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Streaming-Tipp des Tages für Kinder: Verwünscht

Ein Beitrag von Rochus Wolff

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Verwünscht / Enchanted - Trailer 1

Ich muss eine lange, ausführliche Warnung vor diese Filmempfehlung setzen: Dieser Streifen widerspricht in so vielen einzelnen Elementen so vielem, was mir wichtig ist. Er setzt auf eine rein heteronormative, zudem hart kitschige Darstellung romantischer Liebe. Die Erzählung folgt stereotypen Mustern klassischer Disneyfilme vom Märchenprinzen und seiner Märchenprinzessin. Die Frauen übernehmen die gesamte emotionale Arbeit. Und dann gibt es zwischendrin eine Glorifizierung kapitalistischer Kauflust als typisch feminines Mittel emotionaler Bindung (Frau und Mädchen gehen gemeinsam Klamotten shoppen und finden so zueinander).

Ein furchtbarer Film also. Aber nach vielen Jahren der Abstoßung bin ich jetzt doch plötzlich tiefenverknallt, und das liegt wahrscheinlich daran, dass Verwünscht das alles weiß. Regisseur Kevin Lima dreht den Kitsch ganz weit hoch, bis man an ihm nicht mehr vorbeischauen kann und nimmt damit eigentlich nicht nur die Disney-Filme hoch, zu denen sein Film selbstverständlich ganz und gar dazugehört, sondern das ganze Genre der romantischen Komödie (Subgenre New York) auch noch.

Die ersten Minuten des Films sind pure Disney-Hintergrundstory, ein animierter Märchenkitsch kondensiert aufs notwendigste: Prinz findet Frau seiner Wunschgesänge, böse Schwiegermutter ist dagegen, verflucht junge Frau. Das wird in einem Tempo abgehandelt, dass einem schwindlig werden könnte, aber der Dreh kommt natürlich noch: Giselle (die junge Frau, gespielt von einer damals noch weitgehend unbekannten Amy Adams) wird dorthin verschickt, wo es keine Happy-Ends gibt – und landet auf dem ganz und gar realen Times Square. Sie fällt alsbald einem emotional allzu abgeklärten, alleinerziehenden Scheidungsanwalt in die Arme – mit vorhersehbarem Effekt –, während zuerst ihr Prinz und sein Gehilfe, schließlich auch die böse Schwiegermutter (und Hexe) aus der Märchenwelt nachkommen… Verwünscht bezieht viele Momente oberflächlicher Komik aus der Konfrontation von naiven Märchengestalten und realer Moderne, schöner (leider ein wenig zu selten) sind die Augenblicke, wenn die Verschränkungen zu kleinen, magischen Momenten werden: Da ruft Giselle die Tiere um Hilfe, um die Wohnung aufzuräumen, aber statt, wie gewohnt, die Tiere des Waldes, kommen halt die Tiere der Stadt: Tauben, Ratten, Kakerlaken. Sie putzen, spülen, räumen auf. Das ist ekelhaft und beglückend zugleich, abstoßend und niedlich. Und irgendwie trifft das auch den ganzen Film.

 

(FSK 0, empfohlen ab 8 Jahren; überall als VoD)

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