Wer besser verstehen will wie es dazu kommen konnte, dass nach Jahren einer Regierung mit der linksorientierten Arbeiterpartei an der Spitze jemand wie der rechte Polterer Jair Bolsonaro zum Präsidenten Brasilien werden konnte, dem sei wärmstens Maria Ramos‘ Dokumentarfilm The Trial empfohlen.

Ramos nutzt ihren am direct cinema geschulten Blick um eine selbst deklarierte Lücke zu füllen: Ausgewogenheit in der Berichterstattung um das Amtsenthebungsverfahren gegen die ehemalige brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff. Diese hatte 2015 ihre zweite Amtszeit begonnen als politische Gegner ihr Unregelmäßigkeiten bei den Staatsfinanzen vorwarfen. 2016 wurde sie ihres Amtes enthoben, Rousseff selbst spricht dabei von einem Putsch.

Aus der Perspektive ihrer Verteidiger verfolgt The Trial Abstimmungen, Strategiebesprechungen und Verhöre und anfangs fällt es schwer sich zwischen den fahlen Gesichtern in fensterlosen Räumen zu orientieren, denn Ramos verzichtet auf erklärende Kommentare oder talking heads. Absurde Situationen häufen sich — wenn zum Beispiel eine wichtige Debatte unterbrochen wird, um eine Klingel auszutauschen, die des historischen Augenblicks nicht würdig sei. Der Films braucht keine deutliche Stellungnahme zu formulieren, er funktioniert auch so als nachdrückliche Anklage.

The Trial ist aktuell zum Streamen auf Mubi verfügbar.