Only Lovers Left Alive

Eine Filmkritik von Festivalkritik Cannes 2013 von Beatrice Behn

Nimm das, Twilight!

Jim Jarmusch dreht einen Vampirfilm mit Tom Hiddleston, Tilda Swinton und John Hurt. Dieser Satz allein genügt wohl schon, um die volle Aufmerksamkeit von Arthauskino-Liebhabern zu wecken. Das klingt nach einem großen Fest voll visueller Spannung, einer einmaligen Geschichte und herausragender Ästhetik — vorausgesetzt alles geht gut. Und ach, das tut es. Und wie!
Jarmuschs Only Lovers Left Alive ist eine intelligent-durchdachte, aber gleichsam auch leichte und witzige Antwort auf die jungen Glitzer- und Glamourvampire, die das Bild des Blutsaugers in den letzten Jahren geprägt haben. Wenn man sich die Filmgeschichte des Vampirs als Ganzes betrachtet, so könnte man in Bezug auf die Art, wie sie dargestellt werden, sagen, dass es wohl zwei Kategorien gibt: die gefährlichen blutsaugenden, aggressiven Vampire, die vor allem durch ihren Trieb gesteuert werden und die eher nachdenklichen, gern romantisch verklärten Wesen, die durch ihr langes Leben viel Wissen und damit auch entsprechend viel Melancholie angehäuft haben.

Die Liebhaber Eve (Tilda Swinton) und Adam (Tom Hiddleston) gehören zur letzteren Kategorie. Vor allem Adam, ein hochsensibler Musiker, tut sich schwer damit weiterhin in dieser Welt zu leben, so sehr schmerzt ihn, was die Menschen (die immer als Zombies bezeichnet werden) sich selbst und ihrer Umwelt antun. So viel Dummheit und Egoismus wie sie an den Tag legen, das ist kaum auszuhalten. So bleibt er im Untergrund, wohnt in Detroit und widmet sich seiner — wie er sie nennt — Beerdigungsmusik. Eva lebt in Tanger, zusammen mit Kit (John Hurt), der wohl besser bekannt ist als der große Poet Christopher Marlowe. Sie ist Adams Gegenteil, stets in weiß gekleidet, das Leben genießend. Ihre Unverwüstlichkeit und ihr Optimismus fehlen Adam. Während er verzweifelt, ist sie noch immer daran interessiert, wie es mit der Menschheit weiter geht. Doch das wird leider zunehmend schwieriger, denn Vampire brauchen reines Blut. Im Gegensatz zu früheren Zeiten gibt es jedoch kaum noch Vorräte, die nicht kontaminiert oder mit Krankheiten verseucht sind. Einfach mal jemanden auf der Straße vernaschen ist also nicht mehr drin. Nahrung kann nur durch große Umstände beschafft werden und die Quellen werden immer weniger. Um Adam ein wenig aufzumuntern, fliegt Eve nach Detroit und die Liebhaber vereinen sich. Doch dann taucht Eves nervige Schwester (Mia Wasikowska) auf und stört das fragile Liebeskonstrukt.

Only Lovers Left Alive nutzt die Vampirgeschichte geschickt dazu zwei (ehemalige) Menschen zu portraitieren, die die vielleicht letzten wahren Angehörigen der Bohème sind. Mit viel Feingefühl und Intelligenz gibt der Film seinen Kommentar zur heutigen Gesellschaft. Und das ist zugleich herrlich witzig und ganz schön deprimierend, denn diese Außenseiter haben einen so klaren Blick auf das Geschehen um sie, dass man sich als Zuschauer-„Zombie“ manchmal ganz schön ertappt fühlt. Doch Only Lovers Left Alive ist auch ein Film über die Liebe — die wahre, die immerwährende, die diese beiden Wesen miteinander verbindet bis in alle Ewigkeit. Gott sei Dank umschifft Jarmusch dabei jegliche Klischees und Schnulzigkeit — Eve und Adam sind ganz ohne Schmalzpatina und große Gesten die interessantesten und tiefgründigsten Liebenden, die das Kino seit langem sein Eigen nennen durfte.

Was bleibt zum Abschluss zu sagen? Jim Jarmusch ist zurück in alter Form, ja gar mit seiner alten Bildsprache und seinem Gespür für das allzu Menschliche.

(Festivalkritik Cannes 2013 von Beatrice Behn)

Only Lovers Left Alive

Jim Jarmusch dreht einen Vampirfilm mit Tom Hiddleston, Tilda Swinton und John Hurt. Dieser Satz allein genügt wohl schon, um die volle Aufmerksamkeit von Arthauskino-Liebhabern zu wecken. Das klingt nach einem großen Fest voll visueller Spannung, einer einmaligen Geschichte und herausragender Ästhetik — vorausgesetzt alles geht gut. Und ach, das tut es. Und wie!
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Meinungen

Martin Zopick · 22.11.2023

Kult Filmer Jim Jarmusch hat sich diesmal unter die Vampire begeben. Adam (Tom Hiddleston) und Eve (Tilda Swinton) sind ein Vampir Paar. Dass sie mehrere hundert Jahre alt sind, kann man voraussetzen. Und wenn man sie nach ihrem Geburtsdatum fragt gibt’s Probleme. Er lebt in Detroit, sie in Tanger. Mit ihrem guten ‘alten Freund‘ Marlowe (John Hurt) diskutieren sie über Kunst und Literatur. Ansatzweise Byron, Shelly und seine Frau Mary Wollstonecraft, die Erfinderin von Frankenstein und die zeitlebens zu Unrecht unter ihrem berühmten Ehemann P.B. Shelley litt. Als ihre Schwester Ava (Mia Wasikowska) auftaucht, wirbelt das durchgeknallte Girlie alle ganz schön durcheinander, bis sie sie rauswerfen.
Einziges Problem ist die Beschaffung von Blutkonserven. Da hilft ihnen Marlowe. Es gibt Blut am Stiel und als Ava beinahe am Verhungern ist, ‘trinkt sie Ian‘ (Anton Yelchin), der sie verehrt hat. Ansonsten spielen Adam und Eve Schach und leben völlig losgelöst von Ort und Zeit. Für den Schluss hat sich Jim Jarmusch noch einen Gag in Bezug auf den Titel vorbehalten:
Adam und Eve nähern sich ausgehungert einem Liebespaar. Wahrscheinlich werden sie ‘getrunken‘. Die letzte Einstellung wird eingefroren. Der Titel verheiß nur einem verliebten Pärchen gesundes Weiterleben… Schmunzelnd verabschiedet sich Jim Jarmusch.

Martin Zopick · 22.11.2023

Kult Filmer Jim Jarmusch hat sich diesmal unter die Vampire begeben. Adam (Tom Hiddleston) und Eve (Tilda Swinton) sind ein Vampir Paar. Dass sie mehrere hundert Jahre alt sind, kann man voraussetzen. Und wenn man sie nach ihrem Geburtsdatum fragt gibt’s Probleme. Er lebt in Detroit, sie in Tanger. Mit ihrem guten ‘alten Freund‘ Marlowe (John Hurt) diskutieren sie über Kunst und Literatur. Ansatzweise Byron, Shelly und seine Frau Mary Wollstonecraft, die Erfinderin von Frankenstein und die zeitlebens zu Unrecht unter ihrem berühmten Ehemann P.B. Shelley litt. Als ihre Schwester Ava (Mia Wasikowska) auftaucht, wirbelt das durchgeknallte Girlie alle ganz schön durcheinander, bis sie sie rauswerfen.
Einziges Problem ist die Beschaffung von Blutkonserven. Da hilft ihnen Marlowe. Es gibt Blut am Stiel und als Ava beinahe am Verhungern ist, ‘trinkt sie Ian‘ (Anton Yelchin), der sie verehrt hat. Ansonsten spielen Adam und Eve Schach und leben völlig losgelöst von Ort und Zeit. Für den Schluss hat sich Jim Jarmusch noch einen Gag in Bezug auf den Titel vorbehalten:
Adam und Eve nähern sich ausgehungert einem Liebespaar. Wahrscheinlich werden sie ‘getrunken‘. Die letzte Einstellung wird eingefroren. Der Titel verheiß nur einem verliebten Pärchen gesundes Weiterleben… Schmunzelnd verabschiedet sich Jim Jarmusch.

wignanek-hp · 28.01.2014

Jarmuschs Kino ist in erster Linie Kino zum Sehen. Da verzeihe ich ihm die manchmal wirklich platte Kritik an den „Zombies“. Was er aber schafft, ist, mit seinen Bildern und zugegebenermaßen langen Kameraeinstellungen Atmosphäre entstehen zu lassen, die man sonst im Kino oft vergeblich sucht. Viele zeitgenössische Filme leiden ja gerade darunter, dass man den Figuren und auch dem Setting nicht genug Zeit zur Entfaltung gibt. Oft wird zuviel geschnitten und auch viel zu viel geredet, als hätte mancher Regisseur vergessen, dass er einen Film macht und kein Hörspiel. Ich glaube, der Film hätte auch ohne die aufgesetzte Zivilisationskritik nur durch die Bilder hervorragend funktioniert.

Meta · 17.01.2014

In einer Kritik (FAZ) wurde dieser Film als "Weihnachtsgeschenk für die Jarmusch-Gemeinde - und ein Nichtereignis für die übrige Welt" bezeichnet. Ersteres kann ich nicht beurteilen, Letzteres stimmt. Der Film hat schöne Bilder und Tilda Swinton ist auch immer nett zuzusehen, aber insgesamt plätschert die Handlung so vor sich hin und man fragt sich hinterher: Was soll das Ganze? Der Film bietet nichts Neues. Und ist manchmal furchtbar platt. Zum Beispiel die Gesellschaftskritik, die Adam vor sich herträgt. Die ist so klischeehaft, dass sie in mir anhaltendes Fremdschämen ausgelöst hat.
Und auch ästhetisch: Der Düstere trägt schwarz, die (im Vergleich zu ihm) Heiterere Weiß ... er heißt Adam, sie Eve ... zur Inszenierung der intellektuellen Befindlichkeit wird ein Repertoire an Büchern vor die Kamera gehalten ....

Kinokaktus · 15.01.2014

Ein wunderschöner, faszinierender Film voller Ästhetik. Allein Tilda Swinton zuzusehen, wie sie das nächtliche Tanger mit schwingenden Schritten durchstreift, ist reinstes Vergnügen. Ich werde mir den Film bestimmt noch einmal ansehen. Etwas ganz Besonderes!

Eduard Fish · 04.01.2014

An Fleur de Sel: Hier war Ihre Meinung zum Film gefragt.

@Fleur de Sel · 25.12.2013

Alle Texte werden lektoriert. Und trotzdem schleichen sich manchmal Fehler ein - das soll menschlich sein, sagt man.
LG, Mike

Fleur de Sel · 25.12.2013

Dieser Text ist so schlampig geschrieben, dass mir die Lust zum Weiterlesen schon nach wenigen Sätzen verging! Bitte lest doch die Texte nochmal bevor ihr sie veröffentlicht!

Dr. Acula · 22.11.2013

Endlich mal wieder ein Must-See-Film im Kino!! ;-)