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Streaming-Tipp des Tages: Der goldene Handschuh

Ein Beitrag von Sebastian Seidler

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Der goldene Handschuh

Als Der goldene Handschuh 2019 ins Kino kam, waren die Reaktionen gespalten. Das ist nicht die schlechteste Voraussetzung für einen Film, der sich langfristig im Gedächtnis halten wird. Immerzu gibt es ein Jammern über die Harmlosigkeit des deutschen Kinos, wird das Fehlen von Genrefilmen angeprangert. Fatih Akin ist nun aber ein brutaler, ekelhafter Film gelungen, der sich nicht anbiedert und der sich nicht einschmeichelt. Eigentlich ein großer Wurf, nur hat bislang kaum jemand daran angeknüpft.

Mögen einige in den drastischen Szenen gar Gewaltpornografie gesehen haben, so ist der Film eigentlich weit davon entfernt, sich bloß über den Skandal einer Aufmerksamkeit zu verschaffen. Dafür ist die Gewalt viel zu unerträglich: Das Töten dauert seine Zeit. Alles ist hässlich, stinkend und kaputt. Einige negative Reaktionen mögen daher rühren, dass Akin die Romanvorlage von Heinz Strunk eindampft und sich auf die Figur des Serienmörders Fritz Honka konzentriert, der sich seines Lebens versichern muss, indem er tötet. Der Selbsthass wird nach Außen gewendet. Die Gärstube ist die Spelunke, in der die verlorenen Seelen Bier und Schnaps in sich hineinstürzen und zu bieder-süßer Schlagermusik zusammensitzen, aus der die Enge dieser Zeit einem entgegenspringt. Nichts ist toxischer als die verklemmte Lust dieser Musik, die einen zarten Teppich aus halb ausgesprochener Lust über alles legt.

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Man muss sich schon darauf gefasst machen, dass Der goldene Handschuh immer tiefer in den Abgrund steigt. In seinem präzisen Blick auf ein Milieu, der seine Figuren niemals vorführt, besitzt der Film eine Ernsthaftigkeit jenseits der Belehrung, die im deutschen Film nahezu alles durchdringt: Fatih Akin konfrontiert uns mit der Hässlichkeit des Bösen, das mitunter von grauenvoller Banalität angetrieben wird. Und, was noch viel wichtiger ist: Der Realismus mit von einer Überzeichnung gebrochen, die aber niemals in die Karikatur umkippt. Gerade weil der Film keine bloße Repräsentation der Zeit ist, wirkt der Film als dunkles Kunstwerk umso erschütternder.     

Der goldene Handschuh ist bei Amazon Prime Video abrufbar.  

 

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