Hänsel und Gretel: Hexenjäger

Eine Filmkritik von Florian Koch

Gemetzel statt Gebrüder Grimm

Bei der Suche nach Actionfilmfiguren war Hollywood noch nie zimperlich. Und so durfte Abraham Lincoln zuletzt seiner Nebentätigkeit als Vampirjäger nachgehen und ein „Schneewittchen“ in Ritterrüstung der bösen Königin den Garaus machen. Nicht weniger grobschlächtig fällt der Umgang mit dem Märchenklassiker der Gebrüder Grimm in Hänsel und Gretel: Hexenjäger aus. Aus dem bereits mehrfach verfilmten und parodierten Werk aus dem Jahre 1812 wird unter der Regie des Norwegers Tommy Wirkola ein deftiger Splatterfilm, dem es aber an der nötigen Ironie fehlt.
Dabei zollt der Prolog noch dem Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm Tribut. Kondensiert auf wenige, rasant geschnittene Minuten erzählt Wirkola, wie Hänsel (Cedric Eich) und Gretel (Alea Sophia Boudodimos) von ihren Eltern schutzlos im Wald ausgesetzt werden und bei ihrer Wanderschaft auf ein buntes, mit Süßigkeiten verziertes Pfefferkuchenhaus treffen. Und auch wenn der Film auf das Zitat „Knusper, knusper, knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen?“ verzichtet, kann man sich denken, dass dort eine bösartige Hexe haust. Und die nimmt — zum hässlichen Monster geschminkt — die Kinder dann auch gleich gefangen. Aber es kommt, wie es laut der Vorlage kommen muss: Hänsel und Gretel gelingt es, die Hexe ins Feuer zu werfen und rechtzeitig zu fliehen.

Eigentlich wäre die Geschichte von Hänsel und Gretel hiermit bereits auserzählt. Nicht so bei Wirkola. Nach wirklich liebevoll gestalteten Illustrationen der Credits springt der Film 15 Jahre in die Zukunft und zeigt was aus dem Geschwisterpaar geworden ist. Der knurrig-einsilbige Macho Hänsel (jetzt: Jeremy Renner) und seine Leder-Amazonen-Schwester Gretel (Gemma Arterton) sind zu routinierten Hexenjägern mutiert. Für Geld ziehen sie von Stadt zu Stadt, um die Kindesentführerinnen brutal mit Armbrust und Kettensäge zur Strecke zu bringen. Dabei gehen sie aber nicht wahllos vor. Erst nachdem erwiesen ist, dass es sich bei ihrem potentiellen Opfer um eine wirkliche böse Hexe handelt, schlagen sie zu. Diese Methode missfällt dem Polizisten Berringer (Peter Stormare), der junge weibliche Verdächtige bereits verbrennen lassen will, bevor ihre (Un)Tat bewiesen ist. Nichtsdestotrotz muss er sich mit Hänsel und Gretel arrangieren, denn in Augsburg sind es bereits zahlreiche Kinder, die spurlos verschwunden sind. Als die Hexenjäger bei ihrer Ermittlung im Wald auf die mächtige Muriel (Famke Janssen) stoßen, werden sie dabei mit ihren längst verdrängten Kindheitserinnerungen konfrontiert.

Zu Beginn scheint Wirkola tatsächlich ernsthaft daran interessiert, sich in seinem Schauerstück auch mit der Geschichte und Problematik von Hexenverbrennungen auseinandersetzen zu wollen. Diese spannende Thematik wird zu Gunsten vordergründiger Action- und Splatterszenen aber bald fallengelassen. In ständiger Wiederholung zeigt der für seine trashige Nazi-Zombie-Horrorkomödie Dead Snow bekannt gewordene Regisseur wie Hänsel und Gretel die Hexen mit Tricks und Geschick von ihren Besen holen und ihrem Höllenzauber gewaltsam ein Ende setzen. Dabei fließt viel Blut – kreativ inszeniert sind diese Jagdszenen aber nicht. Ähnlich schwach fällt der Einsatz der 3D-Effekte aus. Bis auf wenige rasante Flugszenen wird der Raum für eine dreidimensionale Projektion kaum genutzt.

Fehlende Inspiration setzt sich in der Figurenzeichnung fort. Jeremy Renner, der Hänsel und Gretel: Hexenjäger vor den großen Hollywood-Filmen Das Bourne Vermächtnis und Marvel’s The Avengers abdrehte, bleibt in seiner Rolle des harten Burschen völlig konturlos. Mehr als Sprüche wie „Don’t eat the fucking candy!“, die immerhin ironisch seine Zuckerkrankheit auffangen, hat Hänsel nicht zu bieten. Auch eine Liebesgeschichte mit einem gemeinsamen Wald-Dampfbad als Höhepunkt wirkt eher aufgesetzt. Ähnlich wenig zu tun hat Gemma Arterton. Ihre Figur ist zwar etwas einfühlsamer angelegt, aber die Britin bleibt wie in Prince of Persia dennoch auf ihre äußeren Reize festgelegt. Immerhin platziert Wirkola in ihrem Umfeld zwei originelle Nebenfiguren, die die Sterilität des vorhersehbaren Actionfilms etwas auffangen. Da wäre zum einen ein pfiffiger Junge, der sich nicht nur als wahrer Hänsel-und-Gretel-Edelfan outet, sondern alles von den beiden sammelt und deshalb als kleine Hommage an die Gebrüder Grimm zu verstehen ist. Zum anderen erfreut ein Naturheilkunde-Troll als Gehilfe der eindimensional bösen Hexe Muriel. Seine Wandlung zum liebevoll-knurrenden Sidekick erinnert aber natürlich an Chewbacca aus der Star Wars-Reihe.

Hänsel und Gretel: Hexenjäger bleibt am Ende ein seelenloser, lieblos erzählter, 50 Millionen Dollar teurer Actionfilm für den schnellen Fast-Food-Kino-Genuss. Schade um die detailgenauen Kulissen, die in Babelsberg aufgebaut wurden, um ein glaubwürdiges Augsburg (inklusive Rainer Bock als Bürgermeister) zu imitieren. Leider weiß der Film genau wie mit der 200 Jahre alten Vorlage einfach zu wenig anzufangen.

Hänsel und Gretel: Hexenjäger

Bei der Suche nach Actionfilmfiguren war Hollywood noch nie zimperlich. Und so durfte Abraham Lincoln zuletzt seiner Nebentätigkeit als „Vampirjäger“ nachgehen und ein „Schneewittchen“ in Ritterrüstung der bösen Königin den Garaus machen. Nicht weniger grobschlächtig fällt der Umgang mit dem Märchenklassiker der Gebrüder Grimm in „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ aus.
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Meinungen

Sammenspender · 19.08.2017

Der Film ist ein Haufen scheisse

uwe · 26.03.2013

Tja das ist eben Kino heute, Hauptsache ein Film wo man nicht denken muss, einfach nur stumpf berieseln lassen.

vio · 23.03.2013

Ich weiß echt nicht, warum immer leute die kritiken schreiben, die offensichtlich nichts mit dem genre anfangen können... Sehr geiler film, für actionfans absolut empfehlenswert...

Jule · 10.03.2013

Der Film ist richtig cool ...:D

McD · 05.03.2013

Sehr geiler film^^ hätte noch etwas länger sein können und ist vllt noch etwas ausbaufähiger, aber trotzdem sehr guter film^^ kann ich nur empfehlen