03.10.2018: Deutsche Verdrängungsgeschichte
Ein Beitrag von Katrin Doerksen
Mit Phoenix hat Christian Petzold einen Neo-Trümmerfilm inszeniert: er zeigt, dass jüdisches Leiden in Deutschland mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch lange nicht beendet war.
Dazu arbeitete Petzold ein sechstes Mal mit der Schauspielerin Nina Hose zusammen: hier verkörpert sie Nelly, die nach Kriegsende schwer verletzt und mit bis zur Unkenntlichkeit entstelltem Gesicht nach Berlin zurückkehrt. Nach einer erfolgreichen Gesichtsoperation macht sie sich auf die Suche nach ihrem Ehemann (Ronald Zehrfeld), den sie zwar findet, der sie allerdings nicht erkennt. Fatalerweise schlägt er Nelly vor seine totgeglaubte Ehefrau zu spielen — sie wird zur Doppelgängerin ihrer selbst. Einmal mehr verpackt Christian Petzold in Phoenix deutsche Verdrängungsgeschichte in ein hochgradig artifizielles, perfekt inszeniertes Melodrama, das auch aus den Tiefen der Genregeschichte schöpft: der Plot erinnert an Alfred Hitchcocks Vertigo, die Figur der Nelly ist eine veritable Untote.
Phoenix von Christian Petzold mit Nina Hoss, Ronald Zehrfeld und Nina Kunzendorf, 20:15 Uhr auf Arte
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