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Couch-Perle(n): DDR-Klassiker-Triple

In einem Land, das es nicht mehr gibt… entstanden seinerzeit trotz strenger staatlicher Zensur viele gute Filme. Anlässlich des Nationalfeiertags der DDR, der stets am 7. Oktober gefeiert wurde, haben wir drei Empfehlungen zusammengestellt.

Meinungen
Die Legende von Paul und Paula / Solo Sunny / Spur der Steine
Die Legende von Paul und Paula / Solo Sunny / Spur der Steine

Solo Sunny (1979) von Konrad Wolf

Die ikonische DEFA-Produktion Solo Sunny (das Drehbuch stammt vom diese Woche verstorbenen Wolfgang Kohlhaase) erzählt von der Sängerin Ingrid „Sunny“ Sommer, Mitglied einer Künstler-Truppe, in der sie sich immer wieder Aufdringlichkeiten seitens der männlichen Belegschaft ausgesetzt sieht. Und als wäre das nicht genug, hat Sunny auch noch damit zu kämpfen, ihr Privat- und Liebesleben zu regeln. Komplett geregelt soll das dann wiederum aber auch nicht ablaufen: Sunny ist ein absoluter Freigeist mit geschminktem Gesicht und ungeschminkter Sprache, die in einem nach Konformität strebenden System durch ihren schieren Individualismus aus dem Raster fällt.

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Für ihre großartige Darstellung der Hauptfigur erhielt Renate Krößner 1980 den Silbernen Bären — was den DDR-Behörden so gar nicht gefiel. Weitere Film-Angebote blieben größtenteils aus, 1985 siedelte die Schauspielerin in die Bundesrepublik über. Solo Sunny blieb bis zu ihrem Tod 2020 ihr ikonischster Film und ist auch heute noch einen Blick (oder gleich mehrere) wert, denn dieser Streifen strotzt vor jugendlicher Wildheit und Rebellion, vor feministischen Themen und einer Hauptfigur, die man einfach nur lieben kann, wenn sie einem aufdringlichen Herren an der Bar die Brille aus dem Revers nimmt, sie entzwei bricht und ihm nonchalant wieder zurücksteckt.

Verfügbar in der Arte Mediathek, in den Flatrates von Amazon Prime Video und Sooner, bei Filmfriend sowie bei allen gängigen VoD-Anbietern zur Leihe.

Christian Neffe

Spur der Steine (1966) von Frank Beyer

Er ist rotzfrech und bis an die Schmerzgrenze respektlos, und doch genießt der Vorarbeiter Hannes Balla (Manfred Krug) mit seiner ihm treu ergebenen Brigade eine gewisse Narrenfreiheit innerhalb der sozialistischen Arbeitswelt der DDR. Denn Balla und seine Truppe leisten als Zimmerleute auf der Großbaustelle Schkona hervorragende Arbeit, sodass ihm seine unkonventionelle Art und seine derben Späße nachgesehen werden. Mit dem engagierten Parteisekretär Werner Horrath (Eberhard Esche) erscheint ein Mann auf der Baustelle, der sich nach anfänglichem Autoritätsgerangel dazu entschließt, Balla lieber durch eine enge Kooperation und Wertschätzung ideologisch auf seine Seite zu ziehen, anstatt ihn zu bekämpfen, was sich allerdings nicht gerade einfach gestaltet.

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Spur der Steine des damaligen DEFA-Regisseurs Frank Beyer aus dem Jahre 1966 nach dem gleichnamigen Erfolgsroman von Erik Neutsch fiel der Zensur zum Opfer, nachdem er nur drei Tage lang in den Kinos gezeigt wurde. Erst 1989 wurde der Film wieder zur Aufführung freigegeben und erfuhr 1990 bei der Berlinale eine späte Würdigung. Betrachtet man die Geschichte einer widerborstigen Brigade aus heutiger Sicht, ist die Brisanz des Stoffes für das einstige repressive System noch deutlich spürbar, doch Spur der Steine stellt auch unabhängig von seiner historisch-politisch bedeutsamen Dimension einen gelungenen Film dar, der das Schicksal einer moralisch attackierten jungen Frau zwischen zwei Männern auf sehr einfühlsame Weise erzählt.

Verfügbar bei Filmfriend und in den Flatrates von Amazon Prime Video, MagentaTV, Sonner und alleskino.

Marie Anderson

Die Legende von Paul und Paula (1973) von Heiner Carow

Obwohl sie an diesem Abend auf einer Tanzveranstaltung im Grunde beide heftig mit anderen Bekanntschaften geflirtet haben, sind es am Ende doch Paula (Angelica Domröse) und Paul (Winfried Glatzeder), die den Rest der Nacht allein miteinander verbringen werden. Und damit beginnt eine ebenso verrückte, mitunter witzige und letztlich doch tragische Liebesgeschichte, die sich einen Teufel um Kategorien wie Kitsch und Kunst schert, sondern ihre Zuschauer mit dem Sog eines ungeheuer menschlichen Charmes in die emotionalen Höhenflüge und Abgründe ihrer Protagonisten zieht.

Erscheint es auch anfangs so, als ereigne sich zwischen Paul, der um Coolness bemüht ist, und Paula, die ihr überschäumendes Herz auf den Lippen trägt, lediglich eine stürmische Affäre, innerhalb welcher die schwärmerische Geliebte deutlich die unterlegene Position einnimmt, ändert sich diese Konstellation drastisch, als Paulas kleiner Sohn tödlich verunglückt. Hatte sich Paul bereits kürzlich von ihr getrennt, als sie ungebeten eine seiner beruflichen Geselligkeiten aufgesucht hat, eilt er nun zu seiner Paula, um ihr beizustehen und schamlos ihre nunmehr erkaltete Liebe zurückzuerobern – allerdings zunächst vergeblich.

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Mit wunderschönen, ausdrucksstarken und nachhaltig wirkenden Bildern einer kruden Realität sowie einer malerischen Traumwelt hat Regisseur Heiner Carow diesen großartigen Liebesfilm aus dem Jahre 1973 nach dem Drehbuch von Ulrich Plenzdorf inszeniert, der damals in der DDR zunächst gar nicht aufgeführt werden sollte, dann ein begeistertes Millionenpublikum fand und mittlerweile längst anhaltenden Kultstatus erreicht hat. Nachdem Angelica Domröse 1979 und Winfried Glatzeder 1982 in den Westen gezogen waren, wurde der Film allerdings aus ideologisch-moralischen Gründen kaum mehr in den Kinos der DDR gezeigt.

Verfügbar bei Filmfriend und in den Flatrates von Netflix, Amazon Prime Video, MagentaTV, Sooner und Netzkino.

Marie Anderson

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