Ruhig, beinahe geisterhaft, folgt die Kamera zu Beginn von Weißer weißer Tag einem Auto, das sich über die Straßen im isländischen Hinterland, durch enge Kurven und dichten Nebel schlängelt. Bis eine dieser Kurven der Fahrerin zum Verhängnis wird: Das Fahrzeug bricht aus, durchstößt die Leitplanke und landet im Straßengraben. Wie wir erst später - viel später — erfahren werden, saß die Frau von Ingimundur (Ingvar Sigurdsson) am Steuer. Und überlebte den Unfall nicht.

Der ehemalige Polizist und nun auch Witwer versucht seine Trauer in etwas Produktives umzumünzen: Für seine Tochter, ihren Ehemann und seine Enkelin (Ída Mekkín Hlynsdóttir), mit der er ohnehin viel Zeit verbringt und um die er sich fürsorglich kümmert, baut er ein neues Haus, in dem er derweil selbst lebt. Nur langsam scheint er Tod seiner Frau zu verarbeiten, sich dessen bewusst zu werden. Zugleich beschleicht ihn ein Verdacht: Hatte sie vor ihrem Tod eine Affäre mit einem Mann aus dem Ort? Ingimundur will der Sache auf den Grund gehen — zur Not auch mit Gewalt.

Langsamkeit, Geduld und Schweigen dominieren den Beginn von Weißer weißer Tag, dem zweiten Film von Hlynur Pálmason (Vinterbrødre). Doch unter der oberflächlichen Ruhe, die die Hauptfigur ausstrahlt, schlummert eine Zeitbombe, deren Lunte immer kürzer wird. Zwischen der physischen und emotionalen Kälte sucht dieser Film nach Menschlichkeit — und wird letztlich zu einem höchst effektiven Stück über Trauerbewältigung.

Weißer weißer Tag ist aktuell in der Flatrate von Amazon Prime Video zu sehen. Bei Google Play und Amazon kann er außerdem geliehen und gekauft werden.