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Green Shooting: So nachhaltig will die Filmindustrie werden

Ein Beitrag von Redaktion

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Filmstill zu Eine unbequeme Wahrheit (2006) von Davis Guggenheim
Eine unbequeme Wahrheit (2006) von Davis Guggenheim

Der Klimawandel ist das wichtigste Thema des Jahrtausends. Als Zeugen ihrer Zeit greifen auch Filmemacher die Klimakrise häufig auf: auf dokumentarische Weise zum Beispiel Guggenheim in Eine unbequeme Wahrheit (2006) oder auf fiktionale Art Roland Emmerich in „The Day After Tomorrow“ (2004). Um den Planeten zu erhalten, muss die Gesellschaft umdenken. Doch nicht nur im häuslichen Alltag: Ein Umdenken ist auch in der Filmindustrie erforderlich. Nicht erst seit der Berlinale 2022 ist Green Shooting ein viel diskutiertes Thema. Erste Ansätze zu einer ressourcenschonenderen Filmproduktion gab es schon vor der Jahrtausendwende. Mittlerweile existiert in Hollywood sogar eine „Sustainable Production Alliance“ – eine Vereinigung, die sich nachhaltige Produktionswege für Filme und Serien auf die Fahne geschrieben hat.

Produktionsfirmen wollen klimaneutral werden

Trotz Ansätzen wie der „Sustainable Production Alliance“ bleibt der Gedanke einer klimaneutralen Filmindustrie bisher eine Utopie. Laut der Süddeutschen Zeitung liegt der CO₂-Fußabdruck eines Superhelden-Hollywoodfilms noch immer bei 3.370 Tonnen. Eine Serie verursacht pro Staffel ca. 1.850 Tonnen CO₂ und eine einfache Sitcom 26 Tonnen pro Episode. Zahlen, die das Publikum teils beunruhigen, denn mittlerweile wird immer Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Selbst dann, wenn die Filmindustrie nicht wollen würde, müsste sie zukünftig wohl ressourcenschonender arbeiten, damit sie weiterhin Zuschauer erreicht. Denn ein Publikum, das bei nachhaltigen Anbietern wie beispielsweise momox gebrauchte Filme (ver)kauft und so den eigenen CO2-Fußabdruck minimiert, wird sich irgendwann vielleicht auch von Produktionen abwenden, die sich nicht um Klimaschutz scheren. Sogar Konzerne wie Sony, Disney, Amazon und Netflix haben das eingesehen und versprechen Besserung. Disney etwa will bis 2030 klimaneutral werden. NBC-Universal erklärte hier 2035 zur Deadline und Netflix spricht von diesem Jahr. Amazon und Sony haben sich zumindest vorgenommen, ihren Strom zukünftig nur noch aus erneuerbaren Energien zu beziehen.

Kleine Veränderungen für eine grüne Zukunft

Klimaneutralität ist ein großer Vorsatz, wenn man bedenkt, wie der Alltag in Hollywood bislang aussieht. Für den Dreh einzelner Szenen wird wie selbstverständlich quer durch die Welt gejettet. An geeigneten Locations werden schon mal Vegetationen entfernt, um mehr Raum für die Dreharbeiten zu schaffen – und auch die während des Drehs entstehenden Müllberge sind alles andere als nachhaltig. Zumindest kleine Veränderungen in die richtige Richtung lassen sich erkennen. Von Solarpanels auf den Sony-Gebäuden bis hin zum hauseigenen Paramount-Mini-Kraftwerk, Disneys Kompostanlage und den Trinkwasser-Füllstationen, dank derer Top Gun: Maverick ein Plastikflaschen-freies Filmset war. Nicht nur in Hollywood, sondern auch in Deutschland lassen sich Veränderungen wie diese erkennen. Die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH) vergibt schon seit 2012 einen sogenannten „Grünen Drehpass“ für umweltfreundliche Produktionen. Außerdem gibt es seit einiger Zeit den „Arbeitskreis Green Shooting“, der aus Mitgliedern wie Bavaria Fiction, ProSieben-Sat.1, Sky, Constantin, ZDF, ARD und RTL besteht. Auch die Filmförderung in Baden-Württemberg (MFG) setzt auf Green Shooting. Das Bundesministerium für Kultur und Medien vergibt seit 2020 einen „Nationalen Grünen Drehpass“, der in den vergangenen Jahren die Produktion Dutzender grüner Filme ermöglichte. Dass Green Shooting eines der wichtigsten Themen auf der letztjährigen Berlinale war, ist ein Resultat davon.

Nachhaltig gedrehte Filme gibt es schon heute

Grün gedrehte Filme bemühen sich darum, kaum Energie und Ressourcen zu verbrauchen. Dadurch ist ihr ökologischer Fußabdruck vergleichsweise klein. Nicht nur in den Bereichen Energie, Müll und Catering achten entsprechende Produktionen auf Nachhaltigkeit, sondern auch im Hinblick auf Transport, Kostüme, Papier und Make-up. Neben energiesparender Technik, recycelbaren Requisiten und Ökostrom kommen Naturprodukte wie beispielsweise Naturkosmetik hier zum Einsatz. In Sachen Verpflegung wird auf Lokalität und Saisonalität geachtet. Im Hinblick auf den Transport nutzt man bevorzugt öffentliche Verkehrsmittel, vermeidet weite Reisewege und plant Drehorte, die ohne ständiges Hin- und Herfahren erreichbar sind. Auf deutschen Filmsets ist mittlerweile oftmals ein sogenannter Green Consultant zugegen, der während der Produktion die Vorgehensweise überwacht. Das war beispielsweise auf dem Set des Tatorts „Der Welten Lohn“ der Fall. Aber nicht nur dort wurden die wichtigsten Bedingungen für eine grüne Filmproduktion eingehalten, sondern auch beispielsweise bei den folgenden drei deutschen Produktionen:

„Acht Tage“ (2018/2019)
Bei der Sky-Serie von Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky und Michael Krummenacher achtete man nicht nur auf den Einsatz von Mehrweggeschirr und Wasserspendern, sondern verwendete Ökostrom und Second-Hand-Kleidung. Darüber hinaus setzte man so oft wie möglich auf öffentliche Verkehrsmittel und Fahrgemeinschaften

„Die Luft, die wir atmen“ (2020/2021)
Der Spielfilm gilt als erste grüne Produktion des Hessischen Rundfunks, für dessen Set Produktionsleiter Dominik Diers nicht nur auf einen grünen Stromanschluss, sondern auch auf Bio-Kosmetik achtete. Außerdem brachte er die Crew in einem umweltzertifizierten Hotel unter.

Dortmunder Tatort „Gier und Angst“ (2022)
Der erste sogenannte ‚Eisvogel-Preis‘ für nachhaltige Filmproduktion ging 2022 an diee Produktionsgesellschaft unafilm, die sich bei der Produktion des „Tatort Dortmund: Gier und Angst“ in allen Gewerken um Nachhaltigkeit bemühte. Insbesondere im Hinblick auf Transport-Fragen, Equipment, Energieverbrauch, Materialien und Verpflegung konnte die Episode die Jury überzeugen. Außerdem entstand am Set kaum Plastikmüll oder anderer Abfall.

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