Diamantenfieber - Kauf dir einen bunten Luftballon

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Kern-Kompetenz

„Der Film macht kein allzu großes Kopfzerbrechen“, sagt Peter Kern zu Diamantenfieber, „er ist eher leichte Unterhaltung.“ Und tatsächlich ist er im Gegensatz zu anderen Kern-Filmen leicht zu konsumieren — zwar mit unübersehbarem (gewolltem oder zumindest in Kauf genommenem) Trashfaktor versehen, doch lange nicht so wütend wie sonst. Kern feuert ja gerne auf alle möglichen Feinde in alle möglichen Richtungen (etwa Faschisten, Journaille, Kirche, Staat, Bigotterie); doch weil dieser filmische Amoklauf in Diamantenfieber diesmal ausbleibt, bleibt auch die Konfusion aus — und die Qual, die seine Filme mitunter für den Zuschauer sind.
Tatsächlich konnte Kern gar einen „richtigen“ Schauspieler gewinnen, einen bei Kritik wie beim Publikum hochgeachteten: Josef Hader spielt Onkel Fritz, der ein gut gehendes Diamanten-Hehler-Geschäft betreibt, mit dem er die Etepetete-Reichen Wiens ausnimmt. Gefälschte Diamanten und Diebesgut vertreibt er, und bedient sich als Kurier der Dienste des jungen Hans, selbst angehender Juwelendieb und Ernährer einer elternlosen Familie.

Dieser Hans ist die Hauptperson, und das Schicksal seiner kleinen Geschwister und der Großmutter liegt Kern am Herzen: Als eine Zustandsbeschreibung der Bürokratie, die die Menschen quält, sieht Kern seinen Film, deshalb lässt er das Jugendamt als Bedrohung auftreten, die die Kinder wegnehmen will wie der Wolf die Geißlein. Unbarmherzig, gnadenlos soll die Oma in die Klinik, die Kinder auf Pflegefamilien oder ins Heim verteilt werden — dabei haben sie sich doch alle so sehr lieb!

Klare Fronten — das ist Kerns Sache, das andere Feindbild in diesem Film. Es sind die reichen Luxusweiber (typischerweise mit einem Namen wie „Frau Schnappelbach“), die nur an sich denken — eine Welt des Reichtums, in der man ja nur verrückt werden kann. So wie Melanie, Tochter von Diamantenopfern des Onkel Fritz und Hans‘ Objekt der Begierde, die gleich zu Anfang ihren Kopf in den Gasherd steckt. Lieber wählt sie den Tod als in einem lieblosen, materialistischen Milieu aufzuwachsen.

Als gäbe es bei den gut Betuchten noch Gasherde! Sowieso ist der Film schlichtweg dilettantisch, die meisten Darsteller sind Laien und wirken eher hingestellt als wirklich in den Film integriert. Die Billigkeit dieser No-Budget-Produktion ist in jedem Bild spürbar. Aber das ist der Kern-Touch, das gehört zum Feeling des Films. Ob man dieses goutieren kann, ist eine andere Frage.

Kern ist auch dafür zu bewundern, dass er sich nicht schert um die Regeln des Filmemachens: er biegt ganz offensiv ein Happy-End hin, das in einem Off-Dialog umständlich erklärt werden muss. Dass am Ende unmotiviert und sinnlos Luftballons an einem Rollstuhl hängen, beweist, dass der Film-Untertitel „Kauf dir einen bunten Luftballon“ lange vor dem Film selbst festgestanden haben muss, weil er so gar nichts mit dem Ergebnis auf der Leinwand zu tun hat.

Anders als bei anderen Kern-Filmen ärgert man sich nicht, auch nicht stellenweise, ja: Man lacht sogar des Öfteren, und das herzlich. Wenn urplötzlich ein Bondage-Song angestimmt wird; wenn die Society-Schnepfen geschröpft werden; oder wenn aus heiterem Himmel eine alberne Pupspointe daherweht.

Diamantenfieber - Kauf dir einen bunten Luftballon

„Der Film macht kein allzu großes Kopfzerbrechen“, sagt Peter Kern zu „Diamantenfieber“, „er ist eher leichte Unterhaltung.“ Und tatsächlich ist er im Gegensatz zu anderen Kern-Filmen leicht zu konsumieren — zwar mit unübersehbarem (gewolltem oder zumindest in Kauf genommenem) Trashfaktor versehen, doch lange nicht so wütend wie sonst. Kern feuert ja gerne auf alle möglichen Feinde in alle möglichen Richtungen (etwa Faschisten, Journaille, Kirche, Staat, Bigotterie); doch weil dieser filmische Amoklauf in „Diamantenfieber“ diesmal ausbleibt, bleibt auch die Konfusion aus — und die Qual, die seine Filme mitunter für den Zuschauer sind.
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