„Familienbande“ ist der deutsche Verleih-Untertitel von Hirokazu Koreedas Film Shoplifters. Diese Familienbande ziehen sich als Thema durch die Filmografie des japanischen Regisseurs, und sie müssen keine Blutsbande sein. Gerade die armen und auf engstem Raum lebenden Familien, die Koreeda oft zeigt, übernehmen auch für zugelaufene Menschen liebevoll Verantwortung – weil das Staats- und Rechtssystem allein nicht in der Lage ist, für seine Kinder zu sorgen. Weil das Staats- und Rechtssystem aber auch unkonventionelle Beziehungskonstrukte nicht erfassen will, muss den Zuschauenden am Ende eines Koreeda-Films meist das Herz gebrochen werden.

So ist es auch in Shoplifters. Eine Patchwork-Familie aus einem Ehepaar, einer Teenagerin, einem Jungen und einer älteren Witwe lebt zusammen. Sie leben von der Witwenrente, von der Arbeit der Teenagerin in einem Fetischclub und von routinierten Ladendiebstählen. Als sie eine Fünfjährige auflesen, die von ihren Eltern offensichtlich vernachlässigt wird, wird auch sie als neues Familienmitglied aufgenommen und in die Ladendiebstähle eingebunden, wodurch schließlich polizeiliche Probleme entstehen, während sich die finanzielle Lage weiter zuspitzt. 

Auch wenn die kleinkriminellen Machenschaften im Titel stehen, ist es vor allem das Nachdenken über familiäre Beziehungen, das Koreeda interessiert. „Macht allein eine Geburt einen zur Mutter?“, ist eine Frage, die in einem Polizeiverhör explizit formuliert wird. Die Antwort des Films ist klar: Was eine Familie ausmacht, ist Zusammenhalt und Fürsorge.

Diese Botschaft vertritt Koreeada schon spätestens seit dem herausragenden Nobody Knows (2004), in dem eine Gruppe von Kindern von der Mutter verlassen wird und heimlich versucht, alleine weiterzuleben, weil sie fürchten, getrennt zu werden, wenn sie zu den Behörden gehen. Mit Shoplifters, der die Goldene Palme in Cannes gewann und für den Fremdsprachen-Oscar nominiert wurde, fand er die bislang größte Resonanz.

Diese Woche startet mit Broker ein neuer Koreeda-Film in den deutschen Kinos. Erneut zeigt der Regisseur darin Menschen, die auf unkonventionellem Wege an Geld kommen müssen. Erneut geht es am Ende aber eigentlich um einen Konflikt zwischen Patchwork-Familien und dem Gesetz. Der Zeitpunkt ist gut für einen VoD-Abend mit dem humanistischen Kino Koreedas.

Shoplifters ist auf allen gängigen VoD-Plattformen zur Leihe verfügbar.