Gold - Du kannst mehr als du denkst

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Die Schranken in den Köpfen überwinden

Über 4200 Sportler nahmen an den Londoner Paralympics 2012 teil und sorgten für ein noch nie da gewesenes Zuschauerinteresse. Bei der Eröffnungsfeier hob Sir Philip Craven, der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees, die Vorbildfunktion der Athleten für eine inklusive Gesellschaft hervor. Der Dokumentarfilmer Michael Hammon porträtiert in Gold — Du kannst mehr als du denkst dieser Sportler, die sich weder von ihrer Behinderung, noch von der Umwelt haben ausbremsen lassen.
Im Juli 2011 besucht das Filmteam die vierfache Schwimmweltmeisterin Kirsten Bruhn, die im Sommer darauf in London eine Gold- und eine Silbermedaille für Deutschland holen wird. Von ihrem Wohnort in Schleswig-Holstein geht es nach Australien zu Kurt Fearnley, der mit seinem Rennrollstuhl für London trainiert. Und in Kenia besucht Hammon den blinden Marathonläufer Henry Wanyoike. In London ist die Kamera schließlich bei ausgewählten Wettkämpfen der drei Sportler dabei.

Die Einblicke in Privatleben und Alltag dieser Athleten sind voll von Entdeckungen, die auch nichtbehinderten Menschen Mut machen können, Schwierigkeiten zu überwinden. Wenn sie Sport treiben, hängen Bruhn, Fearnley und Wanyoike ihre Behinderung zeitweise ab und erleben, dass sie Menschen ohne Handicap nicht nachstehen. Dann sind sie in ihrem Element, spüren die Leistungskraft ihrer Körper und genießen die schnelle Fortbewegung. Kurt Fearnley mag es sowieso nicht, als behindert bezeichnet zu werden. Mit einer Missbildung der Wirbelsäule geboren, hat sich der Australier auf seine Art von klein auf unter Gleichaltrigen bewegt. Die Kamera begleitet ihn auf einer Wanderung, auf der er auf den Knien robbend sogar einen Bach und einen Zaun überwindet. Fearnley ist auch begeisterter Wellenreiter.

Seine beiden Sportlerkollegen hingegen lebten 20 Jahre ohne Behinderung. Dann warf sie der unerwartete Schicksalsschlag für längere Zeit aus der Bahn und raubte ihnen sämtliche Lebensfreude: „Man wacht auf und der Albtraum geht weiter“, erinnert sich Bruhn, die nach einem Motorradunfall erfuhr, dass sie querschnittsgelähmt ist. Wie mühsam es allein schon ist, zu lernen, sich aus dem Liegen aufzurichten, zeigt der Film auch: In einer Hamburger Unfallklinik trainiert ein junger Mann mit einer Physiotherapeutin, die gelähmten Beine durch gezielte Bewegungen des Oberkörpers und der Arme zu ersetzen.

Henry Wanyoike war schon als Kind ein begeisterter Läufer. Als er über Nacht erblindete, glaubte er, damit sei es nun für immer vorbei. In Kenia werden Behinderte nicht selten von ihren Familien versteckt oder begegnen draußen dem Aberglauben, sie seien mit einem Fluch belegt. Wanyoike hat Unglaubliches zu erzählen über seinen Weg aus der Depression zum angesehenen Wohltäter in seiner Heimat. Wie zur Bestätigung dafür, dass der Glaube an sich selbst positive Signale setzt, haben übrigens alle drei Sportler nichtbehinderte Lebenspartner gefunden.

Hammon, der für die Regie bei Wheels and Deals – Tödliche Geschäfte aus dem Jahr 1991 den Grimme-Preis bekam, hat eine lange Erfahrung als Kameramann, unter anderem für Andreas Dresen (Halt auf freier Strecke). Sein Team visualisiert in Gold — Du kannst mehr als du denkst, wie eng verbunden Leid und Triumph im Leben der Porträtierten sind, bis hin zu den Bildern des Glücks und der Enttäuschung in London. Ganz am Anfang des Films fliegt die Kamera über das weite Meer, wo irgendwann eine einsame Schwimmerin zu erkennen ist. Am Schluss kehrt dieses Symbol für freie Selbstverwirklichung zurück. Es war verblüffend zu erfahren, dass die Schwimmerin an Land im Rollstuhl sitzt. Und dass solche Erfolgsgeschichten Barrieren im eigenen Denken einreißen.

Gold - Du kannst mehr als du denkst

Über 4200 Sportler nahmen an den Londoner Paralympics 2012 teil und sorgten für ein noch nie da gewesenes Zuschauerinteresse. Bei der Eröffnungsfeier hob Sir Philip Craven, der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees, die Vorbildfunktion der Athleten für eine inklusive Gesellschaft hervor. Der Dokumentarfilmer Michael Hammon porträtiert in „Gold — Du kannst mehr als du denkst“ drei dieser Sportler, die sich weder von ihrer Behinderung, noch von der Umwelt haben ausbremsen lassen.
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Meinungen

Christian S. · 28.02.2013

Also ich habe den Film auf der Berlinale gesehen und der ist schon gut und gleichzeitig hatte ich das Gefühl, das ist einfach auch sehr viel inszeniert. Da joggt man an Giraffen vorbei, da jagen im Hintergrund Gnu-Herden durch's Bild, da joggt man durch den verkehrsreichsten Busbahnhof Afrikas. Dazu eine Tonkulisse, die jede Armbewegung im Wasser zum Niagarafall werden lässt.