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Trash-Perle: Super Mario Bros. (1993)

Ein Beitrag von Christian Neffe

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Super Mario Bros. (1993)
Super Mario Bros. (1993)

Man muss sich das mal vorstellen: Da sitzen im Jahre 1993 tausende Kinder in US-amerikanischen Kinos, das Popcorn raschelt, die Aufregung ist groß, denn gleich sehen sie endlich Super Mario auf der Leinwand. In den Jahren zuvor sind sie in dessen Rolle vor dem heimischen Fernseher durch das bunte Pilzkönigreich gehüpft, sind fiesen, aber doch irgendwie süßen Pilzen und Schildkröten auf den Kopf gesprungen und haben die Prinzessin aus den Klauen von Bowser befreit. Und dann bekommen sie Super Mario Bros. zu sehen, in dem es vor grotesk-grausigen Kreaturen nur so wimmelt, der in einer von widerlichen Pilzfäden durchzogenen Dystopie spielt und in dem ihr Held zwar durchaus so aussieht wie in der Vorlage, aber mit dem Charme einer Bratwurst daherkommt. Da dürften einige Tränen geflossen und Albträume die Folge gewesen sein.

Wo sich der neue Super Mario Bros. Film ästhetisch und inhaltlich sehr (bis zu) nah an den bonbonbunten Spielen orientiert, war die Version, die vor 30 Jahren erschien, das komplette Gegenteil. Sicher, die grundlegenden Elemente wie Held Mario (gespielt von Bob Hoskins), dessen Bruder Luigi (John Leguizamo), das Pilzkönigreich oder der Dino Yoshi waren dabei – doch die Ausführung lässt einen heute wie damals nur noch mit offenem Mund dasitzen, weil man einfach nicht fassen kann kann, was daraus gemacht wurde. Hoskins verkörpert Mario als etwas ängstlichen, ziemlich aggressiven und chauvinistischen New Yorker, der durch ein Portal in eine andere Dimension gelangt. Dort wurden die Dinos nicht ausgerottet, sondern haben sich so weit entwickelt, dass sie nun wie Menschen aussehen, die in einer typischen Neunzigerjahre-US-Dystopie leben: überall Dampf, nietenbesetzte Punks, aufgemotzte Muscle-Cars, ein despotischer Herrscher etc pp.

Dennis Hopper (!) gibt den Antagonisten mit völlig überdrehtem Spiel, es wird mit Waffen geschossen, die zwar aussehen wie Maschinenpistolen, aber – weil das Ganze ja halbwegs familientauglich bleiben muss – nur kleine Flammenstöße von sich geben. Aus dem knuffigen Knubbel-Dino Yoshi wird ein Mini-Raptor, und das mit dem Pilzkönigreich wurde etwas zu wörtlich genommen, wurde der gutherzige, ehemalige Herrscher doch gleich in einen widerlichen, schleimenden Fungus verwandelt. Das war damals völlig zu Recht ein absoluter Kassenflop und traumatisierte nicht nur Kinder, sondern auch den Videospielhersteller Nintendo so sehr, dass er ganze 30 Jahre brauchte, um seine Vorzeigemarke wieder für einen Film bereitzustellen.

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Aus heutiger Sicht ist Super Mario Bros. jedoch absolutes Trash-Gold, und das nicht von der gewollten, Sharknado-esken Sorte, sondern einer, der das typische Autounfall-Symptom vom Nicht-weg-sehen-Können erzeugt – vorausgesetzt, man kennt das Ursprungsmaterial zumindest halbwegs und ist deshalb immer wieder amüsiert-entsetzt darüber, was zum Teufel das Produzententeam genommen haben muss, um so einen Schund daraus zu machen.

Nicht zuletzt kann man Super Mario Bros. aber auch als filmhistorisch durchaus bedeutsamen Einschnitt sehen: Die erste Videospielverfilmung warf anno 1993 schon ihren Schatten auf viele, viele grauenhafte Games-Adaptionen voraus, die da noch folgen sollten.

Der Film ist noch bis 30. April bei Netflix zu sehen und zur Leihe bei allen gängigen VoD-Anbietern verfügbar.

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