mit denen korrespondieren, die gerade auf der Leinwand zu sehen sind. Es wird also irgendwann zu einem dieser Ratespiele: Wer hat jetzt was und wie und wo gemacht? Und wer ist das jetzt?

Ein zweiter Punkt macht diesen Film zu einem etwas verstörenden Erlebnis: die Erzählperspektive ist eindeutig auf portugiesisch-englischer Seite und macht nur wenige lauwarme Versuche, das geschichtliche und auch menschliche Bild dieses Krieges ein wenig auszubalancieren. Dies ist zwar nicht unbedingt zu erwarten und es spricht nichts dagegen, nur eine Seite zu erzählen. Das Problem ist, dass der Film so tut als würde er es balancieren wollen, doch macht er es so schlecht, dass es alsbald zu einem Ärgernis wird.

Etwas Gutes soll jedoch auch noch gesagt werden: John Malkovich, der leider nur in ein paar Sequenzen auftritt, ist brillant als General Wellington und schafft es dem Film einen Hauch von Größe und Humor zu verleihen. Sein Monolog darüber, was jetzt eigentlich Beef Wellington ist und ob es ein Kompliment oder ein Beleidigung sei, wenn man als Namenspate für ein Gericht ausgewählt wird, ist einfach köstlich. Das ist ja immerhin schon etwas

Linhas de Wellington

Mit einem zweieinhalbstündigen Historienschinken wartete der heutige Festivaltag in Venedig auf. Ebenfalls im Wettbewerb um die Konkurrenz der Gunst der Jury unter Vorsitz Michael Manns ist „Linhas de Wellington“ aus Portugal. Die ersten Gedanken zum Film, die schon beim Sehen im Kopf entstehen, bilden sofort Querverbindungen zu „Games of Thrones“ – vorausgesetzt diese Serie wäre von den „Tatort“-Machen produziert worden.
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