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Streaming-Tipp des Tages: Angst essen Seele auf

Ein Beitrag von Christian Neffe

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Angst essen Seele auf - Trailer

Fast 50 Jahre alt ist dieser Film — und doch immer noch so aktuell. Schon früh werden in Angst essen Seele auf Sprüche, Unterstellungen und Klischees ausgesprochen, die man auch heute noch an manchen Stammtischen und vor allem in Facebook-Kommentaren lesen kann. Rainer Werner Fassbinder ringt in diesem Film mit der seelischen Kälte und dem Rassismus des deutschen Bürgertums, kämpft offensiv dagegen an. Und unterfüttert diese Bemühungen durch die Vielschichtigkeit seiner Figuren. Die Liebesbeziehung, die sich hier zwischen einer älteren deutschen Witwe (Brigitte Mira) und einem marokkanischen Gastarbeiter (El Hedi ben Salem) entwickelt, ist getrieben von der Ambivalenz und Wechselhaftigkeit ihrer Beteiligten.

Im letzten Drittel mag der Film ein wenig an Glaubwürdigkeit einbüßen: Als die Witwe – verzweifelt von den Anfeindungen und der Ignoranz, mit der sie ihre Mitmenschen ob der neuen Liebschaft strafen – ihrem Liebhaber verspricht, nach einem gemeinsamen Urlaub werde sich alles bessern, erfüllt sich dieses Versprechen tatsächlich auch. Allerdings scheinen dann alle aus ihrem Umfeld plötzlich wie vollkommen ausgewechselt zu sein. Dennoch: Angst essen Seele auf ist ein berührendes, nachdenklich stimmendes Porträt über die Liebe zweier diametral verschiedener Menschen und vor allem über eine Gesellschaft, die diese Liebe mit Verachtung straft.

Noch bis 24. Juli verfügbar in der Arte-Mediathek.

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