Liebe und andere Turbulenzen

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Unlustige Romantic Comedy ohne Herz und Verstand

Dass romantische Komödien in der Regel nicht das Sahnehäubchen der Filmkunst darstellen, ist weder neu noch ein Skandal, schließlich darf es neben dem Arthaus Kino auch massentaugliche Unterhaltung geben. Erschreckend bleibt, in welche Niederungen sich dieses Genre zuweilen hineinbegibt und wie es grundsätzlich talentierte Schauspieler mit in den Abgrund reißt. Liebe und andere Turbulenzen ist ein Negativbeispiel dafür, wie man es nicht macht. Nicht mal in einer romantischen Komödie.
Kurz nachdem der in Paris lebende italienische Busfahrer Paolo (Vicenzo Amato) seiner deutschen Freundin Greta (Nora Tschirner) einen Heiratsantrag gemacht hat, begegnet ihm auf der Straße die wunderschöne Fahrradfahrerin Cécile (Louise Monot). Von ihrer engelsgleichen Aura vollkommen aus dem Konzept gebracht, fährt Paolo die attraktive Radlerin versehentlich mit seinem Bus an. Ein gebrochener Arm und ein gebrochenes Bein sind die Folgen dieses ungewöhnlichen Annäherungsversuchs. Da Cécile auf Grund der Verletzungen nicht mehr in der Lage ist, ihre beiden Kinder zu versorgen, übernimmt der verantwortungsvolle Paolo kurzerhand die Vaterrolle. Um Greta, in die er noch immer verliebt ist, nicht eifersüchtig zu machen, erfindet er eine Lüge nach der anderen. Doch Lügen haben wie immer kurze Beine.

Konzeptuell stimmt an Liebe und andere Turbulenzen leider gar nichts, denn die Geschichte von Paolo und Greta ist weder lustig noch romantisch. Nora Tschirner und Vincenzo Amato entwickeln keinerlei zwischenmenschliche Chemie, ihre angebliche Liebesbeziehung kann zu keinem Zeitpunkt überzeugen. Aber auch alle anderen Beziehungskonstellationen wirken konstruiert. Das liegt nicht an den Schauspielern, sondern am Drehbuch von Jeremy Leven, das nicht in der Lage ist, seine Figuren mit einem mehr als eindimensionalen Charakter auszustatten. Ein Beispiel für das geradezu haarsträubend unglaubwürdige Zusammenspiel einzelner Protagonisten ist die Freundschaft zwischen Greta und ihrem Kollegen Francois (Stéphane Debac). Der Pilot stellt ihren einzigen (!) Ansprechpartner in Beziehungsfragen dar, ist aber selbst angeblich ein Frauenheld sondergleichen. Neben der Frage, warum sich Greta stattdessen nicht lieber einer Freundin anvertraut, bleibt weiterhin unklar, warum Francois zu keinem Zeitpunkt versucht, die frustrierte Greta für sich zu gewinnen.

Auch der komödiantische Teil des Konzepts kann leider nicht überzeugen. Die Reaktionen auf Liebe und andere Turbulenzen reichen von Stirnrunzeln bis Fremdschämen, echte Lacher sind selten dabei. Im allgemeinen Unmut über das geradezu groteske Leinwandspektakel geht dann leider auch die kleine Handvoll guter Witze unbemerkt unter. Jeremy Leven kann weder mit spritzigen Dialogen noch mit originellen Ideen unterhalten. Deplatzierte Slapstick-Elemente wechseln sich ab mit Gesprächen, die weder inhaltlich noch formal überzeugen und schon gar nicht unterhalten können.

Zu all diesen gravierenden Schwächen gesellt sich eine katastrophale Synchronisation, die dem Film dann endlich seinen letzten Funken Glaubwürdigkeit raubt. Liebe und andere Turbulenzen wurde trotz der unterschiedlichen Sprachen seiner Protagonisten und Spielorte (Italiener und Deutsche in Paris und München) auf Englisch gedreht, wird hierzulande aber natürlich durchgehend in der deutschen Synchronfassung gezeigt. Diese jedoch verschmilzt zu keinem Zeitpunkt mit den Bildern zu einer Einheit, sondern wirkt stets wie eine separate Ebene. Grund dafür ist vor allem das Sounddesign. Die Atmo ist in einzelnen Szenen bis zur Unkenntlichkeit heruntergefahren, die Dialoge hingegen ertönen stets – unabhängig von Setting und Tageszeit — in einer Lautstärke und Klarheit, das man meint, die Synchronsprecher hätten den Film unabhängig von seiner Handlung vertont. Über all dem schwebt die Frage, warum Jeremy Levine einen derart internationalen Cast in einer derart internationalen Geschichte versammelt, nur um dann alle seine Figuren durchgehend in einer Sprache sprechen zu lassen, die nicht einmal zum Spielort Paris passt. Das Potential der Sprachenvielfalt, die in den Figuren und ihren Darstellern angelegt ist, bleibt hierdurch vollkommen ungenutzt.

Es fällt schwer zu glauben, dass Liebe und andere Turbulenzen von dem selben Regisseur stammt wie Don Juan de Marco. Im Gegensatz zu der durchaus unterhaltsamen Romanze aus den 90ern scheint hier einfach gar nichts zu stimmen. Da stützt sich jemand mit gebrochenem Arm auf seine Krücken, da hören wir Kinderstimmen aus einem Telefon bis in den Zuschauerraum, während die Frau neben dem Apparat davon nichts mitbekommt. Während ein Klischee nach dem anderen abgespult wird – Stewardessen sind alle blond, Italiener sind alle untreu – hat der Zuschauer mehr und mehr das Gefühl, mit diesem Film um 90 Minuten Lebenszeit betrogen zu werden. Liebe und andere Turbulenzen ist somit nicht mehr nur verzichtbar, sondern gar ärgerlich.

Liebe und andere Turbulenzen

Dass romantische Komödien in der Regel nicht das Sahnehäubchen der Filmkunst darstellen, ist weder neu noch ein Skandal, schließlich darf es neben dem Arthouse-Kino auch massentaugliche Unterhaltung geben. Erschreckend bleibt, in welche Niederungen sich dieses Genre zuweilen hineinbegibt und wie es grundsätzlich talentierte Schauspieler mit in den Abgrund reißt. „Liebe und andere Turbulenzen“ ist ein Negativbeispiel dafür, wie man es nicht macht. Nicht mal in einer romantischen Komödie.
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Meinungen

Klaus Fuhrmann · 10.03.2013

Danke Sophie Charlotte Rieger, Sie sprechen mir aus dem Herzen! Ihre Rezension teile ich rundum. Selten habe ich etwas so Plattes gesehen, das dann auch noch technisch und darstellerisch so katastophal rüber kam! Ich wollte an der Kinokasse mein Geld zurück, hatte aber leider keinen Erfolg. Mein Rat: Kräftig über den Film ärgern und ihn ganz schnell vergessen!